Snevern versteht das Feiern
Die Schneverdinger und ihre Gäste haben das Motto des diesjährigen Heideblüten-Umzugs beherzigt: „Wir feiern das Leben!“. Fröhlich war es allemal, friedlich nicht bei jedem, wie Bürgermeisterin Meike Moog-Steffens beim Empfang der Ehrengäste am Sonntag feststellen musste. Die Polizei hatte am späten Sonnabend gut zu tun. Sie habe gerade bei jungen Menschen erschreckend viel Alkohol-Konsum registriert, erklärte die Verwaltungschefin.
"Wir feiern das Leben!"
Doch die Vorfreude auf dem Festumzug war groß: Der Vorstand des Vereins Heideblüte habe sich für das Motto entschieden, erzählt Moog-Steffens als erste Vorsitzende des Vereins Heideblüte, „weil wir damit unsere lebensbejahende und positive Einstellung trotz Corona und Krieg, Energiekrise und Inflation ausdrücken möchten.“ Dankbar wurde das Motto von Vereinen und Gruppen aufgegriffen. 25 Bilder sind so entstanden. Der Heimatbund Theeshof verabschiedete sich gleich zu Beginn erstmal in den Urlaub. Die Cheerleader des TV Jahn Schneverdingen haben sich Pippi Langstrumpf als Vorbild auserkoren „und machen sich die Welt, wie sie ihnen gefällt“. Ein Hingucker waren die Kinder der Grundschule Hansahlen, die sich als "101 Dalmatiner" verkleidet hatten. Sie hatten Spaß am welpenhaften Gejaule. Der CVJM will per pedes die Welt umrunden und hat sich besonders mit Pappbussen am Fußgelenk was Originelles überlegt. Einfallsreich war auch der Freundeskreis von Anna, die sich zu ihrem 30. Geburtstag die Teilnahme am Festumzug gewünscht hat. Der Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Dass es nicht zwingend einen Verein braucht, hat auch der erste Abi-Jahrgang der KGS gezeigt: „25 Jahre nach dem Abi - glanzvoll wie eh und je“. Pointe war der Nachwuchs, der auf dem Shirt "Abi 2041" trug. Bibbern war beim Blick in den Himmel angesagt: Die letzten drei Wagen zogen an der Ehrentribüne im strömenden Regen vorbei. Doch Publikum und Aktive ließen sich von dem Wolkenbruch nicht abschrecken, schon wenige Minuten später war der Ortskern wieder brechend voll.
Krönung vor Dschungelkulisse
Vor Lianen, Palmen und einer verwitterten Fassade hat die Heidekönigin Carmen Cohrs am Sonntagnachmittag nach dem Festumzug die Krönungszeremonie für ihre Nachfolgerin im Höpental eingeleitet. Wo eben noch Mowgli sein Abenteuer im Dschungel zu bestehen hatte, wurde es auf einmal wieder ganz traditionell. Gemessenen Schrittes kam die scheidende Heidekönigin mit ihrem Gefolge, den vier Ehrendamen und zwei Pagen auf die Festspielbühne von Schneverdingen, um vor mehreren tausend Menschen Fenja Gehrke als neue 77. Heidekönigin zu präsentieren. Das Jahr sei wie im Fluge vergangen, sagt Cohrs rückblickend. 60 Auftritte hat sie bestritten, um ihre Heimatstadt mit Würde und Wissen zu repräsentieren: ob auf Hoffesten oder auf großen Festumzügen. Besonders in Erinnerung bleiben Cohrs das Rapsblütenfest auf Fehmarn, das Fest der Schwanenkönigin in Prenzlau und der Besuch in der polnischen Partnerstadt Barlinek. Sie vergisst nicht die Danksagungen an alle Offiziellen, aber auch die vielen Ehrenamtlichen, die zum Gelingen des Heideblütenfestes beitragen. Mit bebender Stimme bedankt sie sich bei ihrer Familie und ihren Freunden, die sie zum Abschluss ihrer Regentschaft mit einem eigenen Wagen überrascht haben: „Wir feiern das Leben unter dem Meer - Eine Königin taucht ab!“ Thematisch wird auf ihre große Leidenschaft angespielt: Die Studentin der Meereswissenschaften taucht für ihr Leben gern. „Ich war total geflasht von dem Festwagen“, sagt sie. Mit Blick auf ihr Freundinnen-Quartett, das ihr in der Rolle der Ehrendamen das Jahr über zur Seite stand, sagt sie: „Wir sind Meisterinnen der schnellen Frisuren geworden.“ Persönlich erwähnt sie ihre Mutter, Oma und Opa, die ihr aktiv bei der Kleider- und Kronenpflege behilflich waren. Sie trete von dem Amt mit einem weinenden und einem lachenden Auge zurück. Es sei eine wunderschöne Zeit gewesen.
