Einsamkeit und was wir dagegen tun können
Kurz vor der Adventszeit sind die Coronafälle auf weit höhere Zahlen im Vergleich zur ersten Welle im Frühjahr des Jahres gestiegen. Längst haben auch den Heidekreis neue Höchststände erreicht. Das Jahr 2020 wird als Coronajahr in die Geschichte eingehen.
Soziale Distanz verschärft Einsamkeit
Zweimal – bislang – wurden Grundrechte vorübergehend außer Kraft gesetzt, mussten Menschen, die sich sonst nah sind, die soziale Distanz wahren. Besonders schlimm wirkte sich die soziale Distanz in der ersten Welle auf Menschen in Altenheimen aus, die nicht einmal mehr familiären Besuch empfangen durften. Seither wird viel darüber diskutiert, welche Maßnahmen sinnvoll und welche übertrieben waren und in Zukunft sein werden. Einstweilen regeln die Corona-Verordnungen der Länder die soziale Distanz, die Polizei hat – nicht ohne Kritik – dazu aufgerufen, Verstöße gegen die Regeln zu melden.
Mit dem zweiten Lockdown wird das Fehlen zwischenmenschlichen Miteinanders und der damit verbundenen Gefahr von Einsamkeit zu einer Herausforderung genau zu jenem Zeitraum im Jahr, in dem das soziale Miteinander für die allermeisten Menschen eine besonders große Rolle spielt. Die Adventszeit ist Familienzeit, ist Hinführung zu dem Fest der Liebe, ist Erinnerung an glückliche Momente im Leben. Das Mit- und Füreinander steht in Zentrum unserer Traditionen und Riten. Diese in Form von Gottesdiensten und Familienbesuchen werden in diesem Jahr von dem weltweit grassierenden Virus und einem als notwendig erachteten Maßnahmenkatalog zur Eindämmung der Infektionsgefahr unterminiert. So wenig soziale Kontakte wie möglich, heißt die Devise. Und so droht aus einer sozial bedeutsamen Phase des Jahres eine unsoziale Phase zu werden.
Die Emotionalität zwischen Weihnachten und dem Jahreswechsel spiegelt sich auch in den Suizidzahlen wider. Nach Weihnachten denken deutlich mehr Menschen an Selbsttötung und setzen sie auch um“, bestätigt etwa die Psychologin Barbara Schneider gegenüber dem katholischen Sender Domradio. Das Phänomen sei weltweit zu beobachten.
Psychologen versuchen digital Kontakt zu halten
Experten gehen davon aus, dass der Lockdown die negativen Emotionen steigern können. Kirchen, andere Organisationen und auch die BZ arbeiten daher an Rezepten, mit denen man gerade jene bedenken kann, für die diese Phase seelisch schwierig ist aufgrund des Verlustes eines lieben Menschen, aufgrund sowieso bestehender Vereinsamung, aufgrund eines Jobverlusts oder aufgrund von Beklemmungen, die in der dunklen Jahreszeit leichter auftreten können.
Die deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGP) setzt unter dem Stichwort Coronahilfe auf die digitalen Medien. Über Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Skype können wir nicht nur Textnachrichten austauschen, sondern auch Fotos, Sprachnachrichten und sogar per Video miteinander sprechen.“ Dabei ist sich die DGP durchaus bewusst, dass viele vereinsamte Menschen oft kaum digitale Medien nutzen, denn sie empfiehlt den Therapeuten, auch das Telefongespräch und die Briefform. Nehmen Sie sich bewusst Zeit, Ihre Kontakte über die Wege zu pflegen“, lautet die Empfehlung des Dachverbands.
Einsamkeit und Zuwendung auf Facebook & Co.
In den sozialen Netzwerken wie Facebook spiegelt sich das Bedürfnis nach Nähe ebenfalls wieder – aber auch kreative Ideen. So gibt es für nahezu jede Gemeinde in Deutschland lokal ausgerichtete Gruppen, die wie ein digitaler Flohmarkt zu verstehen sind. In solchen Gruppen und in typischen Weihnachtsgruppen schreiben Nutzer, was auf ihrem Wunschzettel stehe. Eine Frau wünscht sich ein Weihnachtsgesteck, woraufhin ihr eine andere Frau in der Gruppe anbietet, das Gesteck mit ihr gemeinsam zu basteln.
Doch es gibt auch viele Angebote. Freimütig werden nicht mehr benötigte Babysachen und Spielzeug angeboten. Auffällig ist das Angebot einer Wiener Ärztin, Mitglieder der Facebook-Gruppe kostenlos zu beraten, ein Angebot, was schnell zu zahlreichen Antworten führt, die den Bedarf nach einer Beratung ohne den Zeitdruck des eigenen Hausarztes zeigt.
