Ruhkopf: Eine amputierte Klinik
wu Soltau. Wut und Empörung, aber auch Resignation und Angst vor noch weiteren Einschnitten – das sind die Reaktionen nach dem verkündeten Aus für die Kinderklinik und Einschränkungen bei der Geburtshilfe am Soltauer Heidekreis-Klinikum. Groß sind die Befürchtungen, dass noch weitere Leistungskürzungen drohen. Wie berichtete, hatte der Aufsichtsrat das endgültige Aus für die Kinderklinik in Soltau beschlossen. Aus „betriebswirtschaftlichen und strukturellen Gründen“ soll die sogenannte Kompromisslösung C plus mit einer unselbstständigen Dependance der Kinderklinik Walsrode nicht umgesetzt werden. Im Frühsommer soll dieser Beschluss greifen, für den ein Gutachten von Professor Dr. Oliver Rentzsch die Grundlage ist.
Für Aufsichtsratschef Hermann Norden ist die Folge aber „nicht weniger, sondern mehr ärztliche Leistung, die wir bieten können“. Sicher werde dadurch der eine oder andere einen weiteren Weg haben, aber das sei nun einmal der Regionalität geschuldet. „Ich bin sprachlos über soviel Frechheit“, bewertet Soltaus Bürgermeister Wilhelm Ruhkopf. Er sei „tief empört“, denn das gehe voll gegen den Kreistagsbeschluss. „Ich würde mich wundern, wenn der Kreistag das so hinnimmt und akzeptiert.“ Überrascht sei er von dem Aufsichtsratsbeschluss aber nicht.
„Ich habe mit nichts anderem gerechnet. Man hat so entschieden, wie man das schon immer wollte.“ Da werde deutlich: Alle anderen Aussagen „waren nur Lippenbekenntnisse“. Ruhkopf befürchtet, dass das Aus für die Kinderklinik und die Einschnitte bei der Geburtshilfe nur der Anfang vom Ende der stationären Versorgung in Soltau sind: „Das Krankenhaus ohne Kinderklinik ist eine amputierte Klinik“, stellt der Bürgermeister fest. Dadurch werde das Krankenhaus weiter geschwächt – er befürchtet dadurch „das Aus für Soltau insgesamt“.
„Über den Tisch gezogen“
„Das ist ein Skandal“, schimpft auch Bernd Ingendahl. Er hat den Kompromiss im Spätsommer als einer der Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens für die Kinderklinik Soltau mit ausgehandelt. „Man hat uns damals bewusst über den Tisch gezogen“, ist er überzeugt. Offensichtlich habe es von Anfang an einen Plan gegeben – „und der wird jetzt zu Ende geführt. Da darf man sich nicht wundern, wenn die Menschen politikverdrossen sind.“ Ähnlich sieht das auch Mathias Ernst. „Katastrophal“ sei der Beschluss, aus medizinischer ebenso wie aus wirtschaftlicher und politischer Sicht, sagt der Soltauer Kreistagsabgeordnete, der im Klinikstreit gerade mit zwei anderen Abgeordneten die CDU-Kreistagsfraktion verlassen hat. „Das ist ein Vertrauensbruch. Ich fühle mich betrogen.“ Denn vereinbart habe man etwas ganz anderes. Solch ein Vorgehen, die mangelnde Transparenz könnten schnell zum Bumerang werden: „Wenn die Menschen nicht mitgenommen werden, kann die ganze Umstrukturierung nicht gelingen.“
Auch im Internet sind die Reaktionen heftig. „Totengräber“ ist da eine eher milde Bezeichnung für die Verantwortlichen. Die Facebook-Gruppe „Die rote Karte – Solidarität für Dr. Franz“ ruft zu einer zweiten Demonstration auf. Sie soll am Freitag, 13. April, ab 15.30 Uhr vor dem Kreishaus Bad Fallingbostel stattfinden – vor der Sitzung des Kreistages. Initiatorin Alexandra Adam-Carstens rechnet mit mindestens 150 Teilnehmern, die für die medizinische Grundversorgung auch in Soltau eintreten – zu der für sie auch Kinderklinik und Geburtshilfe gehören. „Und wir gehen auch in die Kreistagssitzung.“ Ärger und Wut sind die Gefühle, die die Bispingerin und ihre Mitstreiter zu der Demonstration bewegen. Denn es gebe massive Proteste, doch die würden einfach ignoriert: „Die Herren Politiker und Geschäftsführer machen einfach so weiter.“