Mehr Vertrauen durch Transparenz bei Geldauflagen
„Judex non calcu- lat“ lautet ein geflügeltes Juristenwort: Der Richter rechnet nicht. Rechenfehler in Urteilen und Beschlüssen erwachsen nicht in Rechtskraft. Doch ganz so erhaben über den schnöden Mammon, wie es die lateinische Redewendung vermitteln möchte, sind die Frauen und Männer hinter den schweren Richtertischen nicht immer.
Gerade verurteilte das Landgericht Karlsruhe einen Richter wegen Bestechlichkeit und anderer Delikte zu einer Bewährungsstrafe. Oft kommt so etwas nicht vor, doch es erschüttert den Rechtsstaat in besonderer Weise, wenn ausgerechnet Gesetzeshüter ihn missachten. Es gilt, in diesem Bereich jeden Anschein von Mauscheleien zu vermeiden.
Entscheidung in richterlicher Unabhängigkeit
Der verurteilte Richter soll Angeklagten unter anderem mehrfach Geldzahlungen an einen Fußballclub aufgebrummt haben. Im Gegenzug ließ er sich von einem Vereinsvertreter zum Essen einladen. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf ein Einfallstor für Korruption im Justizsystem: Richter und Staatsanwälte verteilen sehr viel Geld, ohne dass ihnen jemand auf die Finger schaut. Es geht um die Einstellung von Strafverfahren gegen Geldauflage und Verurteilungen zu Geldstrafen. Das Geld fließt in die Staatskasse oder kommt gemeinnützigen Organisationen zugute. Im letzteren Fall legen Gerichte und Staatsanwaltschaften fest, wer bedacht wird. Die Empfängerauswahl durch das Gericht unterliegt dabei der richterlichen Unabhängigkeit.
Um für mehr Transparenz zu sorgen, hat das Recherchenetzwerk Correctiv.Lokal jetzt eine Datenbank mit allen zwischen 2017 und 2021 geförderten Organisationen und den Höhen der Zuwendungen ins Netz gestellt. Insgesamt wurden in dem Zeitraum mehr als eine Milliarde Euro verteilt.
Ein Indikator für nicht willkürliche Zuweisungen sind Empfänger, deren Arbeit einen Sachzusammenhang bestimm- ten Delikten aufweist. Ist ein Kind das Opfer, wird an den Kinderschutzbund gezahlt, bei Verkehrsdelikten profitiert die Verkehrswacht. Bei vielen Empfängern im Heidekreis liegen solche Zusammenhänge nahe. Bedacht wurden etwa der Kin- der- und Jugendhospizdienst Calluna, der Kreispräventionsrat und das Frauenhaus. Die mit Abstand größte Summe ging an den Verein Sprungbrett, der sich um straffällig gewordene Jugendliche kümmert (124.690 Euro). Zuletzt erhielt auch der Angeklagte im Prozess um die Brandstiftungen auf dem ehemaligen Endo-Klinikgelände in Schneverdingen die Auflage, dem Verein 1200 Euro zu überweisen.