„Schleichende Demontage des Krankenhauses“
Soltau. Wut und Betroffenheit – das sind Reaktionen, die auch Hanneke Voges nach der Kündigung von Dr. Wolfram Franz immer wieder hört. Besonders groß ist die Angst, dass die Geburtshilfe am Soltauer Heidekreis-Klinikum unter dem Rausschmiss des Chefarztes leidet. Voges hat daher für Sonnabend zu einer Demonstration und Mahnwache aufgerufen. Ab 16 Uhr wollen die Teilnehmer am Krankenhaus protestieren – gegen die Kündigung von Franz und für den Erhalt der Geburtshilfe und der Kinderklinik in Soltau. Auch die Facebook-Gruppe „Die rote Karte – Solidarität für Dr. Franz“ ruft dazu auf.
Sie will damit der Geschäftsführung des Heidekreis-Klinikums die rote Karte zeigen. Denn viele Internetnutzer fordern, nicht Franz, sondern die Geschäftsführung auszutauschen. Das Heidekreis-Klinikum hat den Gynäkologie-Chefarzt zum 30. September gekündigt. Gleichzeitig hat das Unternehmen den Mediziner freigestellt – und von seiner Funktion als Ärztlicher Direktor des Soltauer Krankenhauses entbunden. Die Geschäftsführung wirft Franz, der als Kritiker der Klinikumstrukturierung gilt, „unwahre Behauptungen, geschäftsschädigendes Verhalten und die Nichteinhaltung von Verschwiegenheitspflichten vor“.
Franz will gegen die Kündigung rechtlich vorgehen. Besonders der Vorwurf der Lüge „trifft mich, weil ich stets die Wahrheit gesagt habe“, betonte er am gestrigen Donnerstag auf Anfrage. „Ich hätte sonst viel zu viel Mühe, mir zu merken, was ich wann und zu wem gesagt hätte.“ Die Gruppe um Hanneke Voges kritisierte die Entlassung: „Damit wird die beabsichtigte, schleichende Demontage des Soltauer Krankenhauses forciert. Hier wird eine fachlich überaus qualifizierte und von den Patienten hochgeschätzte Person aus zweifelhaften Gründen entlassen.“
Manifest wird verlesen
Voges und ihre Mitstreiter haben außerdem Angst, dass sich durch die Umstrukturierung die medizinische Versorgung besonders für Schwangere und Familien verschlechtert. „Das Soltauer Krankenhaus gehört nicht dem Aufsichtsrat und nicht der Geschäftsführung, dieses Krankenhaus gehört den Menschen, es gehört uns“, betonte die Bispingerin, die bei der Demonstration auch ein Manifest verlesen und anschließend der Klinikleitung übergeben will. Denn der ländliche Raum sei bereits nach und nach eines Großteils der Infrastruktur beraubt worden, erläuterte Voges. Läden und Poststellen seien geschlossen worden. „Der Wegfall einer ortsnahen, gut funktionierenden Kinderklinik nebst Entbindungsstation wird einen weiteren Beitrag dazu leisten, die Fläche ausbluten zu lassen.
Die in der Vergangenheit durchgeführten Maßnahmen im Rahmen der Umstrukturierung des Soltauer Krankenhauses haben im Ergebnis nicht zu einer Verbesserung, auch nicht zu einer Stabilisierung dieses Standorts geführt.“ Besonders unter Schwangern ist nach Beobachtungen von Voges die Angst groß, wie es mit der Gebrtshilfe weitergeht. Denn es sei das Schönste und Normalste der Welt, einem Kind das Leben zu schenken. „Da kann es nicht hinnehmbar sein, dass die werdenden Mütter und Väter dafür in der Zukunft eine Wegstrecke von 60 Kilometern zurücklegen müssen.“ Schließlich gebe es dafür bisher die Entbindungsstation in Soltau mit der Kinderklinik als bevorzugte Adresse mit einer hervorragenden Reputation über den Heidekreis hinaus.
„Wir fordern, auch um der so oft beklagten demografischen Entwicklung unserer Gesellschaft entgegen zu wirken, dass man die Verjüngung bewusst erleichtert, dass soll heißen: Kinderklinik und Entbindungsstation ortsnah und in vollem Umfang“, heißt es in dem Manifest. Im Vordergrund müsse die Frage stehen, mit welchen Rahmenbedingungen man jungen Familien Mut machen könne, Kinder zu bekommen.