Flächenverbrauch: Die Kandidaten beziehen Stellung

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Fragen an Lars Klingbeil (SPD)

Freies Bauen versus Flächenverbrauch – brauchen wir schärfere Regulierungen?

Was meinen Sie mit schärferen Regulierungen? Ich will, dass sich jeder ein Haus bauen kann.

Das würde eine massive Ausweitung von Baugebieten, die Reduzierung von Agrarflächen und mehr Versiegelung bedeuten.

Ich bin hier aufgewachsen und habe hier selbst ein Haus gebaut. Das ist doch ein Lebensziel vieler Menschen: Die eigenen vier Wände. Das darf man den Menschen nicht nehmen. Natürlich muss man auf Ausgleichsflächen achten und auf klimaneutrale Baumaterialien. So haben wir das auch in unserem Zukunftsprogramm stehen. Umweltbewusstes Bauen ja, aber den Menschen zu sagen, sie dürften nicht mehr bauen, das halte ich für völlig falsch. Der Lebenstraum vom eigenen Haus muss möglich sein.

Ihr Wahlprogramm sieht vor, dass kommunale Wohnbauflächen nicht mehr veräußert werden sollen, sondern nur noch als Erbpacht zur Verfügung gestellt werden soll. Dürfen Häuslebauer jetzt nur noch bis zum Lebensende der nächsten Generation planen, sprich 99 Jahre?

Um die Spekulation mit dem Boden einzudämmen, schlagen wir vor, dass kommunale Wohnflächen nur noch als Erbpacht zur Verfügung gestellt werden sollen. Selbstverständlich steht jedem Investor oder Bauherren die Möglichkeit offen, private Grundstücke ohne Erbpacht zu erwerben. Die Vergabe von kommunalen Grundstücken über eine Erbpacht ermöglicht es vielen Familien überhaupt erst, preisgünstig ein Eigenheim zu erwerben.

Eine Mietpreisbremse war noch nie erfolgreich und gefährdet über den Sanierungsstau die Bausubstanz, wo energetische Aufwertung geboten ist. Ist es nicht sinnvoller eine Politik des massiven staatlichen Sozialwohnungsbaus zu betreiben?

Beides ist sinnvoll: Der Neubau von 100.000 Sozialwohnungen jährlich ist weiterhin erforderlich, insgesamt ist unser Ziel, 400.000 Wohnungen pro Jahr neu zu bauen. Und die Mietpreisbremse wollen wir entfristen und Schlupflöcher schließen. Sie wird helfen, dass Wohnen kein Luxusgut wird. Das Grundprinzip ist klar: Wir müssen bezahlbaren Wohnraum erhalten und neuen schaffen. Dafür müssen alle Beteiligten an einen Tisch gebracht werden. Bei uns in der Region brauchen wir dringend Wohnraum für Menschen mit kleineren Einkommen und für Auszubildende.

Welche Ziele streben Sie über welchen konkreten Maßnahmen zu diesem Themenkomplex in den kommenden vier Jahren an?

Bodenpolitik muss an dem Gemeinwohl orientiert sein. Bund, Länder und Kommunen sollen öffentliches Eigentum an Grundstücken sichern und vermehren, um die Spekulation mit Grund und Boden zu stoppen. Dazu ist ein Vorkaufsrecht für Kommunen zu fairen Preisen wichtig. Ich wünsche mir, dass sich die Menschen bei uns vor Ort ein Haus leisten können. Gerade in der Pandemie ist der Wert des Lebens im ländlichen Raum noch mal deutlich geworden.

Welche Ziele streben Sie über welche Maßnahmen zu diesem Themenkomplex mittel- und langfristig an?

Wir müssen Strategien entwickeln, wie wir unsere Innenstädte beleben, damit sich Menschen hier wohl fühlen. Das kann zum Beispiel darüber gehen, dass wir Unternehmen anlocken, die nicht aus dem klassischen Einzelhandel kommen. Ein ganz wichtiger Aspekt für unsere Städte der Zukunft wird aber auch sein, sozialen und kulturellen Angeboten mehr Raum zu geben. Hier müssen die Mieten günstiger sein. Innenstädte müssen Erlebnisorte werden. Auch das zieht Menschen an. In Soltau klappt das gerade übrigens gut, finde ich.

Stadtplaner erwarten als post-coronalen Effekt einen Zusammenbruch des Gewerbeimmobilienmarkts bei Handels- und Büroflächen. Greift Ihr formulierter Gewerbemieterschutz da nicht ins Leere?

Die Art, wie wir einkaufen gehen, hat sich bereits vor der Pandemie verändert. Das Ziel muss doch sein, diese Veränderungen gut zu begleiten und das will ich machen. Für mich ist wichtig, dass wir regionale, digitale Netzwerke stärker finanziell fördern und gezielt aufbauen. Ich will außerdem, dass wir Unternehmen anlocken, die günstige Gewerberäume suchen und in unserer ländlichen Region auf neue Kundinnen und Kunden treffen können. Der Mieterschutz im Gewerbeimmobilienbereich ist nur eine Säule der Unterstützung für Städte.

