Es wird mehr Blut benötigt
Viel los ist vor dem Bürgersaal der Schneverdinger FZB nicht. Drei junge Männer stehen Schlange, um sich vertrauensvoll in die Hände des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) zu legen. Fünf Personen melden sich in einem Nebenraum derweil als Erstspender an. Wer hier in das mobile Blutspendezentrum hinein will, der trägt Maske und desinfiziert sich die Hände. Für Diskussion sorgt das nach Monaten der coronabedingten Schutzmaßnahmen längst nicht mehr.
Es ist der dritte Termin unter Pandemie-Bedingungen in Schneverdingen. Während beim ersten Blutspendetermin unter Corona-Bedingungen die Spendenbereitschaft besonders hoch gewesen war – eine Solidaritätsbekundung vieler Gesunder in Zeiten der Not, bleibt das Spendenaufkommen an diesem Tag eher unterdurchschnittlich. 186 Blutspenden bis etwa 17 Uhr – auch wenn der DRK noch Spendenwillige für weitere 1,5 Stunden erwartet, geht Glenn Meiners, der Leiter des Schneverdinger Blutspendedienstes, davon aus, dass der Spendeneingang unter den im Schnitt üblichen 250 Spenden bleiben wird.
Blutbedarf ist deutlich höher als im Sommer
Dass dabei gerade jetzt die Blutspenden für die während des Lockdowns ausgesetzten und jetzt neu terminierten Operationen in den Krankenhäusern gebraucht werden, macht das Einwerben weiterer Spenden für den DRK durchaus zur Herausforderung. „Der Blutbedarf ist seit dem Sommer deutlich höher als im Vorjahr“, ruft Andreas Moormann vom DRK vorsichtig zu weiteren Spenden auf.
Corona sei für die Abläufe kein Problem. Die Schutzmaßnahmen seien gut, die Abstände ausreichend, Infektionen habe es bisher nicht gegeben.
Im Bürgersaal selbst läuft derweil das rote Gold in die von den Kliniken begehrten Beutel. Die 18-jährige Jomana Sha'Re Tlok etwa ist zum ersten Mal dabei. Doch wie kommt man überhaupt dazu, sein kostbares Blut zu spenden - gehen die Eltern Blut spenden? „Das weiß ich gar nicht“, lacht die sympathische junge Frau. Die Schülerin der KGS wollte schon länger anderen Menschen helfen, durfte altersbedingt vorher allerdings nicht. Die jetzt Volljährige lacht zwar, ist trotzdem nicht so recht zufrieden. Leider habe es nicht so recht geklappt. „Das Blut lief einfach nicht“, sagt Jomana Sha'Re. „Zu dünne Adern.“
Neben der Schülerin sitzt der 28-jährige Ben Vonk, der das Mädchen über seinen Bruder kennt und ebenfalls gerade gespendet hat. Er ist zum zehnten Mal dabei. Als er das erste Mal spenden gegangen sei, habe er einfach Lust drauf gehabt, sagt der Mann. „Ich spende dort, wo ich gerade bin“, ist Vonk aber keineswegs auf Termine in Schneverdingen fixiert. Bei ihm lief es an diesem Tag deutlich besser im Vergleich zur 18-Jährigen. „Nach dreieinhalb Minuten war ich fertig“, sagt Vonk kurz angebunden. Er macht kein großes Gewese um die für andere Menschen so wichtige Spende.
Auch für Sabrina Küsel (32) läuft das Blut willig in den transparenten Beutel. Es ist ihre 15. Spende. „Ich bin durch meine Familie dazu gekommen“, erklärt sie. Wenn sie auch mal Blut brauche, dann wisse sie, dass sie selbst zu den Beständen der Blutbanken beigetragen habe, ist sie von der Richtigkeit ihres Tuns fest überzeugt.
Es gibt Menschen, die schon seit Jahren dabei sind. Für diesem Tag seien drei Spender angemeldet, vermeldet Meiners, die ihre 100. Spende abliefern wollten. Einer sei bereits gekommen – die Jubilare werden besonders geehrt. Wie lange braucht man eigentlich, um 100 Spenden von etwa einem halben Liter Blut abzuliefern? „Das geht eigentlich recht schnell“, so Meiners. „Männer können bis zu sechs Termine jährlich wahrnehmen, Frauen vier. Wer nur die fünf DRK-Spendentermine in Schneverdingen nutze, habe die 100. Spende in 20 Jahren erreicht“, rechnet Meiners vor. Man habe aber auch schon Spender gehabt, die die magische 150 genommen haben.
Sechs Liter Blut hat der Mensch
Bei 150 Spenden komme einiges zusammen. „Der Mensch hat etwa sechs Liter Blut. Wer also 150 Mal einen halben Liter Blut gespendet hat, der hat 12,5 Menschen komplett mit Blut aufgefüllt“, fühlt sich Meiners bei solchen stark vereinfachten Rechenexempeln dennoch nicht recht wohl. Nicht jeder spende schließlich einen vollen halben Liter und das kostbare Gut erreiche natürlich sehr viel mehr Patienten in den Kliniken.
So vage solche Rechnungen auch bleiben mögen, am Ende rettet jede Spende Leben.