Junge Menschen verzichten immer öfter auf Fleisch, das ist auch Thema für Kochazubis

12 Prozent der Deutschen ernährt sich vegetarisch oder vegan. 41 Prozent verzichten gelegentlich auf Fleisch.

Milchreis, Haus-Salat, Bandnudeln in Sahnesauce mit Gemüse, Kürbispuffer. „Was halten Sie von dem Angebot?“, fragt Detlef Behrens. Er ist Teamleiter für die Bereiche Gastronomie und Küche an den BBS Soltau. Die Schülerinnen und Schüler aus dem zweiten Ausbildungsjahr sind von dem vegetarischen Angebot nicht überzeugt. „Es sind eher einfache Gerichte, für die man vielleicht nicht unbedingt essen gehen würde“, sagt Jan.

Die Zahl der Menschen, die sich in Deutschland vegetarisch oder vegan ernähren, ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Nach einer repräsentativen Forsa-Umfrage aus dem vergangenen Jahr verzichten mittlerweile etwa zwölf Prozent auf den Konsum von Fleisch. Neun Prozent der Bevölkerung ernähren sich demnach vegetarisch, drei Prozent vegan. Weitere 41 Prozent gaben bei der Befragung an, nur gelegentlich Fleisch zu essen, die Umfrage spricht hier von Flexitariern.

Die Umfrage hat auch nach der Motivation der Menschen gefragt, mehr pflanzliche Produkte zu kaufen. Zwei Prozent begründen das damit, dass es für das Klima besser sei. Für 52 Prozent ist auch das Tierwohl ein Grund, und für ebenfalls knapp mehr als die Hälfte ist es wichtig, dass es gesünder sei, pflanzliche Produkte zu konsumieren.

15 Prozent der Befragten bezeichnen sich als Vegetarier

Diejenigen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, sind besonders junge Menschen. 15 Prozent der Befragten unter 30 Jahren bezeichnen sich demnach als Vegetarier. Ein überproportional hoher Anteil, bei den Befragten ab 60 Jahren waren es dagegen sechs Prozent. Außerdem ernähren sich häufiger Frauen als Männer vegetarisch. Mit zwölf Prozent ist der Anteil der Frauen, die sich als Vegetarierin bezeichnen, doppelt so hoch wie bei den Männern.

Was bedeutet das für diejenigen, die jetzt ihre Ausbildung zur Köchin oder zum Koch absolvieren? Welche Rolle spielt vegetarische und vegane Küche in der Ausbildung? Seit August 2022 gibt es für die Kochausbildung eine neue Prüfungsverordnung. Im Sommer werden die ersten Schüler der BBS Soltau ihre Abschlussprüfung nach der neuen Verordnung ablegen. Mit der neuen Prüfungsordnung besteht die Möglichkeit, eine Zusatzqualifikation als vegetarischer und veganer Koch abzulegen. Auszubildende müssen dafür eine weitere schriftliche Prüfung absolvieren. Zu den zusätzlichen Ausbildungsinhalten, die der Betrieb vermitteln muss, gehört zum Beispiel die Zubereitung von traditionellen und modernen vegetarischen und veganen Menüs.

Im klassischen Lehrplan käme das Thema vegetarische und vegane Ernährung dagegen eher nicht mehr als vorher vor, sagt Behrens. Anders in den Abschlussprüfungen. Hier seien Fragen zum Thema schon vorher häufiger geworden. „Früher wurden die Auszubildenden nach den Defiziten einer vegetarischen Ernährung gefragt, heute fragen die Prüfer eher nach den Chancen“, sagt der BBS-Lehrer.

Welche Rolle vegetarische und vegane Gerichte im Alltag in den gastronomischen Betrieben spielen, hänge sehr davon ab, wo diese verortet sind. „Es gibt bei dem Thema auf jeden Fall ein Stadt-Land-Gefälle“, sagt Behrens. In der Stadt verzichteten mehr Menschen auf Fleisch. „In der Gastronomie in den Großstädten, aber auch in den Bereichen drumherum gibt es ein entsprechendes Angebot.“

Für die Stunde zum Thema hat er den Auszubildenden die Ergebnisse der Forsa-Umfrage mitgebracht. „Was heißt das Ergebnis der Umfrage für Sie, für Ihre Ausbildungsbetriebe?“, möchte Behrens von den Auszubildenden wissen. „Dass man die Karte anpassen und auch vegetarische und vegane Gerichte haben muss“, sagt Jan. Grundsätzlich sei das nicht schlecht, sagt Behrens, hakt aber nochmal nach: „Ist der Druck hoch, sich verändern zu müssen?“ Mit den Schülern arbeitet er heraus, dass der Veränderungsdruck bei Betrieben, deren Gäste eher über 30 Jahre alt sind, zumindest nach der Statistik geringer sei als bei Gastronomiebetrieben, die sich eher an ein jüngeres Publikum richten. Aber: „Junge Menschen werden auch älter. Wer sie nicht als Gast verlieren will, muss ihnen etwas anbieten“, sagt Behrens.

„Die Gastronomie muss sich anpassen“

Das sieht auch Schüler Bruno so: „Wenn sich der Anteil der Vegetarier und Veganer erhöht, muss sich die Gastronomie anpassen.“ Sein Mitschüler Stanislav beobachtet: „Bei Bestellungen von Gruppen ist immer mindestens ein vegetarisches Gericht dabei.“ Die entsprechenden Angebote gibt es in den Betrieben. Lehrer Behrens hat die Schüler in der Stunde zuvor sammeln lassen, welche fleischlosen Gerichte in ihren Betrieben angeboten werden. Die Liste der veganen Angebote überzeugt die Schüler mehr als die vegetarischen vom Anfang. Auf der Liste stehen zum Beispiel ein Burger mit Jackfrucht und ein Schokokuchen. Aber auch die vermeintlich einfachen vegetarischen Gerichte ließen sich schnell aufwerten. Der Salat zum Beispiel mit Toppings wie Kürbiskernen, Sprossen, Wildblüten und Obst sammeln die Auszubildenden Ideen aus ihren Betrieben. „Einfache Gerichte kann man auch gut machen. Und es kommt auch darauf an, wie man sie auf der Karte beschreibt“, sagt Robin.

Wie das ein ehemaliges Sternerestaurant aus Verden bei seinem vegetarischen Menü macht, zeigt Behrens seinen Schülern auch. Im Pades stehen Kroketten von Weißen Bohnen, Kichererbsen und Petersilie auf Auberginencreme mit Tahin auf der Speisekarte. „Das ist ein Gericht, das ihr alle kennt“, verrät der Lehrer seinen Schülern. Die brauchen einen Moment, um zu entschlüsseln, dass es sich bei dem Hauptgericht im Grunde um Falafel mit Humus handelt.

Janika Schönbach