Ein Tritt vors Schienbein

wu Soltau. Kritik am Aus der Soltauer Frauenklinik übt Soltaus Bürgermeister Wilhelm Ruhkopf. Der Kreistag hat beschlossen, dass Gynäkologie und Geburtshilfe des Heidekreis-Klinikums künftig ebenso wie die Kinderklinik in Walsrode konzentriert werden. Die Frauenklinik wird nach dem Beschluss zum 30. September aus personellen und finanziellen Gründen in Soltau geschlossen. Darüber sprach BZ-Redaktionsmitglied Andres Wulfes mit Wilhelm Ruhkopf.

BZ: Der Kreistag hat das Aus der Frauenklinik und damit auch der Geburtshilfe in Soltau beschlossen. Hat Sie diese Entscheidung überrascht? Ruhkopf: Diese Entscheidung habe ich von Anfang der Umstrukturierung an immer prophezeit. Ich hoffe, dass nicht irgendwann das Schild „Geschlossen“ am gesamten Soltauer Krankenhaus hängt, sondern wünsche allen, dass es eine Möglichkeit zur Rettung gibt. Denn es wäre schlicht und ergreifend eine Katastrophe, wenn Soltau ohne allgemeines Krankenhaus dasteht.

BZ: Was bedeutet das Krankenhaus für die Stadt Soltau? Ruhkopf: Ich kann nur immer meine bisherigen Argumente wiederholen: Das Krankenhaus ist ein ganz wichtiger Standortfaktor. Ich befürchte, dass ohne Klinik ansiedlungswillige Betriebe nicht nach Soltau kommen, weil sie fürchten, keine Mitarbeiter zu finden. Und auch die Gefahr einer Abwanderung von Unternehmen besteht natürlich.

BZ: Wie bewerten Sie die Entscheidung des Kreistags? Ruhkopf: Man muss im Kreistag wissen, wie wichtig das Krankenhaus für Soltau ist, von daher ist das auch ein Tritt vors Schienbein.

BZ: Im Kreistag haben Redner darauf hingewiesen, dass es mit Blick auf das gesamte Heidekreis-Klinikum keine andere Möglichkeit als das Aus der Frauenklinik gebe. Sehen Sie andere Chancen? Ruhkopf: Aktuell sehe ich keine andere Chancen, und ich hoffe, dass die Rettungsaktion gelingt. Mit Lohfert & Lohfert sind Profis am Werk, ich wünsche, dass sie erfolgreich sind. Ich bin aber der Meinung, dass in Sachen Krankenhaus von Anfang an eine falsche Politik verfolgt wurde. Richtig wäre es gewesen, das Zielbild A zu verfolgen, das die Gutachter als ersten Vorschlag auf den Tisch gelegt haben und der Kinderklinik und Gynäkologie/Geburtshilfe in Soltau vorgesehen hatte. Dieser Plan wurde bei Nacht und Nebel verändert – warum, wissen wir bis heute nicht. Das war der kardinale Fehler. Dann hat man das Soltauer Krankenhaus schrittweise auflaufen lassen, und das Aus der Frauenklinik ist der letzte Versuch, das gesamte Klinikum zu retten. Ich würde mir wünschen, dass das gelingt, aber bin skeptisch, ob wir nicht doch irgendwann zu einem Verkauf kommen.

Andres Wulfes