Bei Nacht und Nebel mit dem Auto auf die Pirsch
Illegal Jagen geht heute ganz schnell. Vorwiegend nachts fahren Wilderer mit dem Auto ins Waldgebiet – blenden das Licht der Scheinwerfer auf, um das Wild aufzuschrecken. Geschossen wird meist mit kleinkalibriger Waffe plus Schalldämpfer aus dem Fahrzeug heraus. Aufladen und weg. Die Kugeln treffen dabei nicht immer tödlich. Dann läuft das angeschossene Tier weg und verendet nach einigen Stunden qualvoll. Rücksicht auf Tierschutz, Schonzeiten oder Muttertiere – Fehlanzeige, berichtet Kreisjägermeister Wolfgang von Wieding.
Wilderei ist nach Paragraph 292 Strafgesetzbuch verboten. Wer Wild nachstellt, fängt, erlegt, sich oder einem Dritten zueignet und dabei entweder fremdes Jagdrecht verletzt oder ohne dass ihm ein Jagdausübungsrecht mit gültigem Jagdschein zusteht, macht sich strafbar. Als besonders schwere Fälle gelten zusätzlich, wenn Wild zur Nacht- und Schonzeit, mit Schlingen, gemeinschaftlich mit mehreren Schusswaffen gewerbs- oder gewohnheitsmäßig erlegt wird. In Deutschland zählt die polizeiliche Kriminalstatistik rund 1000 Fälle von Jagdwilderei im Jahr. Von der Landesjägerschaft Niedersachsen berichtet deren Sprecher Florian Rölfing, dass im Bundesland das Thema Wilderei kein flächendeckendes sei. „Es gibt diese Fälle von Wilderei, aber eher als Einzelfälle in einem statistisch untergeordneten Bereich.“ Die Kriminalstatistik des Landes zeigt 2019 zu 2020 einen Anstieg von 70 auf 102 Fälle an, lediglich rund ein Drittel, 24 und 37 Fälle, wurden jeweils aufgeklärt. Bei 44 angezeigten Fällen wurde 2020 eine Schusswaffe eingesetzt. Insgesamt waren jeweils deutlich mehr Männer als Frauen tatverdächtig.
Für den Heidekreis berichtet Kreisjägermeister von Wieding folglich ebenfalls von Einzelfällen. Die Polizeiinspektion Heidekreis (Pol HK) gab auf Anfrage der BZ an, dass in den vergangenen fünf Jahren keine bis vier Fälle von Wilderei pro Jahr, inklusive Versuche, bei der Polizei angezeigt wurden. 2021 waren es vier, 2018 und 2019 jeweils zwei. 2018 fotografierte eine Wildkamera Personen, die mit einer Langwaffe anscheinemd dem Wild nachstellten. „Hier ging man von einem Versuch aus, da es keine Hinweise auf eine Vollendung gab“, so Pressesprecher Olaf Rothardt. Dazu kommen 2017 und 2020 zwei Wildunfälle bei Neuenkirchen und Walsrode, bei denen jeweils ein Damwild-Kadaver von Unbekannten entfernt wurde.
Man kann eine hohe Meldequote unterstellen
Polizeisprecher Rothardt schreibt dazu: „Wildunfälle werden grundsätzlich bei der Polizei oder dem zuständigen Jagdausübungsberechtigten gemeldet, um seitens des Unfallbeteiligten einen Nachweis zu erhalten, aus dem die Versicherung entnehmen kann, dass es einen Unfall gegeben hat. Man kann hier eine hohe Meldequote unterstellen, da ein berechtigtes Interesse besteht, den Schaden ersetzt zu bekommen. Wird der Unfall von der Polizei aufgenommen, informieren wir im Nachgang den Pächter oder Eigentümer eines Jagdreviers, damit dieser sich um den Kadaver kümmert. Demzufolge stellt er auch fest, wenn ein Kadaver entfernt wurde.“ Dann gilt der Wildunfall auch als Delikt der Jagdwilderei.
„Nur weil keine Fälle bekannt werden, heißt es nicht, dass keine Wilderei passiert“, so Knuth Sierk von den Niedersächsischen Landesforsten. „Wildtiere sind herrenlos und können das Revier wechseln.“ Auch die Polizei geht von einer Dunkelziffer aus, über die sie aber nicht spekuliert.
Wenn in einem Revier Schüsse fallen, stellt sich die Frage von wem sie ausgehen, sagte Sierk. Können sie keinem Jagdausübungsberechtigten zugeordnet werden, ist das ein Indiz für Wilderei. Aber abhängig von Wind und Wetterlage können sie schwer einzuordnen sein. Auch moderne Schalldämpfer beeinträchtigen die Lokalisierung. „Die Revierinhaber passen aufeinander auf“, so von Wieding, „fragen ungeklärte Fälle von Schüssen ab.“ Die Schussverletzungen bei tot aufgefundenem Wild zeigen Fälle von Wilderei an, wenn die Kugeln zu kleinkalibrigen Waffen gehören. Jäger schießen stattdessen mit großen, auf Wild zugelassenen Gewehren, die bei Transport und Verwahrung regelgerecht gesichert werden müssen. Techniken mit Netzen und Schlingen kommen ebenso als illegale Techniken zum Einsatz, um Wild zu erlegen.
Es ist streng verboten, vom Auto aus und mit dem Lichtkegel zu jagen. Kommt das in einem Revier vermehrt vor, reagiert das Wild besonders scheu gegenüber vorbeifahrenden Autos. Dies sei ein Indiz für Wilderei im Gebiet, berichten Sierk und von Wieding. Im Heidekreis beobachtet von Wieding bisher, dass das Wild draußen ruhig steht. Das sei ein gutes Zeich