Erst ein Foto, dann eine kritische Ansprache
„Nun ist es wissenschaftlich erwiesen: Blitzermarathons sind sinnlos“, titelte die Auto-Bild vor vier Jahren. Damals machte eine Studie der Universität Passau die Runde, in der die Auswirkungen angekündigter konzentrierter Geschwindigkeitskontrollen empirisch untersucht wurden.
Studienleiter Stefan Bauernschuster, Professor für Public Economics, wirbt für eine evidenzbasierte Verkehrspolitik und nahm in diesem Rahmen zuletzt die Forderung nach einer allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzung auf 130 km/h auf deutschen Autobahnen unter die Lupe. „Vieles spricht dafür, dass der Nutzen eines Tempolimits die möglichen Kosten übersteigt“, heißt es in der Studie, die Faktoren wie Verkehrssicherheit, Emissionen und Zeitverluste untersucht. Beim Blitzermarathon gelangten der Ökonom und sein Forscherteam dagegen zum Ergebnis, dass Aufwand und Wirkung in einem Missverhältnis zueinander stehen – soweit man auf nachhaltige Effekte hofft. Kurz vor Beginn und während eines Blitzermarathons sinke die Zahl leichter Verkehrsunfälle um durchschnittlich rund acht Prozent. Auch für schwere und tödliche Unfälle lasse sich eine entsprechende Tendenz nachweisen. Doch bereits einen Tag nach Ende des Aktionszeitraums verpuffe die Wirkung. „Gut zureden hilft bei Raserinnen und Rasern nichts“, lautete Bauernchusters Fazit. „Sobald die Blitzerei vorbei ist, konnten wir keine Veränderung mehr feststellen“, erklärte Dr. Ramona Rekers, Co-Autorin der Studie. „Blitzermarathons haben keinen anhaltenden Effekt für Sicherheit auf den Straßen.“
ADAC: „Zweifel an der Sinnhaftigkeit“
Polizei ist in Deutschland Ländersache, daher wird die vom europäischen Verkehrspolizei-Netzwerk Roadpol initiierte Kontrollwoche hierzulande nicht flächendeckend umgesetzt – Bayern, das Saarland und Bremen scheren aus. Der ADAC spekuliert, dass sie neben Kapazitätsengpässen auch „Zweifel an der Sinnhaftigkeit“ ausgebremst haben könnte.
In Niedersachsen fällt der Blitzermarathon mit dem Schulstart zusammen, der allein Anlass genug sein sollte, umsichtig unterwegs zu sein und nicht zu rasen. Im Heidekreis finden bis zum Sonntag „mehr polizeiliche Geschwindigkeitsmessungen als üblich statt“, bestätigt die Polizeiinspektion. Verkehrssünder müssen sich darauf einstellen, nicht nur anonym einen Bußgeldbescheid zugeschickt zu bekommen. „Durchgeführt werden Messungen mit anschließendem Anhalten der Betroffenen“, erläutert Polizeisprecher Tarek Gibbah. „Im Zuge dieser Anhalterkontrollen werden Aufklärungsgespräche geführt.“
Dass solche Maßnahmen kein Patentrezept gegen Raser darstellen, ist unbestritten. Wirkungslos seien sie aber nicht, ist die Polizeiinspektion Heidekreis überzeugt. „Jede Kontrolle hat eine gewisse Wirkung“, betont deren Sprecher. „Wir sind daher der Meinung, dass die Erhöhung des Kontrolldrucks zu mehr regelkonformem Verhalten im Straßenverkehr führt.“