Kindheitstraum geht in Erfüllung
Im Prinzessinnenkleid mit tiefem Rückenausschnitt und einem weiten Rock schreitet ihre Nachfolgerin den Hang hinunter. Ein Kindheitstraum geht für Gehrke in Erfüllung. Schon im Alter von vier Jahren war die neue Heidekönigin im Höpental bei der Generalprobe des Theaterspiels. Sie sei von der Atmosphäre so begeistert gewesen, dass sie wusste eines Tages auch mal auf die Bühne schreiten zu wollen, um Umhang und Krone in Empfang zu nehmen. Souverän meistern die beiden Königinnen das Prozedere. Beide kennen sich aus Schulzeiten. Sie waren im gleichen Abi-Jahrgang an der KGS. Gehrke hat auch als Aktive beim TV Jahn an diversen Umzügen beim Heideblütenfest teilgenommen und weiß daher auch „die Mühen und Anstrengungen der Aktiven zu würdigen“.
Bürgermeisterin würdigt das Ehrenamt
Das große Engagement des Ehrenamtes stellt bereits die Bürgermeisterin beim Empfang am Vormittag heraus. „Das Fest wird überwiegend ehrenamtlich getragen!“ Sie erwähnt dabei besonders die Feuerwehren, die Wagenbauer, den Vorstand des Vereins Heideblüte und nicht zuletzt die Bereitschaft von jungen Frauen wie Cohrs und Gehrke, die sich für das Amt der Heidekönigin zur Verfügung stellen, ohne die könnte und würde es dieses Fest nicht geben. Doch sie kritisiert deutlich, dass viele Besucher, insbesondere Einheimische, nicht bereit seien, die Plaketten zu kaufen, die maßgeblich zur finanziellen Absicherung des Festprogramms beitragen. „Im Gegenteil, es wird mit der Feuerwehr über 5 Euro für eine Plakette am Festsonntag diskutiert (im Vorverkauf 4 Euro)“, empört sie sich. Durchschnittlich 25 000 Besucher zählt das Programm am Festsonntag, davon hätten gerade einmal 9000 eine Plakette gekauft. Die Einstellung vieler Einheimiescher sei, „dass man ja hier wohnt, hier seine Steuern zahlt und nicht bereit ist, auch noch Geld für einen Festumzug, ein Festspiel im Höpen und eine Krönung zu bezahlen. Die Stadt habe dafür zu sorgen“, klagt die Bürgermeisterin. Diese Haltung hat fast schon Tradition, wie sie selbst beim Lesen einer Postwurfsendung des damaligen Verkehrsvereins aus dem Jahr 1954 festgestellt habe. Darin wurde damals schon appelliert, dass „alle Schneverdinger Einwohner, sich der Mitarbeit an unserem größten Heimatfest nicht verschließen.“ Damit wurde damals die Erhöhung von 1,50 auf 2 DM erklärt. Wie viele Plaketten in diesem Jahr verkauft wurden, wird noch gezählt.