Wolfszäune bringen Stadt und Land zusammen
Der Schutz des Wolfes und landwirtschaftliche Tierhaltung stehen sich scheinbar unvereinbar gegenüber. Rufe nach einer Abschussfreigabe werden laut, wenn Wölfe Herdentiere reißen. Tierschützer lehnen das ab. Doch es gibt in Niedersachsen ein Programm, das eine Koexistenz von Mensch und Wolf machbar werden lassen und zugleich den Kontakt zwischen Tierhaltern und Artenschützern anstoßen soll - das Projekt „Herdenschutz Niedersachsen“ vom Nabu unterstützt seit 2017 die Förderung des Landes zur Vorsorge von Wolfsangriffen. 2021 begann der neue Projektzeitraum, finanziert vom Land Niedersachsen, von der deutschen Postcode Lotterie und dem WWF Deutschland.
Projekt des Nabu hilft beim Aufbau und berät Landwirte
Vergangene Woche halfen sieben geschulte Ehrenamtliche des Nabu auf dem Hof der Familie Witthöft beim Aufbau eines Schutzzauns. Hier sollen bald wieder Rinder ihr Winterquartier an der frischen Luft beziehen können. Mit mindestens drei amtlich bestätigten Rissen in einem Jahr und 30 Kilometer Umkreis ist der Sonderfall der Richtlinie Wolf erfüllt, dass neben dem Schutz von Schafen auch der für Rinder gefördert wird, auch wenn ein Hof selbst nicht betroffen ist. Im Falle des Hofes Witthöft deckt die Förderung die Kosten von 4000 Euro für 600 Meter Zaun.
Das Projekt des Nabu unterstützt aber auch den Aufbau von Netzwerken und berät die Landwirte vor Ort. „Solch ein Zaun wirkt auf dem ersten Blick eher unscheinbar“, sagt Umweltbildnerin Annette Siegert aus Bremen, die seit fünf Jahren dabei ist. Der Elektrozaun ist 1,20 Meter hoch, steht aber unter einer Stromspannung von 6 000 Volt. Für die Funktionsfähigkeit sollte das Gras nicht an die unterste Strebe heranwachsen und Träckerprofile sollten eingeebnet werden.
Noch wenige Schutzzäune in Wietzendorf
350 Flächen hat der „Herdenschutz Niedersachsen“ bisher mit Schutzzäunen versorgt. „In Wietzendorf sind es noch wenige“, berichtet Steffen Witthöft. Seine Motivation ist das Projekt in der Region bekannter zu machen. Der Hof begann damit vor zwei Jahren. „Für mich ist es eine Herzensangelegenheit. Ein Stück zurück zur Natur in der Tierhaltung. Wir sind nicht per se gegen den Wolf, sondern für eine vernünftige Koexistenz.“
Die Helfer kommen überwiegend aus dem städtischen Umfeld und sind auf sehr unterschiedlichen Kenntnisständen. „Heute hatten wir ein Team da, das bereits alles konnte. Es war eine gute Zusammenarbeit. Jeder Handgriff saß“, sagt Siegert. Timo Nolte, aus Hannover, ist seit einem halben Jahr dabei: „Das Projekt erweitert den eigenen Horizont durch die Gespräche miteinander. So kommen die verschiedene Meinungen und Ideen von Stadt und Land zum Wolf in den Austausch.“