Für unsere suburbane Region gehört zur Lebensqualität eine lebendige Kulturlandschaft. Während die Metropolen seit jeher große Förderungen erhalten, bleibt der ländliche Raum weitgehend auf sich gestellt. Weshalb kommt diese Besonderheit in Ihrem Programm beim angestrebten Bundeskulturfonds nicht zur Sprache?

Es ist nicht richtig, dass der Bund die Kultur auf dem Land nicht fördert. Die Kunstschule Pinx in Schwarmstedt hat zum Beispiel erst 20.000 Euro aus dem Programm Neustart Kultur bekommen. Seit Jahren setze ich mich dafür ein, dass die Kultur bei uns in der ländlichen Region gefördert wird. Und in den vergangenen Jahren haben wir es durch den politischen Druck aus unserer Heimat geschafft, dass viele Fördergelder für Kultur in unsere Region geflossen sind. Beispielsweise für die Stadtbücherei in Munster, für das Buchdruck-Museum Soltau oder die Sanierung der Walsroder Stadthalle. Ich mache mich aber für weitere Förderungen bei uns stark, denn die Kultur ist wichtig für den Zusammenhalt. Corona hat die Branche besonders getroffen, aber die Hilfsprogramme kamen auch in unserer Region an und haben vielen geholfen, diese schwere Zeit zu überstehen. Genauso sollen vom Ausbau des Bundeskulturfonds und der Programme alle profitieren – ob Theater, Musikklubs, Museen, soziokulturelle Zentren, Bibliotheken oder Musikschulen. Auch in ländlichen Räumen. Interview: bk

Fragen an Carsten Büttinghaus (CDU)

Brauchen wir angesichts des enormen Flächenverbrauchs stärkere Regulierungen bei privaten Bautätigkeiten?

Die Diskussion steht im Spannungsfeld zwischen Stadt und Land. In Städten sehe ich Potenzial für Nachverdichtung, auch im Wahlkreis. Städte werden künftig anders aussehen, schon weil sich das Konsumverhalten wandelt. Der stationäre Einzelhandel verliert zugunsten von Wohnbebauung, Cafés und Aufenthaltsqualität an Bedeutung.

Also weniger Baugebiete auf der grünen Wiese?

Ja, soweit es um die Städte geht. In den Dörfern werden wir weiter normale Baugebiete mit Wohnhäusern haben. Dort lässt sich nicht alles in Zentren verdichten, auch aus rechtlichen Gründen wie den Emissionsschutz. Es gibt Handlungsbedarf, damit junge Leute in den Dörfern bleiben und bauen können.

Laut Bundesumweltministerium wächst die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland täglich um die Fläche von rund 82 Fußballfeldern. Besteht Handlungsbedarf im Baurecht? Mehr Geschossbau und Hochhäuser?

Das ist mir zu pauschal. Lebenswirklichkeiten unterscheiden sich. Es gibt größeren Bedarf an Single-Wohnungen, aber auch junge Familien, die dringend mehr Wohnraum bräuchten. Dazu ältere Menschen, die allein und oft einsam in großen Wohnungen oder Häusern leben. Dafür passende Lösungen zu finden muss das Ziel sein. Zum Beispiel Mehrgenerationenhäuser. Wir hatten hier in Bispingen konkret das von der Gemeinde geförderte Modell „Jung kauft Alt“. Da wechselte ein Haus von einer Generation auf die nächste und der alte Eigentümer erhielt lebenslanges Wohnrecht in der Anliegerwohnung. Der ältere Mensch ist nicht mehr allein, die junge Familie gewinnt Wohnraum. Das finde ich gut. Einzelhäuser verbieten zu wollen ist absurd. Sie werden auf dem Land ganz sicher Zukunft haben und sind nun auch nicht die größten Öko-Killer. Man kann Häuser heute so bauen, dass viel weniger CO2 emittiert wird als früher. Der Bausektor wird stetig nachhaltiger. Wo möglich, sollte Flächenversiegelung vermieden werden.

„Der beste Mieterschutz ist und bleibt ausreichender Wohnraum“, steht im CDU-Wahlprogramm. Reicht das?

Als Grundaussage kann man das so sagen. Auch wenn der Satz nicht in den Fokus nimmt, dass es in manchen städtischen Zentren Verzerrungen geben kann, wenn man sie nur dem Markt überlässt.

Helfen soll die Mietpreisbremse der Groko, die 2025 ausläuft. Würden Sie einer Verlängerung zustimmen?

Ich bin da ein bisschen kritisch. Natürlich kann man sich der Träumerei hingeben, die Wohnungsmärkte in der Hamburger Innenstadt oder in Berlin Mitte sollten sozial sein. Aber lebensnah ist das nicht. Das sind sehr hochpreisige Grundstücke und Bebauungen, teilweise Repräsentationsobjekte. Dort residieren große Unternehmen, Hotels und Einkaufsketten, die hohe Preise zahlen. Soll die Stadt da hingehen, Grundstücke kaufen und sozialen Wohnungsbau betreiben? Das hielte ich für wenig zielführend.

