Parteienkolumne: Zentrales HKK bauen– aber wie?

Das Ergebnis des Bürgerentscheids zum Standort eines neuen Heidekreisklinikums steht fest – ein deutliches Votum für F4 bei Bad Fallingbostel. Und ein Modell, wie das HKK einmal aussehen könnte, gibt es seit gestern bereits (Foto). Aber ist damit auch der Zwist beendet, herrscht kollektive Eintracht? Wohl kaum. Darüber sind sich alle zum Parteienforum der Böhme-Zeitung befragten Sprecher der Parteien im Klaren. Denn das Ergebnis, die Verteilung der Ja- und Neinstimmen habe gezeigt, dass weiter deutliche Unterschiede zwischen dem nördlichen und dem südlichen Teil des Kreisgebiets bestehen. Die Fragestellung lautete: „Eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler hat entschieden: Der Standort für ein neues Heidekreisklinikum soll im Bereich F4 bei Bad Fallingbostel sein. Damit ist die Auseinandersetzung um das Bürgerbegehren zwar beendet, der Streit über ein zukünftiges zentrales HKK wohl noch nicht. Wie beurteilen Sie die Situation nach dem Wählervotum? Sehen Sie Chancen für eine einvernehmliche Lösung, die bei der Bevölkerung die erforderliche Akzeptanz findet, oder ist das Projekt HKK-Neubau aufgrund der Auseinandersetzung derart vorbelastet, dass ein Scheitern droht? Was muss, was kann getan werden?“

Bessere Kommunikation allein tut’s nicht

Gerd Engel (CDU): Viele Wochen hatten wir neben der Information über Corona in den Zeitungen das Thema zum Heidekreisklinikum. Täglich waren die Informationen der Redakteure zu lesen. Fast alle Leserbriefe befassten sich mit dieser Thematik. Daneben war in den sozialen Medien noch viel mehr los. Immer wieder wurde aber deutlich, überall sehnten die Bürgerinnen und Bürger den 18. April herbei. Nun ist der Bürgerentscheid eine gute Möglichkeit, Bürgerinnen und Bürger direkt an einer Entscheidung zu beteiligen, durchgeführt worden. Die berechtigten Heidekreisler haben entschieden. 47,96 Prozent hatten an der Abstimmung teilgenommen. Bei der intensiven Behandlung des Themas konnte mit einer größeren Teilnahme gerechnet werden. Knapp 64 Prozent haben mit Nein gestimmt. Als Ergebnis kann dadurch festgestellt werden, der Kreistagsbeschluss vom 26. Juni 2020 bleibt bestehen.

Sicher gibt es den einen oder die andere, die wie bei jeder Entscheidung auch mit diesem Ergebnis nicht zufrieden ist. Wir Christdemokraten akzeptieren dieses Votum und werden dementsprechend damit weiter arbeiten. Aus unserer Sicht ist es aber genauso wichtig, dass wir das amtliche Endergebnis im Detail noch einmal auswerten müssen. Jetzt heißt es, nach vorne zu schauen. Die Kreisverwaltung wird nun aufgrund dieser Entscheidung der Bürger unseres Landkreises die nächsten vorgegebenen Schritte einleiten. Wichtig ist aber festzuhalten, dass die von allen geforderte Transparenz und die Nachvollziehbarkeit für alle gegeben sein müssen. Die CDU setzt sich das Ziel, möglichst große Teile der Bevölkerung im Heidekreis auf dem Weg mitzunehmen und, wo immer, für transparente Information zu sorgen.

Aynur Colpan (SPD): Wir sind mit dem Ergebnis der Abstimmung um den Standort für das neue Heidekreisklinikum zufrieden, weisen aber gleichzeitig auf die bestehenden Herausforderungen im Heidekreis hin: Wir haben beim Wettlauf um die Zukunft der Gesundheitsversorgung eine wichtige Etappe genommen. Gleichzeitig haben wir eine große Aufgabe bei der Zusammenführung des Heidekreises vor uns. Anders als bei ähnlichen Abstimmungen in Niedersachsen in der jüngeren Vergangenheit ist bei uns eine Vollbremsung ausgeblieben. Wir können so in die nächste Runde um die Fördermillionen und um eine gute medizinische Versorgung gehen.

