Konkret vor Ort die Welt verbessern
Wer die Kooperative Gesamtschule (KGS) in Schneverdingen durch den Haupteingang betritt, der sollte sich im Windfang genauer umschauen: Zahlreiche Plaketten und Urkunden zeugen von einem engagierten und erfolgreichen Schulleben. Schule ohne Rassismus, Demokratieschule und Campusschule der Leuphana-Universität sind nur einige davon. Als Lehrer Marc Wellmann die Idee an Schulleiter Mani Taghi-Khani herantrug, sich beim Naturpark zu bewerben, war er zunächst unschlüssig, ob noch eine weitere Auszeichnung erwünscht sei. Denn sie verpflichtet auch. Doch der Schulleiter unterstützte das Vorhaben, sodass Fachlehrer Wellmann am Freitag die Urkunde von Naturpark-Mitarbeiterin Annika Drews-Shambroom entgegennehmen konnte.
Allein die Lage Schneverdingens, umgeben vom Naturschutzgebiet, lässt die Kooperation mit dem Naturpark als sehr naheliegend erscheinen, wie Landrat Jens Grote herausstellte. Für ihn sei es als Kind noch selbstverständlich gewesen, mit seinen Brüdern und Freunden „im Bachbett zu stehen und es aufzustauen“.
Es sei nur folgerichtig, dass die KGS Naturparkschule werde, schloss sich Bürgermeisterin Meike Moog-Steffens an, da mehr als die Hälfte vom Stadtgebiet im Naturschutzgebiet liege. Seit zwölf Jahren engagiert sich Moog-Steffens im Vorstand des Naturparks und erinnerte schon mal an den anstehenden Naturpark-Tag am kommenden Sonnabend, an dem das Entkusseln wieder zur Heide-Pflege beitragen soll.
Doch Naturpark-Schule zu werden, stellte Bundestagsabgeordneter Lars Klingbeil (SPD) heraus, sei noch mehr. An den Projekten erkannte er die gesellschaftspolitische Verantwortung, der sich die Schülerinnen und Schüler mit ihrem Engagement stellen. Wie wertvoll eine hohe Luftqualität ist, sei ihm erst wieder beim morgendlichen Kaffeegenuss auf der Terrasse in Munster bewusst geworden. Er stand unter dem Eindruck seiner Delhi-Reise. Dort lasse sich kaum atmen, weil die Luft so schlecht sei. Zudem kämpfe die Millionen-Metropole in Indien extrem mit der Last von Plastik, sodass bereits beim Anflug auf das Einfuhrverbot von Plastik hingewiesen wird. „Konkret vor Ort die Welt verbessern“, sei zudem sein Rezept, mit der „unklaren Weltlage“ umzugehen.
Stiftungswettbewerb wirkt wie ein Turbo
Wie ein Turbo für den Natur- und Umweltschutz hat im vergangenen Jahr der Wettbewerb der Adalbert-Zajadacz-Stiftung gewirkt. Am Projekttag hatten sich jahrgangsübergreifend Klassen unter dem Motto „Sei Stiftung für einen Tag!“ mit Konzeption und Umsetzung ihrer Ideen auseinandergesetzt. Die souveräne Schüler-Moderatorin Philine Meins stellte bei der Feierstunde heraus, dass die Stiftung insgesamt bereits rund 70 000 Euro an die KGS überwiesen habe. Kurz vor den Herbstferien haben die Mädchen und Jungen der Klasse 6g von Lehrerin Annika Gerlach zusammen mit Förster Olaf Lange 2500 Buchen und Eichen gepflanzt. Sie hätten die Wiederaufforstungsaktion wetterbedingt vorzeitig abbrechen müssen, wollten aber noch einmal die gleiche Menge an Bäumen in der nächsten Zeit in die Erde bringen.
Mit Plastik-Wiederverwertung beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler der Klasse 8r mit Lehrer Mark Steffens. Sie haben im Schulgebäude Sammelbehälter für verschiedene Arten von Plastik aufgestellt und konnten eine Aufbereitungsmaschine von der Initiative Precious Plastic anschaffen. In einem Film stellte die Schule weitere Aktivitäten wie Vogel- und Insektenhäuser Bauen, Blumenwiese Anlegen, Entkusseln, Rudern und Kunst aus Naturobjekten vor.
Die KGS ist damit die sechste Naturpark-Schule in der Lüneburger Heide, nach der Grund- und Oberschule Neuenkirchen die zweite im Heidekreis. Und wie sich herausstellte, ist sie bundesweit die größte Naturparkschule. Die hohe Schüleranzahl der weiterführenden Schule mache sogar eine Begrenzung auf die Sekundarstufe 1 nötig, so Drews-Shambroom. Nun gilt zunächst nur für die Mittelstufe, dass jeder Schüler und Lehrer mindestens einmal im Schuljahr an einer Aktion für den Natur- und Umweltschutz in der Lüneburger Heide teilnimmt. Ansonsten sei die Ausgestaltung sehr individuell, so die Mitarbeiterin für nachhaltige Bildung.
Von einem „maßgeschneiderten Konzept zwischen Schule und Naturpark“ sprach Anke von Fintel, stellvertretende Vorsitzende des Naturpark-Vorstands. Für die Umsetzung stünden der KGS jährlich 3000 Euro zur Verfügung, wobei Schule, Naturpark und der Landkreis als Schulträger die Budgetkosten zu gleichen Teilen übernehmen. Davon wird zum Beispiel der Eintritt und die Beförderung zum Wildtierpark Müden bezahlt, wo eines der Projekte angesiedelt ist, so Drews-Shambroom.
Netzwerk Naturpark-Schulen
Um Inhalte aus den Bereichen biologische Vielfalt, Natur und Landschaft, Kultur und Handwerk sowie Land- und Forstwirtschaft zu fördern, arbeitet der Naturpark Lüneburger Heide eng mit Schulen in der Region zusammen. Themen sollen regelmäßig im Unterricht behandelt werden oder auch in Exkursionen und Projekttagen. Des weiteren werden außerschulische Partner wie Förster, Naturschützer und Landwirte einbezogen, heißt es auf der Homepage www.naturpark-lueneburger-heide.de. Seit 2016 gibt es die Kooperation mit nunmehr sechs Naturpark-Schulen. Neben der jüngsten, der KGS, gehören die Grund-und Oberschule Neuenkirchen, die Grundschule Sprötze-Trelde, die Oberschule Hanstedt, die IGS Buchholz sowie die Aue-Grund-Schule Garstedt zu den hiesigen Naturparkschulen. Deutschlandweit gibt es aktuell 238 Naturpark-Schulen in 59 Naturparken.