Die Mietpreisbremse verfolgt einen anderen Ansatz.

Ich weiß. Auch sie hat aber den Nachteil, dass Investoren eventuell nicht mehr nachhaltig in die Wohnungsstruktur investieren. Schauen Sie sich das Berliner Volksbegehren zur Enteignung großer Wohnkonzerne an. Ich halte das für rechtlich nicht durchsetzbar, aber wenn es durchgehen sollte: Welcher Investor würde dann noch auf Berlin setzen? Wer nähme da noch Geld in die Hand? Ich kenne die Stadt gut. Da gibt es so viele Gebäude, auch im Zentrum, die dringend Sanierung nötig hätten.

Also sollte die Mietpreisbremse 2025 auslaufen?

Ja. Stattdessen muss es deutlich mehr öffentlichen Wohnungsbau geben.

Verkäuferinnen und Busfahrer sollen im Zentrum arbeiten, aber nicht dort wohnen?

Eine Stadt oder Kommune sollte schon Verantwortung im sozialen Wohnungsbau übernehmen. In kleineren Städten auf dem Land genauso wie in Ballungsräumen. Es wird aber immer auch Repräsentationsverdichtungen in Großstädten geben, die beliebt und teuer sind.

Gelbwesten in Frankreich, Trump in den USA: Die Kluft zwischen Stadt und Land vertieft sich. Auch in Deutschland?

Die Kluft wird auch hier größer. Dem begegnet man durch gute infrastrukturelle Anbindung ländlicher Räume, nicht nur an die Städte, auch an die digitale Welt. Mit Glasfaseranschluss können Menschen heute viel besser auf dem Land arbeiten. Die Arbeitswelt ermöglicht das zunehmend. Die Politik hätte das in den vergangenen Jahren wirklich massiv vorantreiben müssen, auch die CDU. Aber ich will nach vorne schauen. Das bedeutet: Digital-Offensive, und zwar ganz schnell, in einer Legislatur.

Welche Maßnahmen in diesem Feld wollen Sie außer Digitalisierung noch vorantreiben?

Man muss den Einzelfall betrachten, die ländliche Entwicklung zukunftsfähig denken und planen. Eine gute Mischung verschiedener Wohnquartiere, Baumöglichkeiten und infrastrukturelle Anpassung in Verbindung mit guter Daseinsvorsorge und Freizeitangeboten machen den ländlichen Raum für alle Altersgruppen attraktiv. Auch die Bildungslandschaft auf dem Land muss moderner werden.

Arme Kommunen entschulden, wie es Bundesfinanzminister Olaf Scholz vorschlägt?

Nicht grundsätzlich, aber stärkere Förderung je nach Bedarf und Ziel. Man kann die Kommunen nicht allein lassen, auch der Bund muss Verantwortung übernehmen. Das tat er in der Vergangenheit bereits, auch in den Wahlkreis flossen erhebliche Mittel. Und zwar nicht nur, weil ein Abgeordneter in Berlin seinen Einfluss geltend gemacht hat, sondern weil es in der Wirtschaft gut lief und der Bundeshaushalt sich gut entwickelte. Jetzt haben wir durch Corona eine andere Situation, müssen aber dennoch dran bleiben. Wir müssen die Kommunen finanziell stärken, gerade im ländlichen Raum, der nicht abgehängt werden darf. Interview: ari

Fragen an Dr. Michael Kopatz (GRÜNE)

Brauchen wir eine schärfere Regulierung gegen den Flächenverbrauch?

Der Flächenverbrauch ist in vielen Regionen ein großes Thema. Man sieht im gegenwärtigen Flächenverbrauch zahlreiche Probleme für die nächsten Generationen. Deswegen hat die Bundesregierung sich vorgenommen, dass bis zum Jahr 2020 nur noch 30 Hektar pro Tag versiegelt werden. Es ist gerade, meine ich, bald doppelt so viel, und man hat das Ziel auf 2030 verschoben. Das liegt doch daran, dass der Bund hier nicht steuert, etwa durch einen Zertifikatehandel für Flächen. Dieser wurde bereits im Praxistest über einige Jahre erprobt. Die Kommunen befinden sich so in einem Dilemma: Bauen wir nicht, macht es die Nachbargemeinde.

Was haben Immobilienbesitzer im Heidekreis von Ihrer Politik konsequenterweise zu erwarten – Sanierungszwang, Voltaikpflicht und Verbot von Einfamilienhäusern?

Eine Photovoltaik-Pflicht ist das Gebot der Stunde und neben der Regulierung des Flächenverbrauchs in den ersten vier Jahren umzusetzen. Die neuen Eigenheimbesitzer werden davon profitieren, so wie sie es auch bisher getan haben. Weil wir Rahmenbedingungen so gestalten, dass es sich lohnt zu investieren. Die Energiewende kam nicht durch Altruismus.

Was ist mit dem Flächenverbrauch?

