Noch kein Zuschlag für den Immenhof

Zutritt verboten: Dort, wo die Awo bis 1990 ein Kinder- und Jugendheim betrieben hat, herrscht heute abgeschotteter Stillstand. Foto: ari

Täglich grüßt das Murmeltier: Zum mittlerweile siebten Mal stand am gestrigen Mittwoch im Amtsgericht Soltau das auf Blatt 496 im Grundbuch von Hützel eingetragene Grundstück mit der laufenden Nummer 28 zur Zwangsversteigerung an. Bekannt ist es unter dem Namen Immenhof – und zwar nicht nur im Heidekreis. Das 1910 zunächst für einen Pensionsbetrieb erschlossene Gelände im Außenbereich der Gemeinde Bispingen hat eine bewegte Geschichte. Bis 1990 war es Standort eines Kinder- und Jugendheims der Awo.

Seitdem rottet das 42 Hektar große Ruinengelände mit zahlreichen verfallenen Wirtschaftsgebäuden im Eigentum des überschuldeten Kaufmanns Helmut Bierwirth vor sich hin.

Immer mal wieder sorgt es dabei auch überregional für Schlagzeilen. So im vergangenen Jahr, als rechtsesoterische Gruppen auf dem Grundstück campierten und versuchten, dieses im Wege der Zwangsvollstreckung zu erwerben. Doch zum Eigentumsübergang kam es trotz des stolzen Höchstgebots von 5,5 Millionen Euro durch eine Frau mit unbekanntem Hintergrund auch 2022 nicht. Die Gemeinde legte als verfahrensbeteiligte Grundstücksgläubigerin erfolgreich ihr Veto gegen einen Zuschlag ein.

Inzwischen sind abermals frische Schulden bei der Gemeinde aufgelaufen und so wurde gestern eine weitere Runde im juristischen Tauziehen um den Immenhof eingeläutet. Diesmal war das Interesse geringer als im vergangenen Jahr und einige Stühle im Gerichtssaal blieben unbesetzt, als Rechtspflegerin Britta Sasse um 10.36 Uhr erstmals die Bieterstunde einläutete. Es war jedoch aufgrund fehlerhafter Informationen für die Bieter ein Fehlstart, der schnell wieder beendet wurde. Um 10.51 folgte der zweite, diesmal einwandfreie Start. Schon dieses Detail verrät, dass es sich abermals um ein fahriges, von zahlreichen Anträgen und juristischen Scharmützeln begleitetes Verfahren handelte.

Die Interessenlage war klar: Schuldner Bierwirth möchte sein Eigentum behalten, die Gemeinde wünscht sich einen aus ihrer Sicht seriösen und solventen Bieter mit belastbarem Nutzungskonzept und Glücksritter hoffen darauf, das mit zahlreichen Auflagen, Wegerechten und Verbindlichkeiten belastete Grundstück mit einem Verkehrswert von nur noch 320 000 Euro zu ersteigern und irgendwie zu Geld zu machen. Gleich zu Beginn musste Sasse sich wie bereits 2022 mit einem Befangenheitsantrag gegen ihre Person befassen. Der Rechtsbeistand des Grundstückseigentümers unterstellte ihr unter anderem eine „persönliche und freundschaftliche Beziehung“ zu einer der Parteien. Sasse sah in dem Manöver wohl nicht zu unrecht ein taktisches Mittel zur Verhinderung eines Zuschlags. Aber zu einer direkten Zurückweisung des Antrags wegen Rechtsmissbräuchlichkeit kam es nach einigem Hin und Her dann doch nicht.

Die Anwesenden schenkten sich wieder einmal nichts

Somit war klar: Es wird an diesem Tag noch keine rechtswirksamen verfahrensrelevanten Entscheidungen durch die Rechtspflegerin geben. Im Laufe des Vormittags kam ein zweiter Befangenheitsantrag wegen des Verbots der Nutzung eines Smartphones im Gerichtssaal hinzu, außerdem ein Vollstreckungsschutzantrag wegen besonderer Härte. Dispute waren auf Anwaltsdrängen sauber zu protokollieren, um gegebenenfalls Verfahrensfehler geltend machen zu können. Der angesetzte Verkehrswert wurde vorerst vergeblich als zu niedrig angezweifelt und ein neues Gutachten eingefordert. Die Anwesenden schenkten sich mal wieder nichts.

Die Versteigerung begann mit einem Erstgebot von 271 000 Euro und kletterte in überwiegend kleinen Schritten hoch in den siebenstelligen Bereich. Ein mit Spannung erwarteter solventer Bieter fiel aufgrund einer Panne aus: Bürgermeister Dr. Jens Bülthuis konnte für die Gemeinde Bispingen kein Gebot abgeben, weil es ihm nicht gelang, rechtzeitig einen rechtsgültigen Nachweis über eine Sicherheitsleistung vorzulegen. Sekunden nachdem Sasse die Bieterstunde nach dreimaliger Wiederholung des Höchstgebots für geschlossen erklärte, lag wohl ein entsprechendes Dokument vor. Aber die Klappe war gefallen. Der Versuch eines Anwalts, der nicht die Gemeinde vertritt, die Bieterstunde noch einmal öffnen zu lassen, lief ins Leere.

Das Höchstgebot von 3,1 Millionen Euro gab somit der Vertreter einer „Immenhof Verwaltungs-GmbH“ ab. Ob die Gesellschaft Eigentümerin des Grundstücks mit allen Verbindlichkeiten und aller Gebäude und Zubehöre wird, entscheidet sich nun mit der abgetrennten Zuschlagsentscheidung. Rechtspflegerin Sasse terminierte den Verkündungstermin auf den 6. Oktober um 9.30 Uhr. Bis dahin können Beteiligte Anträge stellen. Das Tauziehen geht also erst einmal weiter.

Andre Ricci