Das Abstimmungsergebnis ist auch ein Signal nach Hannover in Richtung Landesregierung: Der Heidekreis hat gezeigt, dass er dieses neue Gesamtklinikum will. Jetzt muss es darum gehen, auch diejenigen von diesem gemeinsamen Projekt zu überzeugen, die für einen Abbruch der bisherigen Planungen gestimmt haben. Dazu muss die Transparenz und Informationspolitik von allen Seiten deutlich verbessert und ausgebaut werden. Jede und jeder muss jetzt die Gelegenheit bekommen, sich über das neue Krankenhaus ein eigenes Bild zu machen. Mit Rückblick auf die Auseinandersetzungen der letzten Wochen müssen jetzt beide Seiten über manches gefallene Wort hinwegsehen. Wir müssen aufeinander zugehen und den ausgehobenen Graben weiter schließen. Dazu haben wir als Heidekreis-SPD den Heidekreis-Dialog gestartet, den wir in den nächsten Monaten weiter fortsetzen werden. Zur Umsetzung muss auch das von uns bereits 2019 geforderte medizinische Gesamtkonzept kommen, bei dem auch die Städte Soltau und Walsrode weiterhin gut versorgt bleiben.

Lennard Lorenzen (Grüne): Obgleich die Bürgerinnen und Bürger aus dem Norden des Kreises mehrheitlich für eine Standortsuche bei Dorfmark gestimmt haben, fällt das kreisweite Ergebnis deutlich zugunsten der bisherigen Planungen aus. Die Standortdebatte war notwendig. Ihr lag ein jahrealter, schwelender Konflikt zugrunde, dessen einzige Lösung nur im offenen Meinungsaustausch liegen kann. Es war wichtig, die Bedenken anzuhören und sich ein genaues Bild der Meinungen zu machen. Daher haben wir Grünen den Bürgerentscheid im Vorwege immer als wichtiges politisches Instrument zur Meinungsabbildung unterstützt. Genauso notwendig ist es nun aber, das Ergebnis zu akzeptieren, lösungsorientiert in die Zukunft zu schauen und das Projekt HKK-Neubau voranzutreiben.

Uns ist wichtig, auch diejenigen, die nach sicherlich wohlüberlegtem Abwägen mit „Ja“ gestimmt haben, bei diesem Prozess mitnehmen zu können. Der Schlüssel zum Erfolg wird eine massiv verbesserte Kommunikation sein: Nicht nur sollte der Informationsfluss zu allen Bürgern auch nach dem Bürgerentscheid offengehalten werden, auch andersherum müssen ihre Argumente und Bedenken bei den Verantwortlichen Gehör finden und ernst genommen werden. Ein transparenter Umgang kann das nötige Vertrauen schaffen, das wir brauchen. Wenn das gelingt und andererseits auch die Unterstützer des Bürgerbegehrens sich konstruktiv in den weiteren Prozess einbringen, könnte dies gute Chancen auf einen echten Neuanfang bedeuten. Nur wenn alle Beteiligten gemeinsam, fokussiert und zügig handeln, haben wir die Perspektive auf finanzielle Förderung und eine möglichst gute medizinische Versorgung im Heidekreis.

Bernhard Schielke (AfD): Die mit dem Bürgerentscheid entstandene Konfliktsituation wird nach und nach zwar kleiner, aber im Unterbewusstsein bleiben. Man hat ja jetzt gesehen, wie schnell sich wieder alte Gräben öffnen lassen, etwa die fast vergessene Nord-/ Südkreisdiskussion. Und sollte der hochgepriesene Klinikneubau in der einen oder anderen Sache nicht so verlaufen wie uns jetzt versprochen wird, dann kommt der Kessel schnell wieder zum Kochen. Konfliktpotenzial ist eigentlich reichlich vorhanden, zum Beispiel bei höheren Baukosten oder bei Nichteinhalten der mit dem Neubau versprochenen ärztlichen 1a-Versorgung. Meine anfängliche Euphorie zum Klinikneubau an zentraler Stelle im Heidekreis ist jetzt völlig verflogen. Es überwiegt deutlich meine Skepsis.

Ein Krankenhaus muss von der Bevölkerung angenommen werden, aber zurzeit kann man den Zuspruch in der Bevölkerung zumindest im nördlichen Teil des Heidekreises mit dem Zustand eines angeschlagenen Boxers vergleichen. Viele Gewerbetreibende und mit deren Arbeitsplätzen auch Privatpersonen werden sich vermutlich lieber näher am Standort eines neuen HKK ansiedeln. Dieser Standortnachteil wird sich dann sehr negativ auf die Einkommen- und Gewerbesteuereinnahmen der nördlichen Heidekreiskommunen auswirken, aber bezahlen sollen sie für ein HKK weiterhin. Die betroffenen Kommunen sollten mit diesem Aspekt auf eine Senkung der Kreisumlage drängen. Vielleicht wird im Rahmen einer Gebietsreform dann auch von den Nordkreiskommunen verstärkt die Aufnahme in den Harburger Landkreis gefordert. Für mich besteht der Landkreis Heidekreis in dieser Form nicht mehr über Jahrzehnte hinweg.