Die Kommunen müssen selber entscheiden, welche Bauformen sie wo zulassen wollen. Jede Gemeinde ist für sich gehalten, sparsam mit den Flächen umzugehen. Der Bund kann und sollte hier flankierend unterstützen. Dasselbe gilt für die Sanierung. Auch diese hängt maßgeblich von den Rahmenbedingungen ab. Es muss sich schlichtweg lohnen, sein Gebäude energetisch zu ertüchtigen. Immerhin geschieht das bei ein Prozent der bestehenden Gebäude. Das sollte man nicht kleinreden. Freilich muss sich diese Quote deutlich erhöhen, sagen die Experten einhellig.

Welche Ziele und Maßnahmen streben Sie mittel- und langfristig an?

Alle Maßnahmen unseres Programms, die dazu dienen, die Klimaziele zu erreichen, sind kurzfristig anzugehen. Was gegebenenfalls koalitionsbedingt nicht durchgesetzt werden kann, bleibt dennoch auf der Agenda.

Die von den Grünen geforderten Voltaikanlagen entlang Autobahn- und Bahntrassen versiegeln Flächen durch die Anlagen selbst und bundesweit anzulegende Zuwegungen für Wartungsarbeiten. Ist das kein Konflikt für Sie?

Nein. Durch Photovoltaikanlagen werden keine Flächen versiegelt – auch nicht durch Freiflächenanlagen. Durch die von Ihnen angesprochenen Anlagen zum Beispiel an den Lärmschutzwänden entlang von Autobahnen und Bahntrassen erst recht nicht. Und die Zuwegungen sind doch alle schon da.

Befürchten Sie nicht, dass es durch Ihren Mietendeckel zu einem massiven Sanierungsstau kommen könnte?

Nein. Wir wollen einen solchen Mietendeckel auch nicht überall einführen, sondern er soll dort eingeführt werden können, wo wir es mit besonders angespannten Wohnungsmärkten zu tun haben. Zum Beispiel in Berlin. Wir müssen doch dafür sorgen, dass der Wohnraum auch dort bezahlbar bleibt, wo die Wohnungsmärkte besonders angespannt sind. Natürlich sollen die Vermieter auch dort eine Rendite erwirtschaften, das ist doch gar keine Frage. Insofern haben sie auch die Mittel, ihre Immobilien angemessen zu sanieren, und sie haben daran auch ein Interesse.

Glauben Sie nicht, dass es für marktgerechte Mieten lediglich eines massiven Ausbaus sozialverträglichen Wohnraums bedarf?

Wir erleben ja im Moment die Situation, dass die Zahl der Sozialwohnungen immer geringer wird, weil Wohnungen aus der zeitlichen Befristung der Sozialbindung herausfallen. In den Städten, in denen wir einen besonders angespannten Wohnungsmarkt haben, werden wir das Problem der rasant steigenden Mieten nicht nur mit dem Neubau von mietpreisgebundenen Wohnungen lösen können.

Sie wollen die Maklercourtage auf zwei Prozent begrenzen. Ist die Vermittlung von Wohnraum aus Ihrer Sicht modernes Raubrittertum?

Nein. Aber es ist nicht statthaft, wenn die Notlage Wohnungssuchender zu unangemessenen Gewinnen derjenigen führt, die sich auf der Sonnenseite des Lebens aufhalten.

Wie stellen Sie sich moderne Stadtentwicklung im Heidekreis vor?

In vielen Regionen werden munter Baugebiete ausgewiesen, auch wenn die Einwohnerzahl stagniert, ja sogar auch in schrumpfenden Städten und Dörfern. Rund 250.000 Wohnungen entstehen so durchschnittlich Jahr für Jahr. Für unsere Anstrengungen beim Klimaschutz ist das ein Problem. Denn die neuen Wohnungen benötigen viel Heizenergie. Zweitens verschlingt die Herstellung von Zement super viel Energie. Mit acht Prozent ist die Zementindustrie am weltweiten CO2-Ausstoß beteiligt. Zudem verbauen wir kostbare Grünflächen. Moderne Stadtentwicklung muss effizienter bauen.

Der öffentliche Personennahverkehr ist für den suburbanen Raum ein infrastrukturelles Nadelöhr. Müsste der Bund hier nicht ganz gewaltig unterstützen, um Pendlern eine Alternative zum Auto anzubieten?

Die weitere Förderung des Autoverkehrs führt in die klimapolitische Sackgasse. Tatsächlich müssen die Gelder auf Ausbau und Beschleunigung des Nahverkehrs verlagert werden.

Wer mit der Bahn nach Hamburg pendelt, wird das oft eher mit dem Auto machen, weil die Bahntrassen südlich der Elbe überlastet sind, die Heidebahn deshalb werktäglich nicht bis Harburg kommt. Stößt das Prinzip „Fracht gehört auf die Schiene“ hier nicht generell auf ein verkehrskonzeptionelles Problem?

