Wassermelonen aus der Lüneburger Heide
Woltemer Obsthof Alvermann will den Anbau der exotischen Kürbisgewächse als Betriebszweig etablieren und sammelt im zweiten Jahr Erfahrungen
Woltem. Da wundert sich so mancher Autofahrer: Mit „Wassermelonen aus eigenem Anbau“ wirbt unmittelbar an der Kreisstraße 17 Neuenkirchen–Bommelsen ein Schild am Betrieb der Woltemer Familie Alvermann. Die Überraschung kann Martina Alvermann nachvollziehen: „Die Wassermelone ist eine Südpflanze und gehört hier eigentlich nicht her“, erklärt sie und relativiert gleich ihre Aussage: eigentlich.
Die Auswirkungen klimatischer Änderungen mit immer höheren Temperaturen und längeren Wärmephasen ermöglichen den Anbau von Pflanzen, der vor wenigen Jahren noch undenkbar schien. Wassermelonen in der Lüneburger Heide gehören bestimmt dazu.
Melonen aus der Heide sind Exoten
„Sie sind hier eine Ausnahme“, sagt Manfred Dannenfeld. Als Leiter der Landberatung hat er einen Überblick darüber, was auf den Feldern, Gewächshäusern und Unter-Folien-Kulturen im Heidekreis und angrenzenden Bereichen angebaut und geerntet wird.
Da gebe es eine erstaunliche Vielfalt, sagt Dannenfeld und erklärt es mit der Aufgeschlossenheit der Landwirte, ihrer Bereitschaft, Neues auszuprobieren und, wenn es gut läuft, Nischen zu besetzen und weitere Einkommensquellen zu erschließen. „Man muss es einfach mal versuchen.“ Konkret zum Anbau von Wassermelonen könne er aber wenig sagen, räumt der Ackerbauexperte ein: „Sie sind echte Exoten.“
Die von Dannenfeld beschriebenen Eigenschaften treffen auf die Familie Alvermann zu. Sie hat auf ihrem Woltemer Betrieb außer konventioneller Landwirtschaft einiges ausprobiert, manches wieder verworfen, wie den gewerblichen Anbau von Brennnesseln, anderes erfolgreich entwickelt, etwa die Vermarktung von Weihnachtsbäumen.
Neue Erkenntnisse aus dem Studium mitgebracht
Vor drei Jahren wurde die Obsthof GbR gegründet mit Henning und Martina Alvermann als Gesellschafter. Erfolgreichster Betriebszweig ist der Anbau und die Vermarktung von Dachkirschen. Im vergangenen Jahr sind die Wassermelonen dazugekommen. Den Impuls hatten Sohn Hauke und dessen Lebenspartnerin Katharina Ziegler geliefert, die während des Studiums in Germersheim darauf aufmerksam geworden war.
Dort, im Rheingau, und noch mehr in Bayern ist der Melonenbau verbreiteter. Da wollte man ausprobieren, ob das in der Lüneburger Heide auch möglich ist. Auf einer Fläche von 0,6 Hektar wird es in die Praxis umgesetzt. An üppige Gewinnspannen sei noch nicht zu denken, betont Martina Alvermann, die als Steuerfachangestellte die Zahlen im Blick hat.
Kleiner, dafür am Stück zu erwerben
Der erste Unterschied liegt erkennbar auf der Hand: Die Wassermelonen aus der Lüneburger Heide sind kleiner als ihre aus südlichen, sonnenreicheren Anbaugebieten stammenden Schwestern. Doch das geringere Volumen habe auch Vorteile, sagt Martin Alvermann vom Woltemer Obsthof, der Wassermelonen im zweiten Jahr im Angebot hat: Da falle es leichter, ganze Melonen zu kaufen – „keine Viertel oder Hälften, von denen am Ende oft ein Stück übrig bleibt und auf den Kompost wandert, weil man irgendwann keinen Appetit mehr darauf hat“. Zudem sei der Wassergehalt der rotfleischigen Kürbisse geringer, „und sie haben weniger Kerne“, preist Katharina Ziegler die Vorteile der Melonen, auf die sie während ihres Studiums im pfälzischen Germersheim aufmerksam geworden ist.
Von ihrer Wohnung hat sie einen Blick auf die im Freien und teils unter Folie heranwachsenden Melonen und sich mittlerweile viel Wissen in Sachen Melonenanbau angeeignet. Zum Beispiel, dass „die Pflanzen nicht gestört werden“ wollten, woran sich aber nicht alle hielten, vor allem die Hasen, die seien „echte Anti-Molonentypen“, schimpft sie.
Rumänischer Saisonarbeiter unterstützt mit Rat und Tat
Meister Lampe mache es sich gern zwischen den heranwachsenden Früchten bequem und verursache so Schäden an den empfindlichen Wurzeln. Ein aus Rumänien, einem klassischen Melonen-Anbauland, stammender Saisonarbeiter steht den Betreibern des Obsthofs auch nach Feierabend mit Rat und Tat zur Seite.
Angeboten werden die Melone in einigen Supermärkten der Region. Im vergangenen Jahr war Martina Alvermann auf Veranstaltungen wie dem Soltauer Bauernmarkt, dem Neuenkirchener Kartoffelfest und dem Beeke-Hoffest unterwegs, um das neue Produkt bekanntzumachen. Diese Vermarktungsschiene fällt in diesem Jahr aus, weil viele regionale Märkte aufgrund der Corona-Beschränkungen abgesagt wurden. Für Alvermann und Ziegler kein Drama. Sie gehen davon aus, dass sie die Ernte dieses Jahr größtenteils durch Direktverkauf absetzen können, da sich das Angebot herumgesprochen habe. Der Ab-Hof-Verkauf sei bereits angelaufen und werde voraussichtlich ab Anfang oder Mitte September richtig in Schwung kommen.
Ziegler rät, noch etwas zu warten: „Die meisten Melonen werden erst in etwa drei Wochen reif sein.“ Ihr Preis sei etwas höher. Aber dafür bekomme der Käufer ein Produkt aus regionalem Anbau. Diese Nachhaltigkeit wüssten viele zu schätzen.