Trend: Weg von massiver Sportstätte hin zu Freilufthalle
Sport wird individueller: Statt Handball mit der Mannschaft lieber Hanteltraining im Wohnzimmer. Das ist nicht nur ein Trend, sondern prägt auch die Vision für Entwicklungsmöglichkeiten von Vereinen und Kommunen. Ein konkretes Projekt dazu ist die geplante Mehrgenerationen-Rollsportanlage, die die marode Skateranlage in Schneverdingen ersetzen soll. Doch die Stadt Schneverdingen denkt größer. Bürgermeisterin Meike Moog-Steffens hat zusammen mit der Politik die Sportentwicklungsplanung von 2012 wieder aufgenommen. „Dabei geht es nicht in erster Linie um die Gebäude“, sagt Moog-Steffens, „sondern auch um die Angebote der Vereine.“ Das Interesse, gemeinsam etwas zu verbessern und etwas neu zu gestalten, ist groß, wie sich bereits bei den ersten beiden Treffen im Herbst 2023 gezeigt hat. Rund 40 Vertreter von Vereinen, Verwaltung und Politik haben an den Workshops unter Leitung von Dr. Arne Göring teilgenommen. Er ist im Hauptberuf Leiter des Hochschulsports an der Universität Göttingen. „Was mich besonders freut, ist die Teilnahme von der Schülervertretung der Kooperativen Gesamtschule“, sagt Moog-Steffens.
Vorschlag einer Freilufthalle
Als Schwergewicht stellte sich der Zustand des Sportzentrums Osterwald heraus. Die Priorität wurde so hoch eingestuft, dass sich die Projektgruppe dort kürzlich traf, um über Verbesserungen zu beraten. Der alte, desolate Kabinentrakt wird schon länger nicht mehr genutzt. Ein Vorschlag des Sportwissenschaftlers Göring könnte sowohl die räumlich angespannte Lage verbessern als auch zusätzlich attraktivitätssteigernd auswirken. Er schlug eine Freilufthalle vor, die sowohl für Vereinsgruppen als auch private zusammengeschlossene Gruppen ein flexibles Training unterschiedlicher Sportarten ermöglichen kann. Auch wenn es sich um eine Kaltlufthalle handelt, sei sie mittlerweile ganzjährig nutzbar, so seine Erfahrung aus Göttingen. Zudem sei sie klimaneutral, da keine Heizung verbaut wird.
Projekttreffen vor Ort am Sportzentrum Osterwald
Ehrenamtliches Engagement zu fördern, ist ein weiterer Schwerpunkt, aber auch die finanzielle Förderung von Sportangeboten. Besonders am Herzen liegt Moog-Steffens, selbst aktive Sportlerin und vor ihrem Bürgermeisteramt Geschäftsführerin des TV Jahn, die Frühförderung in Bewegung für Mädchen und Jungen unter acht Jahren. Sie stellt sich eine Art Sportschule vor, um unabhängig von Sparten erst einmal ein Kennenlernen von verschiedenen Sportarten zu ermöglichen. Wenn es um den Sport geht, dann sind Minustemperaturen kein Grund, zimperlich zu sein. Mehr als 30 Vertreter aus dem Vereinssport, der Verwaltung und des Stadtrates sind zum dritten Projekttreffen der neuen Sportentwicklungsplanung am Sportzentrum Osterwald gekommen, um sich mit konkreten Wünschen und Verbesserungen einzubringen. Selbst den Landwirten und Unternehmern, die die Aufmerksamkeit auf ihren Protest lenken wollen, gelingt es nicht, das Gesprächsthema an sich zu reißen. Zumal auch keiner der Landwirte vom Trecker steigt, um mit den Ratspolitikern in Dialog zu treten. Die Begehung am alten Kabinentrakt fällt kurz aus. Nur zu gut wissen die Teilnehmer um die Mängel an dem Standort aus den 60er-Jahren.