Wir haben über Jahrzehnte die Straßen ausgebaut, Schiene und Bahnhöfe demontiert. Die gegenwärtigen Engpässe sind daher nicht verwunderlich. Wir brauchen eine Renaissance der Flächenbahn. Interview: bk

Fragen an Alexander Künzle (FDP)

Brauchen wir angesichts des enormen Flächenverbrauchs stärkere Regulierungen bei privaten Bautätigkeiten?

Wir erleben aktuell in der Politik schon sehr viel Regulierung. Beim Eigenheim geht es um den höchstpersönlichen Lebensbereich. Um es als Jurist zu sagen: Kein Raum ist geschützter als dieser. Menschen vorzuschreiben, wie sie zu wohnen haben, hielte ich nicht für legitim. Da müssen wir andere Lösungen finden.

Laut Bundesumweltministerium wächst die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland täglich um rund 58 Hektar, das entspricht rund 82 Fußballfeldern. Trotzdem will die FDP laut Wahlprogramm dafür sorgen, dass „sich der Traum vom Eigenheim für mehr Menschen erfüllen lässt“. Wäre es nicht redlicher, den Menschen zu sagen, dass das ressourcenfressende Eigenheim eine Wohnform der Vergangenheit ist?

Ich glaube nicht, dass das Eigenheim ein Auslaufmodell ist. Es wäre falsch, ausgerechnet an das für die Lebensgestaltung so wichtige Eigenheim ranzugehen, um die Flächenversiegelung zu begrenzen. Stattdessen sollte man sich manche unsinnige und teilweise durch die EU geförderte Infrastrukturprojekte mal genauer anschauen. Muss es wirklich noch eine zusätzliche Straße oder ein neuer Radweg parallel zum alten sein?

Insbesondere in den Metropolen steigen die Mieten, es findet Verdrängung statt. Die FDP stemmt sich gegen Schutzmaßnahmen wie Mietendeckel oder Mietpreisbremse. Haben Sie den bedrängten Mietern gar nichts anzubieten?

Doch, haben wir: Bauen, Bauen, Bauen! Der Berliner Mietendeckel hat doch kein einziges Problem gelöst. Während seiner Geltung hat sich die Wohnraumsituation in der Stadt nicht verbessert. Es wurde allein bewirkt, dass Mieten teilweise nicht mehr erhöht werden konnten.

Für Berliner Mieter wären fünf Jahre Atempause ohne Mieterhöhung eine schöne Sache gewesen.

Für diejenigen, die dort eine Wohnung haben, wäre das sicherlich schön. Aber sprechen Sie mal mit Leuten, die versuchen, in Berlin eine Wohnung zu finden. Der Mietendeckel ist so eine klassisch deutsche Antwort auf ein Mangelproblem: Man besetzt und verteidigt das, was da ist. Für die, die schon angekommen sind, ist das super. Alle anderen sind ausgeschlossen. Wer dazukommen möchte, wird abgewehrt und am Aufstieg gehindert. Hamburg ist einen anderen Weg gegangen. Auch dort sind die Mieten in den vergangenen Jahren nicht mehr so stark gestiegen. Und warum? Weil dort viele neue Wohnungen gebaut wurden. Dagegen gibt es in Berlin jetzt eine Enteignungsdebatte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in so einem Klima noch viele Wohnungen gebaut werden. Investoren werden erst einmal abwarten. Wenn man sich den Berliner Wohnungsmarkt anschaut, hat der Mietendeckel den Mietern insgesamt mehr geschadet als genutzt.

Gilt das auch für die Mietpreisbremse der Großen Koalition?

Ja, in abgeschwächter Form. Wenn man den marktgerechten Anstieg von Mieten bremst, wirkt sich das natürlich negativ auf den Wohnungsbau aus.

Welche Entwicklung beim Häuser- und Wohnungsbau und der weiteren Urbanisierung der Metropolregion wünschen Sie sich? Was hielten Sie innerhalb der nächsten vier, fünf Jahre für zielführend?

Ich würde mir wünschen, dass Bebauung überall dort, wo es geht verdichtet wird, bevor neue Flächen versiegelt werden. Gleichzeitig sollte der Staat Wohnungseigentum fördern. Dazu schlagen wir als FDP vor, die Grundsteuer für selbst bewohntes Eigentum bis zu einer Grenze von 500.000 Euro abzuschaffen. Wer für maximal diesen Betrag ein Haus kauft, um darin zu wohnen, soll also von dieser Steuer befreit sein. Und, wie schon gesagt: Wir brauchen mehr Wohnraum, es muss viel mehr gebaut werden. Das senkt die Mieten und hilft Regionen in ihrer Entwicklung.

Welche wohnungsbaupolitischen Ent- wicklungen wollen Sie in den kommenden zehn Jahren unterstützen? Wird der prognostizierte Bevölkerungsrückgang dazu führen, dass es viele Leerstände geben wird?