Mit einem Brief kommt die Freude
Auffällig viele Nutzer schreiben im Rahmen solcher Gruppen, dass sie allein seien. Ob Scheidung, Tod des Partners oder auferlegte Corona-Quarantäne, der Gründe gibt es viele. Eine junge Frau wünscht sich jemanden, mit dem man einfach mal sprechen kann. Eine andere Nutzerin wünscht sich eigentlich nichts anderes als Post. Der Wunsch wird erhört, zahlreiche Antworter bieten an, der Frau zu schreiben. Ein junger Mann bittet in einer Weihnachtsgruppe darum, seiner gerade erst verwitweten Oma zu schreiben – und erhält 20 positive Rückmeldungen. Die erste Postkarte hat die Witwe zu deren großer Freude bereits aus Köln erreicht, wie der Redaktion bekannt ist.
Ein Brief oder eine Postkarte symbolisiert, dass sich jemand für eine andere Person bewusst Zeit genommen und trotz Distanz an ihn gedacht hat. Weil selbst der individuelle Weihnachtsgruß einer unbekannten Person Freude zu bereiten vermag, kann genau das dazu beitragen, die schwierige Situation in der sensiblen Zeit zwischen Advent und dem neuen Jahr zu überbrücken. Zeit ist das vielleicht sinnvollste Geschenk, das durch die Coronabeschränkungen hindurchhelfen kann.
Es mag ein kleines Zeichen sein, aber die Böhme-Zeitung ruft hiermit die Aktion Ein Licht gegen Einsamkeit“ ins Leben. Wir senden Ihre Briefe und Karten mit Advents-, Weihnachtsgrüßen und/oder guten Wünsche zum Jahreswechsel an Vereinsamte und an Menschen in schwieriger Lebensphase. Hierzu sammelt die Redaktion zum einen Hinweise auf Menschen, die sich über Post freuen würden, zum anderen aber auch Briefe und Grußkarten von BZ-Lesern, die sich als Schreiber an der Aktion beteiligen möchten. Vielleicht entsteht aus solchen Grüßen sogar über die kleine Freude hinaus auch eine Brieffreundschaft oder mehr.
Seien wir selbst mit geschenkter Zeit ein Licht gegen Einsamkeit – mit etwas Zeit für andere.
Nachfolgend wird über die Details der Aktion "Ein Licht gegen Einsamkeit“ informiert.
BZ-Aktion "Ein Licht gegen Einsamkeit“
Heidjer für Heidjer – die Redaktion freut sich über Mitwirkende, die selbst ein Licht gegen Einsamkeit sein wollen, die entweder selbst schreiben möchten oder aber Menschen kennen, die aus genannten Umständen sich über Post freuen würden. Ein paar Regeln müssen dabei aber beachtet werden:
- Wer einen Brief oder Kartengruß selbst verfassen möchte, meldet sich mit seinen Kontaktdaten per Mail oder WhatsApp (Kontakt siehe unten), und erhält daraufhin einen Vornamen für die persönliche Ansprache im Brief/auf der Karte. Der Verfasser kann dann beispielsweise einsteigen mit "Liebe Lieselotte, ich kenne Sie/Dich nicht, aber ...“
- Wer eine einsame oder vielleicht erkrankte Person benennen möchte, die sich über Post freuen würde, nennt diese mit vollständigem Namen und Adresse per Mail, SMS oder Whats-App (Kontakt siehe unten).
- Der Verfasser kennt den Empfänger zunächst nicht (Datenschutz), kann aber eine Absenderadresse angeben, und damit dem Empfänger zumindest die Möglichkeit einräumen, sich zu bedanken. Briefe und Karten sind an unten genannte Anschrift zu senden.
- Da Einsamkeit/Schwermut ein sensibler Bereich ist, Briefe im Einzelfall auch unbeabsichtigt eine negative Wirkung auf vereinsamte Menschen entfalten können, wird das mit der Aktion betraute Redaktionsmitglied, das bereits jahrelange Erfahrung mit sensibler Kommunikation mit Opfern von Zwangsarbeit hat, die Briefe lesen, bevor sie weitergeleitet werden. Der Verfasser erhält selbstverständlich einen Hinweis, sollte ein Brief ausnahmsweise einmal nicht weitergeleitet werden können.
- Die BZ wird mit der Sonnabendausgabe vor dem ersten Advent eine tägliche Kolumne starten und – in anonymisierter Form – aus besonders schönen Briefen/Karten zitieren oder gute Ideen und Anregungen, die darin formuliert sind, in der Kolumne aufgreifen.
- Zum Ende der Aktion werden alle der Redaktion vorliegenden Daten zu Brief-Verfassern und Adressaten gelöscht.
Kontaktperson:
Briefe und Hinweise bitte an:
Bernhard Knapstein, BZ
Harburger Str. 63
29614 Soltau
b.knapstein@boehme-zeitung.de
WhatsApp: (05191) 808402 - SMS: 0151-61127697