Kommentar: Bericht verschieben?
Diese Woche stand ganz im Zeichen der neuen, für Soltau ungünstigen Entwicklung im Heidekreis-Klinikum. Der Aufsichtsrat des Krankenhauses hatte am Donnerstagabend vergangener Woche getagt. Montag hatte unser Redakteur Andres Wulfes die wesentlichen Informationen über die nichtöffentliche Sitzung zusammengetragen. Am Dienstag titelte die Böhme-Zeitung: „Soltauer Kinderklinik droht das Aus“. In den Tagen danach folgten weitere Beiträge.
Der ersten Veröffentlichung waren am Montag Versuche eines Aufsichtsratsmitglieds der Klinik vorausgegangen, die das Ziel hatten, dass die Böhme-Zeitung ihre Berichterstattung verschiebt. Er telefonierte diesbezüglich sowohl mit Andres Wulfes als auch mit dem Verfasser dieses Beitrags. Sein Argument: Am Mittwoch finde ja eine Pressekonferenz statt, auf der alles erläutert werde. Darauf hat sich die Redaktion nicht eingelassen. Es soll nicht der Einflussversuch des Aufsichtsratsmitglieds kritisiert werden; es ist ihm unbenommen, gegenüber der Redaktion für seine Sicht zu werben, zumal er diese sachlich und ruhig vortrug.
Entscheidend ist, dass die Böhme-Zeitung dem nicht nachgibt. Denn sonst würde sie ihrer Aufgabe nicht gerecht, die Bürgerinnen und Bürger so früh wie möglich über Entwicklungen zu informieren, die sauber recherchiert sind. Diese frühe Information ist wichtig, weil sich daraus die grundsätzliche Möglichkeit ergibt, auf Entscheidungsträger einzuwirken und damit sich abzeichnende Beschlüsse zu verhindern beziehungsweise zu ändern. Das kann beispielsweise in Form von Bürgerprotesten geschehen, von Kommentaren in der Zeitung und bei der nächsten Wahl. Denn nicht nur Parteien und Fraktionen nehmen an der politischen Willensbildung teil; auch die Bürgerinnen und Bürger sowie die Zeitung haben dieses Recht.
Die Menschen über Entscheidungen von – in diesem Fall – Gremien zu unterrichten, die zwar in nichtöffentlicher Sitzung getroffen worden sind, doch von großem öffentlichen Interesse sind, gehört daher zu den vordringlichen Aufgaben einer Zeitung. Dass Amtsträger dies möglicherweise nicht gern sehen, ist für die Frage der Veröffentlichung unerheblich.