Es könnte sein, dass der Bedarf nach Wohnraum sinkt. Allerdings glaube ich persönlich eher, dass der Bedarf aufgrund der Digitalisierung und der weiten Verbreitung von Homeoffice-Arbeitsplätzen weiter steigen wird. Man wird sich so oder so an die Entwicklung anpassen müssen. Aktuell ist es jedenfalls so, dass die Nachfrage nach Wohnraum hier in der Metropolregion steigt. Darauf müssen wir jetzt reagieren und dürfen uns nicht davon leiten lassen, was vielleicht in 20 Jahren sein wird. Denn das wissen wir schlicht nicht. Wenn man Menschen Wohnraum in bestimmten Regionen verwehrt, nimmt man ihnen Lebenschancen. Deshalb wollen wir den Erwerb von Wohneigentum erleichtern statt erschweren.

Wo stehen wir in 25 Jahren beim Thema Urbanisierung?

Vielleicht sind wir dann tatsächlich an dem Punkt, dass wir eher wieder zurückbauen. Aber ein Ausblick ist wirklich sehr schwierig. Schauen Sie sich an, wo wir vor 25 Jahren waren. Damals gab es viel Leerstand und Billigbauweise. Eine völlig andere Situation als heute. Was ich mir jedenfalls wünschen würde ist, dass wir lernen, immer ökologischer zu bauen und trotzdem wieder preiswerter zu werden. Bis jetzt ist es leider noch sehr teuer, wenn man zum Beispiel eine Solaranlage auf dem Dach haben möchte.

Mehr Geschosswohnungsbau und Hochhäuser?

Absolut, das gehört auch dazu. Wir sagen als FDP nicht: Zieht alle ins Eigenheim in das Umland. Für diejenigen, die lieber mitten in der Stadt wohnen möchten, sind die Themen Verdichtung und höhergeschossige Bauweise sehr wichtig. Es wird wieder selbstverständlicher sein, dass sich in den Zentren von Großstädten Wohnhäuser befinden statt nur Büro- und Geschäftsräume. Interview: ari

Fragen an Volker Körlin (AfD)

Brauchen wir stärkere Regulierungen bei privaten Bautätigkeiten?

Im ländlichen Raum, auch im Umland größerer Städte, ist noch genügend freie Fläche vorhanden. Es kann nicht sein, dass wir nicht zulassen, dass sich Menschen dort ihren Traum vom Eigenheim verwirklichen.

Die Landjugend beklagt, dass in Niedersachsen alle zwölf Tage die Fläche eines landwirtschaftlichen Betriebs verloren geht. Nicht nur durch die Ausweisung neuer Baugebiete, sondern auch weil Ausgleichsflächen in der Regel zulasten landwirtschaftlicher Nutzfläche gehen.

Das hat nicht nur mit Bautätigkeiten zu tun, sondern auch damit, dass zu viele Schutzgebiete ausgewiesen und der Landwirtschaft entzogen werden. Auch da muss man ansetzen, zum Beispiel bei der Renaturierung von Mooren. Die Flächen sollten besser weiterhin der Landwirtschaft zur Verfügung stehen, gegebenenfalls mit ökologischen Auflagen für die Bewirtschaftung und dazu passender Bezuschussung der Betriebe. Die Chance auf ein Einfamilienhaus auf dem Lande muss erhalten bleiben, denn genau deshalb ziehen Menschen aus der Stadt hierher. Bei den Ausgleichsflächen muss man schauen, dass man sie nicht nur der Landwirtschaft entzieht.

Laut Bundesumweltministerium wächst die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland täglich um rund 58 Hektar, das sind etwa 82 Fußballfelder. Auch im Heidekreiswerdenimmerneue Baugebiete ausgewiesen. Ist das wirklich kein Problem?

Natürlich ist das ein Problem. Wir werden aber auch immer mehr Menschen...

...die Bevölkerung schrumpft, aber der Einzelne beansprucht immer mehr Wohnfläche.

Durch starken Zuzug wächst die Bevölkerung schon ein wenig.

Das ist ein Sondereffekt der sehr starken Zuwanderung während der Flüchtlingskrise. Perspektivisch erwarten Bevölkerungswissenschaftler einen Rückgang. Oft leben auf dem Land alte Menschen allein oder zu zweit in zu großen Häusern, in denen früher Familien lebten...

Dann muss man diesen Menschen andere Angebote machen.

Mehr Geschosswohnungsbau?

Wenn viele alte Menschen allein oder zu zweit in großen Häusern auf dem Land oder auf den Höfen leben, muss man ihnen den Umzug in kleinere Häuschen oder Wohnungen ermöglichen. Natürlich ortsnah und freiwillig, niemand soll entwurzelt oder verdrängt werden. Es müssen Angebote sein, die Menschen gerne annehmen. Da sind die Kommunalpolitiker vor Ort gefordert. Den Bau von Einfamilienhäusern verbieten, wie die Grünen das wollen, lehne ich ab.

Das Einfamilienhaus ist trotz schlechter Öko-Bilanz kein Auslaufmodell?

Es muss nicht gleich ein Haus mit 350 Quadratmetern für eine Familie sein. Aber grundsätzlich hat das Einfamilienhaus Vorzüge. Ich möchte da nicht mit der Verbotskeule kommen. Kinder können im eigenen Garten besser spielen als in der städtischen Dreizimmerwohnung.

