Sechseinhalb Jahre für Michael I.

Dem Publikum den Rücken zugewandt wartet Michael I. auf die Eröffnung des letzten Prozesstags mit Blick auf ein Bild des Malers Ferdinand Brutt mit der Darstellung einer historischen Gerichtsszene.

Sechs Jahre und sechs Monate wegen schwerer Brandstiftung in einem Fall sowie Brandstiftung in weiteren zwei Fällen: Mit einer hohen Haftstrafe endete nach vier Verhandlungstagen am gestrigen Montag der Prozess gegen Michael I. vor dem Lüneburger Landgericht. Dort musste sich der heute 57-Jährige als Verursacher der Brände auf dem Hof in Lünzenbrockhof am 24. April (als schwere und als „normale“ Brandstiftung zweifach bewertet) sowie am 23. Juni 2021 verantworten.

"Tat zumindest objektiv eingeräumt"

Mit diesem Urteil ging die von der Vorsitzenden Richterin Dr. Lidia Mumm geleitete 2. große Strafkammer deutlich über Staatsanwältin Wiebke Bethke hinaus, die in ihrem Plädoyer eine zweijährige Strafe beantragt hatte, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Aus Sicht der Staatsanwältin sollte damit nur der zweite, dank des beherzten Eingreifens durch einen Nachbarn glimpflich ausgegangene Brand vom 23. Juni geahndet werden. Da hielt die Anklägerin I.s Täterschaft für eindeutig belegt. Bei dem vorangegangenen verheerenden Großbrand mit sehr hohem Sachschaden zwei Monate zuvor habe die Beweisaufnahme I.s Täterschaft trotz zahlreicher Verdachtsmomente dagegen nicht eindeutig nachweisen können, sodass sie nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ für einen Freispruch von diesem schwerwiegenden Vorwurf plädierte. Doch dieser Sicht wollte das Gericht nicht folgen und setzte ein deutlich höheres Strafmaß: sechs Jahre für das Brandereignis am 24. April und sechs Monate für den zweiten verhandelten Fall. Da sei man sechs Monate unter der zu verhängenden Mindeststrafmaß bei derartigen Fällen von einem Jahr geblieben, weil der Angeklagte bisher ohne Vorstrafe war und die Tat zumindest „objektiv eingeräumt“ habe, wie es Richterin Mumm formulierte. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht.“ Nach Überzeugung des Gerichts gebe es aber keine Zweifel, dass der Angeklagte in beiden Fällen der Täter war.

Berufung ist noch möglich

Michael I. konnte das Gerichtsgebäude nach dem Urteilsspruch dennoch an der Seite seiner Ehefrau verlassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Innerhalb einer Woche kann die Verteidigung Berufung einlegen. Darüber müsse sie zunächst mit ihrem Mandanten beraten, wollte sich dessen Anwältin Uta Petschull noch nicht festlegen.

Auf eine Konsequenz muss sich der Verurteilte bereits einstellen. Hofeigentümer Cord-Christian H., kündigte noch vor dem Gerichtsgebäude an, dass er I. die Wohnung nun fristlos kündigen werde. Seit 2019 hatte der nunmehr Verurteilte mit seiner Familie in dem von mehreren Parteien bewohnten Mehrfamilienhaus in Lünzenbrockhof gewohnt.

Millionenschaden beim ersten Großbrand

Am Sonnabendnachmittag des 24. April 2021 wurden Aktive von 17 Feuerwehren im Heidekreis alarmiert. Auf einer Hofstelle in Lünzenbrockhof stand eine Scheune in hellen Flammen, die sich schnell ein Betonsilo, zwei landwirtschaftliche Nebengebäude sowie ein Wohngebäude ausbreiteten und die Gebäude Brand und erheblich, teilweise komplett zerstörten. 200 Feuerwehrleute verhinderten ein Überspringen auf einen Schweinestall sowie ein weiteres Mehrfamilien-Wohngebäude. Das Einfamilienhaus war komplett unbewohnbar geworden. Es musste abgerissen werden und wird zurzeit neu gebaut. Der Gesamtschaden beläuft sich nach Gutachterangaben auf etwa 1,3 Millionen Euro und ist nur zum Teil durch die Versicherungen gedeckt.

Am 23. Juni brannte es auf dem Hof erneut. Ein Heuballen auf einem Anhänger hatte Feuer gefangen, das durch das Eingreifen eines Nachbarn ohne größeren Folgen schnell gelöscht werden konnte. Als Verursacher wurde bei den Ermittlungen Michael I. aufgrund von Videoaufnahmen identifiziert. Er geriet daraufhin auch als Verantwortlicher des verheerenden Großbrands vom 24. April in Verdacht und musste sich seit in einem Prozess vor dem Landgericht in beiden Fällen verantworten.