Schüler-Entwicklung unterschätzt
Einen Zeitplan, wann die Lösung bestehender und sich in nächster Zeit verschärfender Raumprobleme des Soltauer Gymnasiums in Angriff genommen werden soll oder gar ein Datum für die Umsetzung, bekam Volker Wrigge nicht mit auf den Heimweg. Dennoch verließ der Leiter der traditionsreichen Bildungseinrichtung mit rund 1100 Schülerinnen und Schülern am Donnerstagnachmittag die Sitzung des Kreistagsausschusses für Schule, Bildung und Kultur in der Walsroder Felix-Nussbaum-Oberschule nach eigener Aussage mit einem positiven Gefühl. Denn jetzt hat er schwarz auf weiß festgehalten und mit einer einstimmigen Beschlussempfehlung zum Rechnerischen Raumprogramm anerkannt, welche Raumkapazitäten der Landkreis als Schulträger für das Gymnasium der Böhmestadt schaffen müsse: elf allgemeine Unterrichtsräume (AUR), einen naturwissenschaftlichen Fachraum sowie zwei „Sportübungseinheiten“.
Die Rechnung aufgemacht und vorgestellt in der von Stefan Sorge (Munster, CDU) geleiteten Sitzung hat Daniel Wächtler. Der Mitarbeiter der Kreisverwaltung bezeichnete sie als „Update“. Denn es ist gerade zwei Jahre her, dass ein rechnerisches Raumprogramm für das Gymnasium beschlossen wurde – mit einem prognostizierten Fehlbedarf von lediglich sieben AUR, der, wie sich bald zeigte, zu niedrig angesetzt ist. Für Wächtler kommt die Korrektur nicht überraschend, schließlich habe er selbst seinerzeit gewarnt, dass man bei einigen Jahrgängen eng an der Klassenteilergrenze stehe. Im 2022er-Raumprogramm war demnach für den Sekundarbereich I eine überwiegende Fünfzügigkeit mit vereinzelten sechszügigen Jahrgängen zugrunde gelegt worden. Dabei habe er bereits damals darauf hingewiesen, dass durch Ausweisung von Baugebieten, dem verstärkten Zuzug in das Soltauer Stadtgebiet und steigende Schülerzahlen diese Prognose vermutlich nach oben korrigiert werden müsse. „Dies haben dann die folgenden zwei Erstellungen der Schülerzahlenprognosen deutlich bestätigt“, heißt es in der Beratungsvorlage. Folglich werden die Jahrgänge in der Sekundarstufe I jetzt dauerhaft sechszügig angenommen – mit Auswirkungen auch auf den Sek-II-Bereich: In der Qualifikationsphase (Jahrgangsstufen 12 und 13) geht der Schulträger künftig von insgesamt 260 Schülerinnen und Schülern aus.
Zukünftig werden für das Soltauer Gymnasium bei Berücksichtigung des Stammklassenprinzips 42 Unterrichtsräume für den Sek-I-Bereich und Klasse 11 sowie 7 für die Oberstufenjahrgänge 12 und 13 benötigt, unter dem Strich steht ein festgestellter Bedarf von zukünftig 49. 38 sind es derzeit. Somit besteht ein Fehl von elf Klassenräumen, wenn man die drei Räume im Gebäude Viktoria-Luise-Straße 9 herausrechnet. Die sind noch auf weitere fünf Jahre angemietet.
Und bei diesen Zahlen muss man genauer hinsehen: Klasse ist nicht gleich Klasse. Mehrere Räume sind nur mit kleinerer Schülerbesetzung zu nutzen. 33 Klassenräume gibt es mit Flächen zwischen 49 und 86 Quadratmeter. Dazu kommen drei zwischen 35 und 40 Quadratmeter große Kursräume, die von den Jahrgängen 12 und 13 mit maximal 15 Schülerinnen und Schülern genutzt werden. Einen AUR gibt es im kleinen Mensaraum und einen weiteren durch die Umnutzung des EDV-Raumes. Da Informatikunterricht verpflichtend angeboten werden muss, muss dieser Fachraum wieder für seine ursprüngliche Bestimmung genutzt werden.
Weitere kleinere Räume können aufgrund einer Maximalbelegung von 8 bis 12 Schülern nicht als Klassen- oder Kursraum genutzt werden. Sie dienen sowohl für Unterrichtszwecke bei „Deutsch als Zweitsprache“ als auch sozialpädagogischen Zielen. Nicht nur bei den allgemeinen, sondern auch bei den Fachunterrichtsräumen machen sich die steigenden Schülerzahlen bemerkbar: „Die vorhandenen acht naturwissenschaftlichen Räume (NW) sind bei einer dauerhaften Sechszügigkeit und einer wachsenden Oberstufe nicht mehr auskömmlich, sodass ein weiterer NW-Raum erforderlich ist.“
Fehlbedarf bisher „irgendwie aufgefangen“
Und schließlich stellt der Raumplan einen Mangel an Kapazitäten für den Sportunterricht fest. Bisher konnte durch Zusammenlegungen von Kursen, Verlagern des Sportunterrichts in den Nachmittagsbereich und punktuelle Nutzung von alternativen Sportmöglichkeiten der bestehende Fehlbedarf „irgendwie aufgefangen“ werden, doch bei weiter steigenden Klassenzahlen sei das so nicht mehr machbar: „Der rechnerische Fehlbedarf von zwei Sportübungseinheiten, Hallenfelder, ist anzuzeigen“, heißt es hierzu in der einstimmigen Beschlussempfehlung, die der Kreisausschuss nach Lage der Dinge am 11. Juni bestätigen wird. Nächster Schritt wird nach Aussage Wächtlers dann die Beauftragung der Bauverwaltung mit der Planung für die Umsetzung sein.
Dass das Ganze noch nicht mit Zahlen für die Umsetzung unterfüttert ist und der Landkreis in den kommenden Jahren vor enormen finanziellen Herausforderungen steht, als Stichworte seien nur der Krankenhausneubau und die Verbesserung der Schulstruktur genannt, ist dem Soltauer Gymnasiumsleiter natürlich auch bekannt. Was ihn zum jetzigen Zeitpunkt positiv stimmt, sind die Umstände, unter denen das Raumprogramm zustandegekommen sei: „Das Ergebnis ist einvernehmlich errechnet und festgestellt worden.“ Da gebe es keinen Dissens zwischen Schule und dem Landkreis als Schulträger. Wichtig sei, dass die genannten Zahlen realitätsnäher als bisher seien. Daran müsse sich die Umsetzung orientieren. „Die Uhr tickt“, sagt Wrigge. „Die Kinder, um die es geht, sind geboren und werden bald vor unseren Türen stehen. Dann wird man eine Lösung haben müssen.“