Die AfD fordert „Wohngeld statt sozialer Wohnungsbau“. Wäre das nicht eine unangemessene Subventionierung der Vermieter? Die müssten ihre Mieten nicht mehr an die Leistungsfähigkeit ihrer Mieter anpassen.

Im Wohnungsbau kann man zwei Strategien fahren. Man kann den Anstieg von Mieten durch Mietendeckel oder Mietpreisbremse begrenzen, dafür gibt es Applaus und Wählerstimmen, aber es entsteht keine einzige zusätzliche Wohnung. Die andere Strategie ist, den privaten Wohnungsbau zu fördern. Das hat in der Vergangenheit gut funktioniert. Wenn das wieder funktionieren soll, brauchen wir Investitionsanreize.

Früher gab es auch mehr sozialen Wohnungsbau.

Und irgendwann wurden die Sozialwohnungen für ’nen Appel und ’n Ei an amerikanische Hedgefonds verkauft.

Ein Fehler?

Ganz klar. Da haben einige Herrschaften mit guten Kontakten abkassiert. Aber den Bestand an Sozialwohnungen bekommen wir nicht einfach zurück. Rückkauf ist sehr teuer und schafft keinen neuen Wohnraum. Wir brauchen Anreize zum Wohnungsbau. Man muss Baukosten in Relation zur Miete setzen. So erhält man eine Kostenmiete. Die muss erzielt werden, damit sich das Bauen rentiert. Bei der Berechnung von Wohngeld ist die Kostenmiete der Maßstab. Wer die nicht zahlen kann, wird unterstützt. Das andere Modell, der Mietendeckel, führt dazu, dass sich Wohnungsbau nicht mehr lohnt und Wohnungsnot größer wird.

Der gerichtlich gekippt Berliner Mietendeckel, auf den sie anspielen, galt nicht für Neubauten.

Die ganze Diskussion ist anlegerfeindlich und verschreckt Investoren. Das ist vielen nicht bewusst. Und wenn der Staat neu in den sozialen Wohnungsbau einsteigen würde, entstünden erneut Riesensiedlungen, die später verkauft werden. Das fördert auch Gettobildung, weil nur bestimmte Personen dort wohnen dürfen. Besser sind genossenschaftliche Modelle, so etwas kann man unterstützen.

Welche Entwicklung bei der weiteren Urbanisierung der Metropolregion wünschen Sie sich? Welche Maßnahmen halten Sie innerhalb der nächsten fünf Jahre für zielführend, was sollte bis 2031 und was innerhalb von 25 Jahren geschehen?

Wenn man die Verkehrswege weiter ausbaut, entsteht ein Mehrwert. Der Heidekreis liegt günstig, Menschen können bei entsprechend ausgebauter Infrastruktur nach Hamburg, Hannover oder Bremen pendeln. Man kann sich aussuchen, wo man sich bewerben möchte. Das ist ein echter Vorteil.

Werden Teile des Heidekreises quasi Vororte von Hamburg und Hannover?

Sündenfälle der Großstädte sollten wir im Heidekreis nicht wiederholen. Siebenstöckige Gebäude mit einer Kostenmiete von 7,50 Euro pro Quadratmeter rechnen sich für Bauträger und Investoren, fördern aber die Gettobildung. Neue Hochhaussiedlungen lehne ich daher definitiv ab. Wichtig ist mir, dass wir in Deutschland zu einer höheren Eigentumsquote bei Immobilien kommen. Interview: ari

Fragen an Kathrin Otte (LINKE)

Freies Bauen versus Flächenverbrauch – brauchen wir schärfere Regulierung?

Unser Leitbild für die Stadtentwicklungs- und Raumordnungspolitik ist der sozialökologische Umbau. Die Linke setzt sich deshalb für eine flächensparende und ressourcenschonende Stadtentwicklung ein, die auf eine Nachverdichtung einhergehend mit Ausweitung und Aufwertung von urbanem Grün, sowie auf Bestand vor Neubau setzt. Die Spekulation auf steigende Boden- und Immobilienpreise wollen wir mit einem Antispekulationsgesetz unterbinden.

Sie wollen Neuversiegelung von Flächen verringern und Entsiegelungspotenziale identifizieren. Wo sehen Sie in der Lüneburger Heide dafür Ansatzpunkte?

Wenn wir von derzeit täglich 52 Hektar Flächenversiegelung auf null Hektar in 2050 kommen wollen, müssen wir die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie bis hin zum Niedersächsischen Weg mit Sanktionierungsmaßnahmen ausstatten. Sonst wird das nicht ernst genommen. Seit Jahren gibt es den Vorschlag, das Militärgelände zwischen Bergen bis Fallingbostel und Ostenholz bis Soltau Süd in ein Biosphärenreservat umzuwandeln. Zu wünschen wäre, Neubauten im Zuge einer zunehmenden Wiederertüchtigung stillgelegter Bahnstrecken entlang dieser anzusiedeln und überflüssig gewordene Parkplätze zu renaturieren. Auch der absehbare Rückgang von Massentierhaltung setzt versiegelte Flächen frei.

