„Keine Lachnummer, sondern hochgefährlich“
Lachgas – Summenformel N2O – wurde früher oft als Narkosemittel für Operationen eingesetzt. Das findet aufgrund von Nebenwirkungen aber kaum noch statt. Dafür kommt Distickstoffmonoxid, so die chemische Bezeichnung, als vermeintlich billiges Rauschmittel insbesondere bei Jugendlichen und sogar Kindern zunehmend „in Mode“. Aus Sicht des Landkreises als Jugendschutzbehörde eine alarmierende Entwicklung, auf die man frühzeitig reagieren müsse, so Jens Grote. Im Jugendhilfeausschuss kündigte der Landrat den Erlass einer Satzung zur Gefahrenwehr an, mit der der Verkauf von Lachgas an junge Menschen verboten werden soll.
Aufgrund der zurzeit verdichteten medialen Berichterstattung sowie auf Anregung der CDU-Kreistagsfraktion hat es im Heidekreis eine „Lageerkundung“ zum Thema „Gebrauch von Lachgas als Partydroge insbesondere durch Minderjährige“ gegeben. „Erfreulicherweise sind im Heidekreis bisher keine Schadensfälle bekannt“, so Grote. Alles in Ordnung also hier im Heidekreis, kein Anlass zur Sorge? Leider nicht, sagt Grote. Denn es gebe Mitteilungen von Mitarbeitern des Jugendamts, dass Jugendliche dort über den regelmäßigen Konsum von Lachgas berichten und dieses auch leicht zu erwerben sei. Auch die Polizei habe im Heidekreis eine Verkaufsstelle für Lachgas ausgemacht, in der es, zwar bisher nicht in Bezug auf den Verkauf von Lachgas, „aber bezüglich anderer altersbeschränkter Produkte mit dem Jugendschutz nicht allzu genau genommen wurde“. Grote redete Klartext: „Das ist keine Lachnummer, sondern hochgefährlich.“
Die Ärztliche Leiterin Rettungsdienst für den Heidekreis, Andrea Dauxais, habe auf Anfrage mitgeteilt, dass ein Verkaufsverbot aus medizinischer Sicht sehr sinnvoll sei, da schon die Erstanwendung zu dauerhaften Folgeschäden im Nervensystem führen könne. Als Narkosegas werde Lachgas nach Angaben der Medizinerin nicht mehr verwendet, weil es Sauerstoff verdrängt. Diesen Effekt gebe es auch in der Lunge, insbesondere bei der Inhalation von unverdünntem Lachgas. Dadurch könne es zu teilweise unbemerktem Sauerstoffmangel im Gehirn kommen, der erst zu einer Gehirnschwellung mit Kopfschmerz und Übelkeit führt, woraus sich dann dauerhafte Gehirnschäden entwickeln können. Zusätzlich könnten bei schnellem Austreten aus der Kartusche Erfrierungen an den Fingern und Händen sowie im Gesicht auftreten, weil sich das Gas auf bis zu minus 55 Grad abkühlen könne.
„Vor diesem Hintergrund ist einem unkontrollierten Konsum von Lachgas zum Zwecke der Rauscherzeugung bei Minderjährigen durch das beabsichtigte Verbot entgegenzuwirken“, so Grote. Das solle mit einer Satzung für den Bereich des Heidekreises erfolgen, die der Kreistag in der nächsten Sitzung am 20. September beschließen müsste. Für das rasche Handeln gebe es eine Erklärung: Das Bundesgesundheitsministerium habe die Gesetzeslücke erkannt und beabsichtige, entsprechend tätig zu werden. Da derartige Gesetzgebungsverfahren in Regel jedoch viel Zeit beanspruchten, solle diese Verordnung vorübergehend die Lücke schließen.
Gesundheit ist ein öffentliches Schutzgut
Die Ermächtigung zu ihrem Erlass stützt sich auf Paragraf 55 des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (NPOG). Demnach müsse die Abwehr einer abstrakten Gefahr für die öffentliche Sicherheit gegeben sein. Dies sei eine nach allgemeiner Lebenserfahrung oder den Erkenntnissen fachkundiger Stellen mögliche Sachlage, die im Fall ihres Eintritts eine Gefahr darstellt, erläutert der Jurist Grote den rechtlichen Hintergrund. Und weiter: „Aufgrund der geschilderten medizinischen Einschätzung beinhaltet der Erwerb und anschließende Konsum von Lachgas die Möglichkeit von schweren gesundheitlichen Folgeschäden auch bereits beim Erstkonsum. Die Gesundheit von Minderjährigen ist ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit.“
Geldbuße bis 5000 Euro möglich
Folgende Punkte nennt die Gefahrenabwehrverordnung für das Verbot zum Verkauf von Lachgas an Minderjährige, die der Kreistag in seiner Sitzung am 20. Juni beschließen soll:
– Der Verkauf von Lachgas sowie dessen Weitergabe an minderjährige Personen sind verboten. Von diesem Verbot ist ebenfalls der Betrieb von Automaten umfasst, die Lachgas als Ware anbieten und keine ausreichende technische Barriere aufweisen, die Minderjährige am Erwerb des Lachgases hindert.
– Die Gabe von Lachgas aus medizinischen Gründen aufgrund ärztlicher Anordnung ist von diesem Verbot ausgenommen.
– Ein Verstoß gegen das in dieser Verordnung geregelte Verbot stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 5000 Euro geahndet werden kann.
Diese Gefahrenabwehrverordnung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft und endet am 31. Dezember 2025.