„Wir haben den Wolf durchaus im Blick“

Immer wieder fangen Wildtierkameras Bilder von Wölfen des Schneverdinger Rudels ein. Hier eine Aufnahme vom 23. Januar dieses Jahres. Zur Vermeidung des Kameradiebstahls werden die Orte nicht genannt. 

Es gibt kaum einen touristisch prägnanteren Ort in Schneverdingen als den Bereich zwischen Heidegarten, Heidekiosk und dem unteren Schafstall. Viele Einheimische und Gäste nutzen die weiträumige Landschaft des Hörens, um zu Joggen, den Hund Gassi zu führen oder sich einfach die Beine zu vertreten.

Doch zuletzt gaben mehrere Hinweise Anlass zur Sorge. Seit Jahresbeginn gab es mindestens drei Anrufe bei Wolfsberater Jörn Grabau, nach denen mal ein einzelner Wolf, ein Wolfswelpe und mal ein Riss am Höpen gesichtet worden war. In einem Fall glaubte eine Hinweisgeberin sogar zu wissen, wo eine Wölfin direkt am Höpen ein Bau für ihre Jungen angelegt habe. „Ich bin selbstverständlich der Sache nachgegangen“, berichtet Grabau, der sich der exponierten Lage durchaus bewusst ist. „Es ist kein Wolfsbau, es gibt noch nicht einmal ansatzweise Spuren vom Wolf in dem Bereich“, klärt der Wolfsberater auf. Echt sei dagegen der Riss eines Rehs am Höpen. Das sei allerdings wenig überraschend.

Der Höpen ist unweit des Camps Reinsehlen gelegen, wo mutmaßlich Wölfe erst kürzlich eine 80 Tiere umfassende Schnuckenherde von Höpenschäfer Steffen Schmidt aus der Koppel getrieben und sechs Tiere gerissen hatten. Dass der Wolf hier jagt, ist insoweit höchst wahrscheinlich. Doch Grund für Panik sieht Grabau nicht. „Wo viele Menschen sich aufhalten, zieht sich der Wolf eher zurück.“

In gleicher Weise argumentiert auch Martina Nachreiner vom Fachbereich III Umwelt der Stadt Schneverdingen. Der Stadtverwaltung seien die Meldungen bekannt, bestätigt sie. „Wir haben den Wolf durchaus im Blick“, doch Sorgen müsse man sich nicht machen. Das gelte erst recht für die Nutzer des Waldkindergartens am Höpen. „Kinder sind laut und toben“, da halte sich kein Wolf lange auf. „Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass sich ein Wolf ‚schräg‘ verhält“, sieht Nachreiner zudem keinen Hinweis, dass das Schneverdinger Rudel oder auch nur ein einzelnes Tier seine Scheu abgelegt hat.

Einer der Hinweisgeber geht regelmäßig mit seinem Hund am Höpen spazieren. Er hatte auch das gerissene Reh entdeckt. Der Schneverdinger fürchtet, dass der Wolf durch den Hund angelockt werden könnte. Tatsächlich hat es bislang zwei Vorfälle im Umfeld des Heidekreises gegeben, in denen Personen mit Hund beim Spaziergang mit dem Wolf konfrontiert waren. In beiden Fällen ließen sich die Wölfe allerdings durch lautes Rufen der Besitzer vertreiben.

„In der Brut- und Setzzeit müssen Hundehalter ihre Tiere eh an der Leine führen“, sagt dazu Frank Faß, Gründer und Leiter des Wolfcenters Dörverden. Der Wolf nehme den Hund „als mit dem Menschen verbunden“ wahr. Das schrecke ihn eher ab. Neugierige Tiere, insbesondere Jungwölfe, könne es aber im Einzelfall geben – dann sei das laute Rufe, das „Wegbrüllen“ des Wolfs, der richtige Weg, so Faß. „Wenn ein Wolf dann aber tatsächlich einmal komisch wird wie seinerzeit der angefütterte Wolf MT6, dann muss er auch zügig entnommen werden“, erinnert Experte Faß an den Heide-Wolf „Kurti“ aus den Anfangsjahren der Wolfsreviere in der Region.

Auch als Jogger müsse man sich keine Gedanken machen, selbst wenn ein Wolf mal 80 Meter vor einem den Weg kreuze. „Einfach weiterlaufen“, sagt Faß, der selbst gerne joggt. Komme der Wolf dann tatsächlich mal auf 20 Meter heran, sollte man schlichtweg stehen bleiben und nicht wegrennen. „Bei einem fremden Hund tritt man ja auch nicht ruckartig die Flucht an“, bietet Faß einen simplen Vergleich zur Vermeidung von Fehlverhalten.

Laut Martina Nachreiner bleibt die Stadt Schneverdingen in jedem Fall für Fragen seitens der Kitas und Schulen offen. Wenn da Gesprächsbedarf aufgezeigt werde, habe man das Konzept für eine Veranstaltung bereits im Hintergrund. Der Wolfsberater unterstütze zudem bei der Beantwortung von Fragen und bei der Aufklärungsarbeit.

Bernhard Knapstein