Die Linke befürwortet das selbst genutzte Eigenheim, was Baugebietsausweisungen erforderlich macht, will aber im Saldo Flächenversiegelung abbauen. Sehen Sie darin kein Widerspruch?

Die Linke setzt sich für eine nachhaltige, sozial ausgewogene und an den Interessen der Bewohner orientierte Bodenpolitik ein. Durch einen klaren Vorrang der Bestands- und Innenentwicklung vor einer weiteren Ausweisung von Neubaugebieten an Siedlungsrändern, soll die Zersiedelung gestoppt und der Flächenverbrauch deutlich verringert werden. Wie sinnvoll die Ausweisung weiterer Baugebiete ist, müssen die Kommunen vor Ort entscheiden. Viele Arbeitnehmer haben zudem kaum noch die Möglichkeit, Eigentum zu erwerben, weil sie einen Großteil ihres Einkommens für Miete aufwenden müssen. Deswegen benötigen auch diejenigen, die Wohneigentum anstreben, zunächst bezahlbare Mieten.

Ob Mobilitätswende, Agrarwende, Energiewende oder Gesundheitsversorgung, der ländliche Raum bleibt auf der Strecke. Wie wollen Sie für gleichwertige Lebensbedingungen sorgen?

Die Grundlage zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse bildet eine auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen. Dies beinhaltet die Übernahme sämtlicher Kosten für Aufgaben, die ihnen durch Bund und Länder in der Vergangenheit übertragen wurden oder werden sowie eine kommunale Altschuldenlösung. Nur so können strukturschwache Regionen flächendeckend eine gute Versorgung und Zukunftsperspektiven für Jung und Alt gewährleisten. Es benötigt zudem angepasster Förderstrategien. Neue Wertschöpfungspotenziale gilt es durch den schnellen Ausbau der Breitbandinfrastruktur zu erschließen. Der Abbau des kommunalen Investitionsstaus sowie der Aufbau eines leistungsfähigen, bezahlbaren und bedarfsgerechten ÖPNV sind weitere wichtige Infrastrukturmaßnahmen. Mit Rekommunalisierungen, Dezentralisierungen sowie gemeinwohlorientierten und genossenschaftlichen Wirtschaftskonzepten wollen wir zudem regionale Wirtschaftskreisläufe stärken.

Sie sagen, die Schuldenbremse wirke sich verheerend auf die kommunale Demokratie aus. Inwiefern?

Die Kommunen bieten uns einen Rahmen, in dem wir leben, arbeiten und uns engagieren. Vom Zustand der Infrastruktur sowie der kommunalen Beteiligungsmöglichkeiten hängt also ab, wie lebenswert das Leben in einer Kommune ist. Investitionen verursachen aber oftmals eine strukturelle Neuverschuldung und dürfen laut Schuldenbremse nicht über Kredite finanziert werden. In der Folge gibt es keine Wohnungen, keine Radwege und keine neue Kita, obwohl diese vielleicht dringend gebraucht würden. In der Bevölkerung entsteht der Eindruck, in einer abgehängten Region zu leben.

Wie soll die Abschaffung der Schuldenbremse finanzschwachen Kommunen an der Peripherie wie beispielsweise Munster helfen?

Die Abschaffung der Schuldenbremse als alleinige Maßnahme wird nicht substanziell weiterhelfen. Aber sie bildet einen Baustein innerhalb der Maßnahmen, die zur Stärkung finanzschwacher Kommunen insgesamt zu ergreifen sind.

Welche Maßnahmen wollen Sie in den ersten vier Jahren ergreifen, um den ländlichen Raum am Beispiel des Heidekreises auf die anstehenden Veränderungen vorzubereiten?

Auch für den Heidekreis bilden eine auskömmliche Finanzausstattung sowie die weiteren genannten Schritte ganz konkrete Maßnahmen, um Veränderungen einzuleiten.

Welche Ziele und Maßnahmen streben Sie mittelfristig an?

Diese Frage lässt sich beantworten, wenn die Maßnahmen für die ersten vier Jahre umgesetzt und deren Wirkung evaluiert wurden.

Wie wollen Sie langfristig den Anschluss des ländlichen Raums sichern?

Der Heidekreis ist historisch zweigeteilt: der Süden nach Hannover orientiert, der Norden hin zur Metropolregion Hamburg. Langfristig wird der Klimawandel zum beschleunigten Umbau zur regionalen Kreislaufwirtschaft und zum Ausbau regionaler Strukturen und Arbeitsplätze beitragen, mit Förderung von Genossenschaften, Handwerks- und Reparaturbetrieben. Insofern wäre eine „Modellregion regionale Kreislaufwirtschaft“ mit entsprechender Förderung auch für eine finanziell lohnende Konversion in eine ökologische Land- und Forstwirtschaft denkbar. Interview: bk

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