Klinik wirft Dr. Franz Geschäftsschädigung vor
Soltau. Ausgedruckt zweieinhalb DIN-A-4-Seiten sind es, die zum Ende der beruflichen Karriere von Dr. Wolfram Franz führen: Denn eine Stellungnahme des Gynäkologie-Chefarztes und Ärztlichem Direktor am Soltauer Krankenhaus ist für das Heidekreis-Klinikum Anlass für die Kündigung, wie Aufsichtsratschef Hermann Norden am gestrigen Mittwoch auf Anfrage erläuterte. Er sieht durch das Schreiben vom 18. Januar das Tischtuch zwischen Franz und der Klinik endgültig zerschnitten.
Das Unternehmen hat Franz zum 30. September gekündigt und ihn bis dahin freigestellt sowie von der Funktion als Ärztlicher Direktor entbunden. Franz will Kündigungsschutzklage einreichen. Außerdem will er eine einstweilige Verfügung erlangen, um so schnell wie möglich an seinen Arbeitsplatz zurückkehren zu können. Die E-Mail als Kündigungsgrund hält er „für lächerlich“.
Vor Insolvenz gewarnt
Franz, der als einer der schärfsten internen Kritiker der Pläne zur Umstrukturierung des Klinikums mit den Krankenhäusern Soltau und Walsrode gilt, nimmt in der E-Mail kritisch Stellung zu den geänderten Zielbildern der Umstrukturierung. Er warnt vor einer Insolvenz des Unternehmens, weist auf die Knochenchirurgien als „Brennpunkte“ hin, die 2011 Verluste von zusammen rund 3,7 Millionen Euro verursacht hätten. Außerdem greift Franz die zu dem Zeitpunkt geplante Aufgabe des Kompromisses zur Kinderklinik an – als „Wortbruch, Betrug, Verarschung und grenzenlose Dummheit“. Diese eigentlich interne E-Mail gelangte zunächst in die gesamte SPD-Kreistagsfraktion. Dann wurde sie vom Vize-Aufsichtsratsvorsitzenden und SPD-Kreistagsabgeordneten Sebastian Zinke an Geschäftführer Norbert Jurczyk weitergeleitet – zur „ggf. weiteren (arbeitsrechtlichen) Veranlassung“.
„Die Kündigung wurde aufgrund von Dienstpflichtverletzungen ausgesprochen, zu denen Dr. Franz zwar angehört wurde, zu denen er inhaltlich jedoch keine Stellung nahm“, teilte Geschäftsführer Peter Lehmann mit. „Aufgrund unwahrer Behauptungen, eines geschäftsschädigenden Verhaltens und der Nichteinhaltung von Verschwiegenheitspflichten waren arbeitsrechtliche Konsequenzen unvermeidbar.“ So sieht das auch Aufsichtsratsvorsitzender Norden. Die E-Mail enthalte „so viel Un- und Halbwahrheiten und unflätige Beschimpfungen – das geht nicht“. Wenn jemand intern Kritik übe, sei das in Ordnung, „aber wenn er nach außen geht, muss er mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen“. Das gelte erst recht für den Ärztlichen Direktor, der nach der Geschäftsführung an zweiter Stelle stehe. Er sei „unglücklich, dass wir zu der Entscheidung gezwungen sind. Aber eine Zusamenarbeit ist nicht mehr möglich“.
Der Kündigungschutzklage von Franz sieht Norden gelassen entgegen. Er hält die Kündigung für gerichtsfest, da sie fristgerecht ausgesprochen sei. Die Befürchtungen zu einer Insolvenz teilt Norden nicht. Prognostiziert war für 2011 ein Defizit von 4 Millionen Euro. Der Aufsichtsratschef rechnet mit „ein bisschen mehr: Vermutlich wird eine fünf vorn stehen.“ Es fehlten aber noch die Schlussbuchungen. Die derzeitige Entwicklung bewertet Norden trotz der Personalie Dr. Franz positiv: Das Klinikum verzeichne „steigende Patientenzahlen und eine gewisse Stabilisierung. Ich glaube, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“