Kreistag beschließt erweiterte Satzung für „Böhmeaue“

Die Randbereiche der Böhme mit einer Fläche von 1272 Hektar stehen jetzt durchgehend unter Schutz.

Die Randbereiche der Böhme mit einer Fläche von 1272 Hektar stehen jetzt durchgehend unter Schutz.

Männer, in die Boote. Genauer ins Kajak. Vor der für letzten Freitag anberaumten Kreistagsentscheidung über die Satzung des Landschaftsschutzgebiets (LSG) „Böhmeaue“ unternahmen der Vorsitzende des Umweltausschusses, Gerhard Meyer (CDU), Kreisrat Oliver Schulze und Markus Heine als Leiter der Unteren Naturschutzbehörde eine Paddeltour flussabwärts von Dorfmark bis Bad Fallingbostel, wo die Böhme einen niedrigeren Wasserstand hat als in anderen Bereichen.

Ziel war es zu erkunden, ob es möglich sei, das bei Einheimischen und Besuchern beliebte Fließgewässer über die vorgesehenen Öffnungszeiten hinaus für Wassersportler freizugeben. Ergebnis: Das ist grundsätzlich möglich, sofern es die Wasserverhältnisse erlauben. Allerdings wird es eine Unterscheidung des Begriffs Kanu in „Kanadier“ und „Kajaks“ geben. „Zusätzlich ist das Befahren der Böhme ab der Einstiegsstelle Tetendorf flussabwärts ausschließlich mit Kanadiern und Kajaks in der Zeit vom 16. Juli bis 28./29. Februar erlaubt, mit Kanadiern allerdings nur soweit der Wasserstand am Pegel Brock einen Mindestwasserstand von 145 Zentimeter nicht unterschreitet, mit Einer- und Zweierkajaks, sofern der Pegel nicht unterhalb von 140 Zentimeter liegt“, heißt es jetzt. Der Grund: Kanadier werden mit tiefer in das Wasser, häufig in den Untergrund eingreifende Stechpaddeln angetrieben, wodurch es eher zu einer Grundberührung kommt, während Kajaks mit flach ins Wasser eintauchenden Doppelpaddeln bewegt werden.

Wie bei dem vor drei Monaten per Kreistags-Satzungsbeschluss abgeschlossenen Verfahren zur Unterschutzstellung des Aller-Leine-Tals (ALT) muss der Landkreis die seinem Gebiet liegenden Teile des FHH-Gebietes 77 „Böhme“ als Bestandteil des Schutzgebietsnetzes Natura-2000 als geschützte Teile von Natur- und Landschaft ausweisen. Das LSG „Böhmeaue“ erstreckt sich auf Flusslänge von Schneverdingen bis zur Einmündung in die Aller und umfasst etwa 1710 Hektar. Damit werde ein 70 Kilometer langes Vernetzungsband entlang der Böhme entstehen, begrüßen die Grünen laut Dietrich Wiedemann die durchgehende Unterschutzstellung von der Quelle bis zur Mündung. Positiv sei, dass es keine „Zerstückelung in Nord und Süd“ geben werde.

Grüne fordern Ausweisung als Naturschutzgebiet

Dennoch werde seine Fraktion gegen die Vorlage stimmen, kündigte der Soltauer an, weil ein Landschaftsschutzgebiet aus Sicht der Grünen nicht ausreichend sei. Sie fordern die Ausweisung eines NSG, denn die Böhme sei besäumt von alten Waldstandorten, die die Heidebauernwirtschaft überstanden hätten und als Biotope seit Jahrhunderten bestehen würden. „Dazwischen liegt zudem mesophiles Grünland, das der Kreis an der Aller und im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide unter Naturschutz stellt, nicht aber an der Böhme“. „Da ist etwas aus dem Paddel geraten“ erklärte Tanja Kühne (FDP) die Ablehnung beziehungsweise Enthaltung durch ihre Gruppe. Sie monierte, dass nur an einem Standort ein Pegelstand ermittelt werden könne, weil der Kreis die anderen Pegelmessstellen 20 Jahre nicht gepflegt habe.

Werner Schoppan (WBL/BBB) bezeichnete es angesichts der Bedeutung der Böhme für den Fremdenverkehr als wichtig, dass es ein LSG mit vergleichsweise geringen Auflagengeben solle: „Ich möchte kein Naturschutzgebiet haben, das man nur durch den Zaun zu sehen bekommt.“

Mit acht Gegenstimmen und einer Enthaltung wurde die „Böhmeaue“-Satzung beschlossen und damit die drittletzte, den Heidekreis betreffende Natura-2000-Unterschutzstellung zum Abschluss gebracht, was Gerhard Meyer zur nicht ernst gemeinten Frage veranlasste, was es für den Umweltausschuss demnächst noch zu tun gebe, wenn die zwei verbleibenden Verfahren abgearbeitet seien. Dass dieses Verfahren viel weniger Konfliktpotenzial in sich trug als die von Protesten betroffener Anlieger und Nutzer begleitete ALT-Unterschutzstellung, belegt die Email-Korrespondenz des Ausschussvorsitzenden. Während es beim Aller-Leine-Tal laut Meyer Hunderte von Anfragen gewesen seien, habe es zur „Böhmeaue“ lediglich zwei Anfragemails an ihn gegeben.