Tanja Kühne (FDP): Viele, die sich erstmals in einen Wahlkampf mit Tat und Kraft begeben haben, werden erst einmal runterfahren und plötzlich spüren, dass irgendetwas vorbei ist. Das Ergebnis gegen „Ja“ für „Nein“ eventuell erst nach einigen Tagen mit Ruhe bewerten und analysieren. Wer kann das besser nachempfinden als wir Liberalen? Persönlich, daraus hatte ich nie einen Hehl gemacht, bin ich froh, dass die Planungen jetzt auch „offiziell“ für F4 weitergehen können. Auf der anderen Seite finde ich es nur richtig, auch den Akteuren des Bürgergehrens Respekt für ihre Leistung zu zollen. Dass sich im Laufe des Wahlkampfes zum Teil unterirdische Kommunikation stattgefunden hat, fand ich eine unglückliche Entwicklung für dieses Prozess. Nun denn.

Wo sich eine Tür schließt, geht eine andere auch wieder auf. Ein modernes Krankenhaus in der kommenden Dekade eröffnet auch viele Chancen. Diese gilt es jetzt auch für die Bevölkerung im Nordkreis zu sehen und auszubauen. Suchen wir die identitätsstiftenden Dinge, die. uns verbinden! Und wie viel kann dieses Krankenhaus als Mittelpunkt einer guten kommunalen gesundheitlichen Infrastruktur? Vieles wird jetzt auch an der zukünftigen Kommunikation liegen – haben die Hauptakteure aus der Vergangenheit gelernt? Wie wird Transparenz durchgeführt? Ist es nur ein Wort oder auch mit Taten gefüllt? Letztendlich geht es um viel mehr als ein Krankenhaus: es geht um optimale Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter, es geht um die Infrastruktur in den Mittelzentren, um die Anbindungen seitens ÖPNV. Es geht um die Notfallversorgung des Nordkreises. Die Nachnutzungen der vorhandenen Gebäude. Vor allen Dingen geht bei allem um uns Menschen.

Thorsten Schröder (BU): Der Bürgerentscheid ist gelaufen und die basisdemokratische Entscheidung ist zu akzeptieren. An dieser Stelle danken wir den Initiatoren des Bürgerbegehrens für Ihren tollen Einsatz. Vor dem Hintergrund, dass fast 20 000 Bürger mit „Ja“ gestimmt haben, ist zumindest fraglich, ob das neue Klinikum auch eine breite Akzeptanz findet, welche für einen Erfolg zwingend erforderlich ist. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt ob der Vorgehensweisen der verantwortlichen Protagonisten aus der Südkreis-CDU, der SPD und dem Landrat. Aber auch der HKK-Geschäftsführer Dr. Rogge hat hier keine „gute Figur“ gemacht.

Dies vor dem Hintergrund, dass das von ihm in Auftrag gegebene Gutachten bis heute nicht freigegeben wurde. Warum nicht? Steht da vielleicht etwas drin, was den F4-Berürwortern nicht gefällt? Es ist ebenso inakzeptabel, dass durch sachlich falsche Argumente eine Entscheidung derart einseitig dargestellt wurde. Die Bevölkerung wurde mit den Argumenten „…bei einem Ja zum Bürgerbegehren würde es gar keinen HKK-Neubau geben…“ und der unwahren Behauptung, dass „…am 30. September 2021 die Frist ablaufe…“ stark verunsichert und quasi zu einem „Nein“ gedrängt. Und diese einseitige pro Bad-Fallingbostel-Kampagne wird über den Verlustausgleich durch alle Bürger des Heidekreises finanziert. Zudem kann die gesamte Kommunikation in dieser Sache einfach nur als desaströs bezeichnet werden. Wir hoffen im Interesse aller Bürger des Heidekreises, dass die Fördermittel vom Land auch tatsächlich bewilligt werden und es somit zu einem Krankenhaus-Neubau kommt, welcher dann die Akzeptanz aller Bürger findet und medizinisch sowie wirtschaftlich erfolgreich wird.

Böhme-Zeitung