Geburtenzahlen in Soltau sinken
wu Soltau. Hochbetrieb im Kreißsaal: Gleich drei „Christkinder“ erblickten im Soltauer Krankenhaus an Heiligabend das Licht der Welt. Dr. Wolfram Franz lächelt zufrieden. An solchen Tagen macht dem Chefarzt und seinem Team die Arbeit besonders Spaß. Doch immer häufiger bleibt der Kreißsaal leer: Das Heidekreis-Klinikum verzeichnet einen deutlichen Geburtenrückgang in der Böhmestadt. Knapp 550 Mädchen und Jungen wurden 2011 in Soltau geboren. Das ist ein Rückgang um gut 17 Prozent oder 112 Geburten – „ein gewaltiger Einbruch“, sagt Franz, der vor einigen Jahren sogar noch knapp 1000 Geburten verzeichnete. Seitdem gingen die Zahlen fast kontinuierlich nach unten. Nur 2010 gab es mit 662 Kindern noch einmal einen Anstieg um 12 Prozent.
Die demografische Entwicklung ist nach Einschätzung von Franz ein Grund für den Geburtenrückgang. Hinzu kommt, dass Frauen in Deutschland im Durchschnitt nur noch 1,3 Kinder in ihrem Leben gebären. Doch nach Beobachtungen des Chefarztes hat auch eine große Verunsicherung durch die Diskussion um die Klinik-Umstrukturierung und die Zukunft von Geburtshilfe und Kinderklinik werdende Eltern abgeschreckt. Das habe er immer wieder von den werdenden Eltern und von den Hebammen, die Elternkurse anböten, gehört. Und Rettungswagenfahrer aus den Nachbarkreisen hätten Soltau zeitweise sogar schon als geschlossen betrachtet. „Immer wieder haben Frauen gesagt, sie hätten sich bereits in Rotenburg angemeldet. Da ist viel weggebröckelt“, sagt der Chefarzt. Nach Walsrode seien die werdenden Eltern aber eher selten ausgewichen. Auch dort gebe es einen, allerdings deutlich geringeren, Geburtenrückgang.
Gutes Betriebsklima
Von denen, die in Soltau entbunden hätten, gebe es dagegen immer wieder positive Reaktionen: Das Konzept von Franz und seinem Team mit integrativer Wochenpflege und „Wochenbett für den Mann“ kommt an – „und das extrem gute Betriebsklima färbt auf das Befinden der Patientinnen ab“. Dabei ist der Chefarzt auch ein wenig stolz, dass er alle acht Medizinerstellen fest besetzt hat: „Wir sind nicht auf Honorarärzte angewiesen.“ Unter Langeweile leiden die Mitarbeiter aber nicht: Die übrige Gynäkologie verzeichnet Zuwächse. Insgesamt verzeichnet die Abteilung stationär rund 1655 Fälle, bei den gynäkologischen Fällen eine Steigerung um 15 Prozent. Dazu gehören Gebärmutterentfernungen, Krebsoperationen oder Eingriffe wegen Inkontinenz.
In der Vergangenheit hat die Geburtshilfe Frauen weit über den Kreis hinaus angezogen. Das haben auch die Gutachter bei den Überlegungen zur Klinik-Umstrukturierung festgestellt. So lag der Eigenversorgungsgrad rechnerisch bei mehr als 100 Prozent: Über 85 Prozent der Neugeborenen vor Ort wurden im Heidekreis-Klinikum geboren, zusätzlich wurden 21 Prozent überregionale Fälle gewonnen. Das war auch ein Argument, sowohl in Soltau auch als Walsrode die Geburtshilfe zu erhalten. Allerdings haben die Gutachter auf Erfahrungen aus anderen Krankenhäusern hingewiesen: Danach könnten Geburtshilfen mit weniger als 500 Geburten nur selten mit einem positiven Ergebnis betrieben werden.
Diese Grenze könnte erreicht werden, wenn die Kinderklinik wegfällt. „Dann haben wir noch mal 200 Geburten weniger“, befürchtet Franz. Denn nach seinen Erfahrungen ist es vielen werdenden Eltern wichtig, in der Geburtsklinik auch eine Kinderklinik vorzufinden. „Damit konnten wir bisher punkten.“ Doch trotz des Geburtenrückgangs – Franz blickt optimistisch in die Zukunft. „Ich vertraue auf unseren neuen Aufsichtsrat, dass er sich gut in die Materie einarbeitet und hilft, den wirtschaftlichen Bestand der Klinik zu sichern.“