Positive Veränderungen durch Erfahrungswerte
Zu wenig Licht und zu wenig Barrierefreiheit sind zwei Aspekte, die Sportwissenschaftler Dr. Arne Göring bei einem Ortsbesuch negativ aufgefallen sind. Doch der Beteiligungsprozess sieht vor, dass die Aktiven selbst von ihren Erfahrungen berichten sollen, damit positive Veränderungen in Gang kommen. Doch vorweg sagt Göring, der als Moderator schon andere Kommunen begleitet hat: „Die Schneverdinger haben es eigentlich ganz gut.“ Er kennt die Stadt bereits aus dem geförderten Projektverfahren für eine Mehrgenerationen-Rollsportanlage, die nach einer Bodenprüfung und Abstimmung mit den Betreibern der Adventure-Golf-Anlage im Walter-Peters-Park in diesem Jahr gebaut werden soll.
Zuwegung und Parksituation am Sportzentrum problematisch
Was vielen Teilnehmern aufstößt, ist die Wegeführung auf dem weitläufigen Gelände des Sportzentrums Osterwald. Es sei ein Wunder, dass noch kein Unfall passiert sei, sagt Hendrikje Köster (SPD). Aktive nutzen nicht nur die Einfahrt über den Osterwaldweg, sondern auch die Stockholmer Straße. Jeder Gebäudetrakt hat Parkplätze, es wird aber auch wild direkt an den Feldern geparkt. Vorschlag ist, die Einfahrt an der Stockholmer Straße dichtzumachen, um den Verkehr besser zu lenken. Zudem fällt auf, dass das Sportzentrum schlecht ausgeschildert sei. „Wir liegen im Dunkeln“, stellt ein Teilnehmer fest. Auch ein Fuß- und Radweg zum Stadion wäre wünschenswert.
Charme der 60er-Jahre am Kabinentrakt erhalten
Der alte Kabinentrakt sei ein Schandfleck, die Ruine gehöre abgerissen, so eine andere Wortmeldung. Es ist eine weitere Baustelle auf dem Areal. Dorothee Schröder plädiert dafür, etwas vom Charme der 60er-Jahre-Architektur zu erhalten. Auch wenn das Gebäude nicht mehr als Umkleide diene, so sei dort allerlei Technik untergebracht, an die im Abrissfall gedacht werden müsse.
Beleuchtung und Barrierefreiheit treten im Diskussionsverlauf in den Hintergrund. Die von Göring eingebrachte Idee einer Freilufthalle fasziniert die Teilnehmer. Sie würde Individualsport für vereinsunabhängige Gruppen ermöglichen, aber auch das Problem der Raumnot für die Vereinssportler lösen. Mit dem Trend zur Individualisierung sei im übrigen nicht zwingend eine Vereinzelung der Sportler gemeint, erklärt Göring, sondern mehr Selbstorganisation, losgelöst von der Anbindung an den Vereinssport. Konkretes Beispiel: Ein Freundeskreis verabredet sich zum Kicken. Doch wohin? Eine Freilufthalle ermögliche eine flexible Nutzung. Neu sei die Idee keineswegs. Schon in den 70er-Jahren habe es diese architektonische Konzeption gegeben. Zu erleben sei sie beispielsweise an der Universität Oldenburg.
Koordination einer Freilufthalle über Verein
Die Koordination sollte über einen Verein laufen, am besten den TV Jahn, der auch seine Geschäftsstelle auf dem Gelände hat. Eine Buchung gegen ein kleines Nutzungsentgelt könnte digital laufen. Beispielhaft stellt er Modelle von zwei Anbietern vor. McArena baue günstig, SMC2 sei qualitativ hochwertiger in der Ausführung. In einer vorsichtigen Kostenschätzung spricht er von 150.000 bis 250.000 Euro. Kein Vergleich zu den Kosten für eine massive Bauweise. Die Idee kommt so gut an, dass ein Sportvereinsvertreter aus Schülern schon Bedenken äußert, dass die Dorfvereine an Beliebtheit verlieren würden. Die Befürchtungen können aber zerstreut werden.