Nicht jedes Manko senkt den Preis

Windräder verändern das Landschaftsbild: In einer Wohnsiedlung werden Windkraftanlage in der Nähe nicht als so störend wahrgenommen wie in einer Einzellage, so die Erfahrung von Makler Thomas Meyer aus Schneverdingen. Foto: Pixabay/Angelika Graczyk

Noch ist ein Windrad im Heidekreis relativ selten. Doch in naher Zukunft wird es ein Vielfaches von den Anlagen geben. Auch wenn die Investoren einen Abstand von einem Kilometer zur Wohnbebauung einhalten müssen, könnte Immobilienbesitzern ein Wertverlust drohen. Zwar sei es immer noch ein Traum für viele, mitten in der Natur in einer idyllischen Alleinlage zu leben, so Makler Thomas Meyer aus Schneverdingen, aber dass kein Zivilisationsbauwerk im Umfeld stehe, sei mittlerweile eher selten. Meyer, der seit 1996 in dem von seinem Vater Helmut gegründeten Geschäft tätig ist, hatte zwar noch kein Grundstück in der Nähe einer Windkraftanlage zu verkaufen. Aber eine Überlandleitung, eine Trafostation, ein Funkturm oder eine Biogasanlage hätten in der Vergangenheit sehr wohl schon mal eine Rolle gespielt.

Er erinnert sich zum Beispiel an den Protest in Wesseloh, als dort eine Biogasanlage gebaut werden sollte. Die Vorstellungen der Hamburger Stadtbevölkerung, die auf dem Land gebaut hat, sei auf die Bedürfnisse der Landbevölkerung gestoßen. Doch mittlerweile sei der Protest verstummt. Die Einstellung zu regenerativer Energie habe sich insgesamt gewandelt, so Meyer. Er stellt es bei sich selbst fest. Von der Investition in eine Solaranlage auf dem Dach ist er überzeugt, auch wenn sie sich bislang nicht rechnet.

Schlagschatten in westlicher Blickrichtung stört mehr Doch die Vorbehalte bei Windrädern sind größer: Der Betrieb verursacht Lärm, auch wenn die Technik fortschrittlich ist und es heißt, dass die neueren Anlage geräuschärmer seien. Zudem gibt es Schlagschatten. Wie stark er sich noch auswirkt, wenn die Anlagen einen Kilometer entfernt stehen, ist fraglich, auch die subjektive Belastung. Aber Meyer würde auf jeden Fall auf die Himmelsrichtung achten. Wer nach Westen auf ein Windrad schaut, müsse eher mit einem Schattenwurf bei untergehender Sonne rechnen. Ein Thema sei das Windrad eher in einer Einzellage. In einer Siedlung wirkt sich die Installation schon nicht mehr so erheblich aus.

Ob Windkraftanlagen die Ermittlung von Grundstückswerten beeinflussen, kann das Landesamt für Geoinformation und Landvermessung nicht bestätigen. Es liegen keine aussagekräftigen Daten dazu vor, heißt es auf Nachfrage. „Selbst über unseren ganzen Zuständigkeitsbereich finden wir nur vereinzelt Verkäufe, die sich solchen Flächen zuordnen lassen“, Dezernentin Katja Wulf. Eine Aussage über die Wertermittlung ließe sich daraus leider nicht ableiten.

Wunschpreis trotz Anlage in Sichtweite nicht unrealistisch Ob die Immobilie wirklich einen Wertverlust beim Verkauf erleidet, sei längst nicht gesagt. „Nicht jede theoretische Beeinträchtigung führt zu einer Preisreduzierung“, so Meyers Erfahrung. Deshalb sollten potenzielle Verkäufer aber auf keinen Fall von vornherein mit dem Preis runtergehen, rät er. Es könne zwar den Interessenkreis verkleinern, im Notfall brauche er als Makler etwas länger für den Verkauf, aber unwahrscheinlich, dass es zum Wunschpreis zum Notar gehe, sei es keinesfalls.

An Häusern mangelt es Thomas Meyer derzeit nicht. „Sonst hatte ich nie genug Objekte“, berichtet der Makler aus Schneverdingen, „und die potenziellen Käufer haben mir die Bude eingerannt.“ Seit Mai vergangenen Jahres habe sich die Lage komplett gedreht. Jetzt müsse er um die Käufer werben. Dass sich die Voraussetzungen geändert haben, sei den Folgen des Angriffskriegs auf die Ukraine zuzuschreiben. „Wir kommen von einer Immobilien-Hochphase.“ Nun sei es so, dass viele Familien sich eine Baufinanzierung nicht mehr leisten können und sich deshalb eher für ein gebrauchtes Haus interessierten oder weiterhin zur Miete wohnen würden. Die Heizungsanlage falle viel stärker ins Gewicht als ein Windrad. „Das ist ein Riesenthema“, so Meyer. Er habe gerade ein Objekt im Verkauf, bei dem er aufgrund einer alten Öl-Heizung 15 000 Euro vom Verkaufspreis abzieht, um den Käufern damit die Investition einer Pellet-Anlage zu ermöglichen.

Julia Dührkop