Fahrradhandel - Markt ist noch immer angespannt
Deutschland entwickelt sich immer mehr zu einem Fahrradland – doch das ist in Coronazeiten nicht ohne Herausforderungen, wie eine Umfrage bei Händlern und Radverleih-Anbietern im Heidekreis belegt.
Händler hat unter 50 % Lagerbestand
Der Munsteraner Zweiradhändler Rolf Drewes ist noch relativ gut aufgestellt, hat statt den sonst üblichen 200 Fahrrädern immerhin noch rund 70 bis 80 auf Lager, sodass er seinen Kunden immerhin noch eine gewisse Auswahl anbieten kann. „95 Prozent sind E-Bikes, normale Fahrräder gehen fast gar nicht mehr – allenfalls Kinderräder und Mountain-Bikes“, so Drewes. Es gebe aber Kollegen im Kreis, die keine E-Bikes mehr anbieten könnten.
Einerseits hat der Corona-Lockdown für eine Art Natur-Boom und eine enorme Nachfrage nach Zweirädern gesorgt, denn das Radfahren war in den vergangenen zwei Jahren weitgehend erlaubt. Auf der anderen Seite haben vor allem die Hersteller Probleme, weil auf in Asien hergestellte Teile, etwa von Shimano, inzwischen Lieferzeiten von bis zu 700 Tagen festgelegt werden, je nach gewünschtem Teil. Shimano habe drei große Werke, erklärt Drewes, von denen zwei pandemiebedingt geschlossen seien. Erst ab Spätherbst soll die Produktion wieder voll ausgelastet laufen. Hinzukäme, so Drewes, dass Frachtwege Engpässe aufwiesen, Container knapp seien.
Übersee-Logistik deutlich teurer geworden
Die Preise für Fracht und Logistik sind um den Faktor 2 bis 15 gestiegen. Das Ausbleiben der Passagierflüge ist ebenfalls ein Problem, da viel Fracht auch über die den Frachtraum der Jets abgewickelt wird. Man lerne gerade in der Branche, wie wichtig eine frühzeitige Planung sei, sieht man seitens des Komponentenherstellers Messingschlager dabei durchaus einen positiven Effekt.
Hans-Heinrich Schultz vom gleichnamigen Fahrradgeschäft in Soltau sieht eine leichte Entspannung bei Gummiteilen, wie Schläuchen und Mänteln. „Das geht langsam wieder.“ Er habe lange Zeit gar nicht auf Marken achten können, sondern musste gucken, was überhaupt noch zu bekommen sei. „Sonderbestellungen bei Rädern gehen gar nicht.“ Wenn da jemand eine besondere Farbe zu einem konkreten Modell haben wolle, sei das im Zweifel schlichtweg nicht möglich.
Auch der Fahrradverleih bekommt die Engpässe zu spüren. „Wir haben in der Saison ein paar Tausend Verleihungen“, berichtet Heinz Scheer von Bienes Fahrradverleih in Schneverdingen. „Das läuft gut, aber es ist schwierig, Ersatzteile in einem vernünftigen Zeitrahmen zu bekommen.“
Wer sich ein hochwertiges E-Bike nicht leisten könne, aber auch nicht auf einen Verleih ausweichen wolle, dem böte sich noch das Fahrrad-Leasing an. "Statt 4000 Euro auf einen Schlag zahlt man dann eben bequem 60 Euro monatlich", erklärt Drewes das Grundprinzip des anziehenden Geschäftsmodells.
Handel: Früh ordern hilft
Im Jahr 2020 wurden 5,04 Millionen Fahrräder verkauft, 38,7 Prozent vom Gesamtabsatz betreffen E-Bikes. Es gibt inzwischen Hersteller, die zurzeit gar nicht mehr liefern können.
Der Munsteraner Fahrradhändler Rolf Drewes hat bereits im vergangenen Mai für 2022 bestellt, um abgesichert zu sein und seine Kunden bedienen zu können. „Es gibt Messen, da findet der Abverkauf der Produktion zu 80 Prozent am ersten Messetag statt. Der angespannte Markt wirkt sich auch auf die Preise für Räder und Ersatzteile aus. Der Preisanstieg für Räder und E-Bikes sind um rund 15 Prozent gestiegen.