„Ablenkung von eigenen Schwächen“

Von Anja Trappe

Soltau. Die Aussprache zum Haushalt in der Sitzung des Stadtrats nutzte SPD-Fraktionschef Harald Garbers für eine persönliche Anmerkung zum Thema Heidekreis-Klinikum. Die Auseinandersetzung um den Standort habe die Gräben zwischen Nord- und Südkreis wieder einmal deutlich werden lassen. Sein Wunsch sei gewesen, dass es eine deutliche Mehrheit im Kreistag für eine Variante geben sollte. Drei Viertel der Kreistagsabgeordneten hätten sich nachvollziehbar den Empfehlungen der Gutachter angeschlossen, „auch wenn es nicht unbedingt meinen Wünschen entspricht“. In der Juli-Sitzung des Stadtrats hatte er noch auf die Favoritenrolle des Standorts F4 hingewiesen.

Zusammenarbeit in der Außenwirkung nicht erkennbar

In der jüngsten Stadtratssitzung ging es ihm aber weniger um den Fakt an sich, sondern um die vermeintliche Südkreis-Dominanz, die seiner Einschätzung nach nur ein billiges Ablenken von eigenen Schwächen sei. „Wir sind im Nordkreis mit sechs Kommunen immer noch sehr kleinteilig aufgestellt. Auch die Zusammenarbeit der Nordkreiskommunen in der Heideregion ist zumindest in der Außenwirkung nicht erkennbar“, betonte Garbers. Der Südkreis habe hingegen mit dem Dreieck, Walsrode, Bomlitz und Bad Fallingbostel ein Zentrum mit rund 42 000 Einwohnern, und „das Wirken der ehemaligen 1. Kreisrätin (Walsrodes Bürgermeisterin Helma Spöring, d. Red.) zur Durchsetzung gemeinsamer Interessen ist deutlich spürbar“. Das aus dieser Größe auch Ansprüche abgeleitet würden, sei nachvollziehbar.

„Wir sollten deshalb auch im Nordkreis über Zusammenschlüsse nachdenken“, verwies Garbers auf Sportvereine, die das vormachten. Dadurch könne man den gemeinsamen Einfluss im Heidekreis erhöhen. Wenn in diesem Prozess Soltau eine führende Rolle übernehme, begrüße er das. „Es sollte aber ohne die uns in der Vergangenheit gelegentlich zugeschriebene Arroganz und Überheblichkeit geschehen.“ Das Thema HKK-Neubau griff auch Bernhard Schielke für die AfD auf, der den Neubau in Bad Fallingbostel als für das Mittelzentrum Soltau „wahrscheinlich sehr nachteilig“ einordnete. Die AfD habe schon zu Beginn der Standortsuche ein „schlechtes Gefühl gehabt und den Soltauer Rat im vergangenen Jahr mit einem Antrag aufgefordert, den Standort Soltau stark zu machen.“ Das sei nicht für erforderlich gehalten worden. Absolut unverständlich sei für ihn, dass einige Soltauer Ratsmitglieder „einem nicht vollständig nachvollziehbaren Gutachten gefolgt sind“.

Infobox: Zeitnahe Entscheidung

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens in Sachen HKK-Standort gehen davon aus, dass bereits Anfang Januar das Verwaltungsgericht über ihren Eilantrag entscheidet. Das bestätigte auch eine Sprecherin des Gerichts auf Anfrage: Eine Entscheidung werde voraussichtlich zeitnah ergehen. Die Initiatoren hatten die Zulassung des Bürgerbegehrens und in der Folge des Bürgerentscheids für einen Standort bei Dorfmark beantragt. Der Landkreis habe mittlerweile auf die Klage reagiert, laut Initiatoren auf die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens hingewiesen und sich auf das Rechtsgutachten von Professor Dr. Jörn Ipsen bezogen. Der Anwalt der Initiative hat daraufhin erneut reagiert und das Bürgerbegehren als rechtmäßig eingeordnet. Auch mit dem Wechsel von F4 auf D4, so die Initiatoren, seien die Abgabetermine einzuhalten, um die Fördermittel für den Neubau zu erhalten. Dem Aufruf zur finanziellen Unterstützung des Bürgerbegehrens seien mittlerweile viele gefolgt. Bis Ende vergangener Woche seien 10 000 Euro zusammengekommen. Für das Wahljahr 2021 sehen die Initiatoren das HKK neben Corona als das Thema Nr. 1 auf Kreisebene, möglicherweise stelle das den Landkreis vor eine Zerreißprobe. at

Anja Trappe