Kreissparkasse und Volksbank ziehen unter ein Dach
Um auch auf den Dörfern in Zukunft ein Bank-Angebot weiter vorzuhalten, setzen die Kreissparkasse Soltau und die Volksbank Lüneburger Heide auf ein deutschlandweit bislang wohl einmaliges Konzept. In Neuenkirchen und Wietzendorf werden die beiden Kreditinstitute ab Februar 2022 jeweils eine Filiale gemeinsam betreiben.
In Wietzendorf ziehen die Banken unter das bisherige Dach der Kreissparkasse, in Neuenkirchen gemeinsam unter das der Volksbank. Beide Häuser sollen als sogenannte Terminfilialen starten, das heißt, dass nur mit Voranmeldung ein Beratungsgespräch stattfinden wird, zu dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den größeren Filialen in Soltau oder Munster kommen werden. Weitere Fachleute könnten zudem via Videochat zugeschaltet werden.
Je nach Terminlage könne die Filiale auch längere Zeit besetzt sein. Fest steht, dass die beiden Institute weiterhin getrennte Räumlichkeiten vorhalten – wie auch getrennte Bereiche für Kontoauszugsdrucker und Bankautomaten. Personal werde in dem Zuge nicht abgebaut, heißt es aus beiden Häusern.
„Wir haben die Blau-Rote-Brücke überwunden“, erklärt Volksbank-Vorstand Gerd-Ulrich Cohrs angesichts der jeweiligen Unternehmensfarben und der natürlich auch weiterhin bestehenden Wettbewerbssituation in der Region. Andernorts aber würden immer mehr Banken ihre Filialen schließen oder übernähmen Kreditinstitute das Geschäft, die nur im Internet vertreten seien. „Bei allen technischen Möglichkeiten, uns ist viel daran gelegen, vor Ort für die Menschen erreichbar zu bleiben“, erklärt Kreissparkassen-Vorstand Dr. Matthias Bergmann.
Beide Kreditinstitute hätten festgestellt, dass immer weniger Menschen in die Geschäftsstellen kämen: Vor allem Standardhandlungen würden inzwischen fast ausschließlich online abgewickelt. Da habe auch die Coronazeit noch einmal für einen Schub gesorgt.
Trends, die sich vor allem für kleinere Orte negativ auswirken würden. Deshalb, so Cohrs, habe man sich frühzeitig miteinander verständigt, mit dem Anspruch als regionale Bank weiterhin vor Ort erlebbar sein zu wollen. So hätten Volksbank und Kreissparkasse schnell erkannt, dass die Interessenlage ähnlich sei.
Zudem, so Cohrs, sei der Beratungsbedarf insgesamt eben nicht zurückgegangen. Gerade bei komplexen Anfragen wie Wohnungskäufen oder Anlagengeschäften sei das Gespräch und das Vertrauen zum Berater gefragt. „Wir nutzen das Zukunftsmodell Terminfiliale, das unter einer Gebäudehülle zwei Geschäftsstellen bietet“, so Bergmann.
Start am 1. Februar 2022
Noch starten die neuen Terminfilialen nicht. In Wietzendorf in der bisherigen Kreissparkassen und in Neuenkirchen in der Volksbank-Filiale sind noch erhebliche Umbauarbeiten notwendig. Diese sollen in den nächsten Wochen beginnen. Insbesondere gelte es, einheitliche Technik zu installieren. In dieser Zeit können die Kontoauszugsdrucker sowie die Geldautomaten weiterhin uneingeschränkt genutzt werden, Beratungen finden in der nächstgelegeneren Filiale statt.
Zum 1. Februar 2022 sollen die gemeinsamen Filialen von Volksbank Lüneburger Heide und Kreissparkasse in den beiden Kommunen an den Start gehen kann. Voraussichtlich können dann Termine im Zeitraum zwischen 8 und 19.30 Uhr vereinbart werden. Für die beiden dann leergezogenen Filialen werde es eine Nachnutzung geben, sind die die Vorstände der Kreditinstitute sicher.
Historischer Schritt unter Konkurrenten
Über den neuen gemeinsamen Filialen von Volksbank Lüneburger Heide und Kreissparkasse Soltau in Wietzendorf und Neuenkirchen werden auch beide Schriftzüge leuchten. Im Inneren soll für die Kunden anhand der unterschiedlichen Firmenfarben deutlich nachvollziehbar sein, in welchem Bereich sie ihre Geldgeschäfte abwickeln können. Sowohl Volksbank-Vorstand Gerd-Ulrich Cohrs, als auch Kreissparkassen-Chef Dr. Matthias Bergmann wissen um die Einmaligkeit dieses Angebots auf den beiden Dörfern. Nur im Frankfurter Raum, so Bergmann, gebe es ein ähnliches Modell, in dem Volksbank und Kreissparkasse sich aber tageweise vor Ort abwechselten.
„Wir handeln zur rechten Zeit“, ist sich Bergmann sicher und betont zudem für die Kreissparkasse, aber auch für die Volksbank ein „kerngesundes Unternehmen“ zu sein, dass sich aber im Wandel befinde. Das bedeute vor allem, dass vieles digital abgewickelt werde, 95 Prozent aller Haushalte hätten mittlerweile ein Smartphone oder ein Tablet.
Um die Kunden mitzunehmen, werde es in Wietzendorf und Neuenkirchen Informationsveranstaltungen geben. Zudem wolle man gemeinsam mit den örtlichen Seniorenbeiräten und der Volkshochschule weitere Angebote zum Online-Banking auflegen.
Keine dauerhafte Besetzung der Filialen mehr
Die bisherigen Kolleginnen und Kollegen in Wietzendorf und Neuenkirchen aber, das steht fest, werden nicht mehr dauerhaft vor Ort sein. Laut Cohrs würden die Bankfachleute in anderen Funktionen weiter tätig. Auch die Mitarbeiter hätten registriert, dass man sich an neue Bedingungen anpassen müsse. Die Akzeptanz sei da, so Cohrs. Er nannte den Schritt historisch. Vor fünf, zehn Jahren habe sich niemand vorstellen können, dass die beiden Kreditinstitute zusammenarbeiteten. Jetzt müsse man anpassungsfähig sein, alte Grenzen über Bord schmeißen, um für die Kunden weiter dazu zu sein „und sie nicht dem Markt ausliefern zu müssen“. Meist gebe es andernorts nur noch Filialschließungskonzepte oder Internetbanken, die gar keine persönlichen Ansprechpartner mehr böten. Dieser Weg sei ein guter Mittelweg, findet Cohrs.
Das betont auch Kreissparkassen-Vorstand Bergmann. Auch er könne auf eine breite Unterstützung für den Schritt in der Belegschaft setzen. Der Personalrat habe die Zusammenarbeit als innovatives Konzept bezeichnet. Er legte sich für die Terminfilialen für Neuenkirchen und Wietzendorf auf zehn Jahre fest. Was danach komme, sei offen. Die Konkurrenzsituation bleibe bestehen, da werde und könne jeder seine Stärke ausspielen, betont Volksbank-Regionaldirektor André Pannier.
Dass auch in anderen Regionen Bewegung im Markt sei, bestätigte Cohrs. Auch einer Zusammenarbeit mit der Kreissparkasse Walsrode stehe man offen gegenüber. Konkrete Pläne für andere Kommunen gebe es aber bislang nicht.