Atomkrieg? Wie der Heidekreis darauf vorbereitet ist

Sirene am Schneverdinger Holzfeld.

Mit dem Ukraine-Krieg rückt auch die Gefahr einer Ausweitung des Konflikts auf weitere Staaten Europas und somit eine Einbeziehung der Nato in denkbare Nähe. Der russische Staatspräsident und Oberbefehlshaber der Invasionsarmee Wladimir Putin hat insbesondere gegenüber der Nato rhetorisch vor Augen geführt, dass er bereit sei, auch Nuklearwaffen einzusetzen. Putin hat zur Untermauerung die Warnstufe auf die zweite von insgesamt vier Stufen erhöht. Auch UN-Generalsekretär António Guterres will die Möglichkeit des Atomkriegs nicht mehr ausschließen. Dennoch: Experten sehen gleichwohl keinen Grund dafür, dass ein nukleares Endzeitszenario realistisch sei. Russland müsste sich nämlich selbst auf einen vernichtenden Zweitschlag einstellen.

Russische Iskander-Raketen könnten Berlin erreichen

Die Debatte selbst eröffnet aber die Frage, inwieweit ist der Heidekreis auf ein solches Szenario vorbereitet. Die aus Sicht des Heidekreises nächstliegenden Atomwaffen, soweit sie nicht zur See auf Ubooten an jedes beliebige Ziel gebracht werden können, sind seit 2018 im Osten des Königsberger Gebiets (Kaliningradskaja Oblast) nahe dem polnischen Städtchen Goldap stationiert. Dabei handelt es sich um Iskander-Raketen - Kurzstreckenraketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern, die auch Berlin erreichen könnten.

Westliche Geheimdienste sollen laut der Tageszeitung Die Welt aber auch wieder in Stellung gebrachte russische Mittelstreckenraketen vom Typ SSC-8 ausgemacht haben. Diese Raketen könnten jedes Ziel in Deutschland erreichen, auch den niedersächsischen Heidekreis. Die Truppenübungsplätze bei Munster sind immerhin potenzielle Ziele, weil für die Nato militärisch relevant.

Sirenennetz im Heidekreis wurde nie abgebaut

Damit stellt sich Frage, was eigentlich passiert, wenn der Ernstfall eines Atomkriegs eintritt. Wie wird vorgewarnt, wie die Bevölkerung beschützt? Der Heidekreis hat sein bestehendes Sirenennetz erhalten und steht laut Kreisverwaltung der Bevölkerung auch zur Verfügung. An diesem Punkt ist der Heidekreis offensichtlich besser aufgestellt als andere Gebietskörperschaften. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnte jedenfalls, es existiere „kein Alarmsystem, um die Bevölkerung zu informieren“.

Zusätzlich, so die Kreisverwaltung, wird die Warn-App Biwapp genutzt. Hinzukommt das Modulare Warnsystem (Mowas), über das Warnmeldungen über die Warn-Apps sowie über den Rundfunk verbreitet werden können. Konkrete Übungen von militärischen Konfliktszenarien mit THW, Streitkräften, Feuerwehren, Kliniken und Polizei seien in den letzten Jahren aber nicht durchgeführt worden. „Grundsätzlich sind alle Hilfsorganisationen aber auf die Evakuierung und Aufnahme einer größeren Zahl von Menschen vorbereitet“, so Kreissprecherin Sandra Michaelis. Auch werde die Versorgung einer größeren Zahl Verletzter regelmäßig auch mit dem HKK trainiert.

Evakuierungspläne ja, Bunker nein

Es gebe darüber hinaus Vorplanungen zur Evakuierung und Aufnahme von Teilen der Bevölkerung. Dabei geht es offensichtlich nicht nur Negativereignisse rund um den Dethlinger Teich. Denn die Evakuierungsplanungen gebe es für alle Kommunen im Heidekreis, macht die Kreisverwaltung deutlich. Dabei würden zunächst Sammelräume und Notunterkünfte gebildet, um dann eine längerfristige Unterbringung einzuleiten.

Bunkeranlagen für die Bevölkerung gibt es im Heidekreis übrigens nicht. Ein früheres Notklinikum aus den Zeiten des Kalten Krieges, das 1977 unter dem Walsroder Schulzentrum für 616 Patienten und 186 Mitarbeiter unter einer 70 Zentimeter dicken Betondecke eingerichtet worden war, existiert nicht mehr. Das unterirdische Krankenhaus wurde ab 1996 sukzessive zurückgebaut, das Sanitätsmaterial übrigens nach Königsberg und die Betten nach Kasachstan transportiert.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hat einen Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen veröffentlicht und empfiehlt unter anderem die Bevorratung von Lebensmitteln und Getränken sowie das Anlegen einer Hausapotheke oder die Vorbereitung eines Notgepäcks. Eine entsprechende Checkliste bietet das BBK im Download-Bereich seiner Internetseite an, auf der die Notfallreserve für zehn Tage anzulegen empfohlen wird. „Grundsätzlich gilt, dass all diese Vorsorgemaßnahmen sowohl in einem Katastrophenfall als auch in einem Spannungs- oder Verteidigungsfall hilfreich sind“, so das BBK.