„Lage beruhigt, Schäden aber noch nicht absehbar“
Das vorsorglich durchgespielte Worst-Case-Szenario ist zum Glück nicht eingetreten: In den drei vom Hochwasser betroffenen Samtgemeinden im Aller-Leine-Tal mussten bisher keine Menschen und, mit Ausnahme des Serengeti-Parks, auch keine Tiere evakuiert werden. Folglich wurde das Camp Fallingbostel-Oerbke nicht für die Unterbringung von evakuierten Personen benötigt. Vorerst bis zum 19. Januar hatte die Bundeswehr die bis Ende November letzten Jahres für die Erstunterbringung Geflüchteter genutzte Liegenschaft am Truppenübungsplatz Bergen dem Landkreis dafür zur Verfügung gestellt.
Seit dem vergangenen Wochenende wurden dort auswärtige Helfer für die Zeit ihres Einsatzes an Aller und Leine untergebracht. Diese „haben sich weitestgehend zurückgezogen“, sagt Landkreissprecherin Anke von Fintel zur Inanspruchnahme des Angebots.
33 Kräfte noch im Einsatz,159 in Bereitschaft
Und wie ist die Lage in den Hochwassergebieten? Da äußert sich die Landkreissprecherin vorsichtig wie zuletzt ihr Dienstherr Landrat Jens Grote: „Das Hochwasser ist stabil auf hohem Niveau, auch wenn sich die Lage beruhigt, kann noch keine endgültige Entwarnung gegeben werden.“ Der zu Weihnachten gebildete Katastrophenschutzstab des Heidekreises, in dem von Fintel selbst eingebunden ist, arbeite weiterhin, inzwischen aber in einem heruntergestuften Format: „Der Heidekreis führt den Stab in der Rufbereitschaft und hat die Präsenz aufgehoben. Die bisherigen kritischen Punkte müssen insbesondere im Hinblick auf mögliches Tauwetter weiter beobachtet werden.“
Aber es gibt keine Helfer-Hundertschaften mehr. „Zurzeit sind noch 33 Kräfte im Einsatz und 159 in Bereitschaft“, so die entsprechende „Wasserstandsmeldung“ für den gestrigen Donnerstag. Das Technische Hilfswerk (THW) werde wahrscheinlich am heutigen Freitag aus Kirchwahlingen abreisen.
Die zeitweise von den Wassermassen eingeschlossene Ortschaft in der Samtgemeinde Rethem ist einer der angeführten kritischen Punkte. Dort waren die Spezialisten der Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen der benachbarten THW-Regionalstelle Verden tagelang mit einer Hochleistungspumpe im Einsatz, die richtig was wegschafft: bis zu 25 000 Liter Wasser pro Minute. Besteht da nicht die Gefahr, dass Gerät bei den herrschenden Temperaturen einfriert? Eher nicht: „Sämtliche THW-Pumpen inklusive der Dichtungen sind aus Edelstahl nach Industriestandard hergestellt“, erklärt Markus Lampe vom THW Soltau. „Die Flügelräder und sämtliche Teile haben eine polierte Oberfläche, an der nichts anhaften kann, daher kann sich daran auch kein Eis bilden.“ Ein weiterer Vorteil seien die hohen Durchmesser, mit denen die Großpumpen arbeiten, dadurch könne auch stehendes Wasser nicht so schnell durchfrieren. Das THW Soltau verfüge nur über deutlich kleinere Tauchpumpen, die zuletzt vor allem in der Böhmestadt, aber auch in Hodenhagen zum Einsatz kamen.
Schaulustige gefährden die belasteten Deiche
Frostgefahr besteht da schon eher für die kleinen Tauchpumpen aus dem Baumarkt, die in großer Zahl in Haushalten eingesetzt werden, um Wasser aus vollgelaufenen Kellern und tiefer gelegenen Räumen loszuwerden. Da sei bei Minusgraden erhöhte Aufmerksamkeit angeraten, sagt Boris-Alexander Krug. Wenn diese Geräte nach einem Pumpvorgang abgestellt werden, müsse man darauf achten, dass der Schlauch, durch den das Wasser nach draußen fließt, geleert wird, empfiehlt der Sprecher der Ahldener Samtgemeindefeuerwehr. Sonst könne es zum Eisblock werden, der beim erneuten Betrieb das Abpumpen verhindert – mit der Folge, dass die Pumpe heiß läuft und in Brand geraten kann.
Ein Ärgernis bleibt nach Aussage der Landkreissprecherin weiter das Verhalten von Autofahrern und Schaulustigen: „Die Samtgemeinden beklagen, dass sich viele nicht an die Straßen- und Deichsperrungen halten und so sich, die Deiche und die Straßen gefährden.“
Einen Überblick über die Schäden an privaten Liegenschaften und öffentlichen Anlagen wie Deiche und Straßen gebe es noch nicht. Da müsse man warten, bis das Wasser vollständig abgeflossen und alle Sandsäcke – die habe es ausreichend gegeben – weggeräumt sind. Dafür habe „jeder in seinem Zuständigkeitsbereich“ zu sorgen.
Und die Kosten für die Einsätze? „Die sind grundsätzlich von den Samtgemeinden und dem Landkreis zu tragen“, sagt Anke von Fintel – „im Rahmen ihrer Gefahrenabwehraufgaben. Inwieweit das Land unterstützt, ist noch offen.“