Landrat: Limit bei 50 Millionen Euro

Von Anja Trappe

Dorfmark. Schade findet es Karin Thorey, dass das, was das neue zentrale Heidekreis-Klinikum ausmachen könnte, hinter der Standortdiskussion versande. Das stellt Bad Fallingbostels Bürgermeisterin zu Beginn ihres etwas anderen Stammtisches fest, zu dem sie am Mittwochabend nach Dorfmark geladen hatt. Draußen unter einem gewaltigen Garagendach von Medings Gasthaus, mit Maske und Abstand, 80 Stühlen in Reihen und ohne Theke rückt sie gemeinsam unter anderem mit Landrat Manfred Ostermann und HKK-Geschäftsführer Dr. Achim Rogge die Erwartungen an den Neubau in den Vordergrund. Wichtigste Erkenntnis der ersten öffentlichen Veranstaltung zum Projekt: 200 Millionen Euro, inklusive der 155 Millionen-Euro-Brutto-Förderung, soll das Vorhaben kosten. Was auch bedeute, so Ostermann, mehr als 50 Millionen Euro wolle der Landkreis nicht ausgeben. Das habe man politisch diskutiert. „Was wollen, was können wir uns leisten? Das ist das Limit, mehr geht nicht, mehr wird nicht kommen.“ Sollte das Projekt drohen, teurer zu werden, dann müsse man an anderer Stelle sparen. Dann werde so lange gekürzt und gestrichen, bis es passe.

Kurz vor Ende der Veranstaltung geht es erneut um die Kosten, als Ostermann erläutert, dass der Kreis die 50 Millionen Euro als Kredit aufnehmen werde und ja, ein Teil davon als Kreisumlage durch die Städte und Gemeinden zu finanzieren sei. Dass es durchaus sein könne, dass aus „unvorhergesehenen Gründen“ das Geld des Kreises nicht ausreiche, schränkt im Anschluss Dietmar Schulz ein. Der Bauingenieur und Geschäftsführer des Unternehmens Archimeda, das an der Standortfindung und weiteren Planung beteiligt war und ist, erklärt, dass man auch zu Mehrkosten kommen könne, beispielsweise durch Steigerung bei Material und Lohn. „Das ist dann nicht unser Verschulden.“

Im September 2021 müssen Unterlagen in Hannover sein

Insgesamt zeichnen die Beteiligten zunächst den Weg nach, der den Neubau für den Heidekreis geebnet hat. So habe man mit der vom Land eröffneten Chance, 155 Millionen Euro an Fördermitteln zu erhalten (inklusive Mehrwertsteuer), „unseren Hut in den Ring geworfen“, erklärt Ostermann. Im September 2021 müssen die nötigen Bauunterlagen in Hannover vorliegen. Ostermann erläutert zudem, dass ein einziger Standort im vorherigen Verfahren politisch nicht durchsetzbar gewesen sei. So habe es den Auftrag des Kreistags an das Klinikum gegeben, nach „objektiv, sachlichen Kriterien“ den besten Standort auf einer Fläche von rund 30 Hektar zu suchen. Dorfmark sei damals berücksichtigt worden, „weil wir zu keinem Zeitpunkt wussten, ob wir an Grundstücke drankommen“ und was planungsrechtlich realisierbar sei. Aber schon aufgrund der Zufahrten, der eher ländlichen Struktur, habe der Ort kaum Chancen gehabt. „Das Go für den Bau ist nicht gegeben, der Kreistag muss noch entscheiden.“ Mehr als der Sicherungsbeschluss für den Standort F4, südlich von Bad Fallingbostel, sei noch nicht passiert. An anderer Stelle des Stammtischs stellt Ostermann für sich fest: „Für Dorfmark ist der Zug abgefahren.“

Dass es ihm wichtig sei, das Krankenhaus auch künftig in kommunaler Trägerschaft zu halten, begründete Ostermann mit dem Mitspracherecht: „Wir können es nur einmal verkaufen, dann bestimmen andere, was lukrativ ist“, sagte er zum möglichen medizinischen Angebot. Den jährlichen Zuschuss von zuletzt noch immer zehn Millionen Euro wolle sich der Landkreis nicht mehr leisten. Mit dem Neubau würden diese „irgendwann auf Null gehen, dann haben wir Freiraum für andere Projekte“.

Rogge vermutet 140 000 Krankenhausmanager

Wie es in Deutschland 80 Millionen Fußballtrainer gebe, vermutet schließlich HKK-Geschäftsführer Rogge im Heidekreis 140 000 Krankenhausmanager. Er arbeitet sich zunächst anhand der Entwicklung von den 80er-Jahren mit Fernseharzt Dr. Brinkmann zur heutigen dualen Finanzierung der Krankenhäuser vor: Die Betriebskosten übernehmen die Krankenkassen, Investitionen und Ausstattung liegt bei den jeweiligen Bundesländern. Der finanzielle Druck werde immer ein bisschen größer, „man kalkuliert es politisch ein, dass Krankenhäuser vom Markt gehen“, sagt Rogge. Und ja, auch das Klinikum mit den beiden Standorten Soltau und Walsrode sei zu teuer. Nur unter einem Dach sei die Qualität weiterzuentwickeln, eine vernünftige Struktur für Ärzte und Pflegepersonal vorzuhalten. „Wenn wir eine Zukunft haben wollen, dann ist das nur mit einem Neubau möglich.“

Als einen Mittelpunkt der Planungen bringen Rogge und Planer Schulz das Einbettzimmerkonzept nach vorn. Aus dem Sozialministerium habe man positive Rückmeldungen erhalten, „ob es zu 100 Prozent gelingt, müssen wir sehen“. Auch das solle zur Attraktivität beitragen, dass künftig mehr Patienten aus dem Heidekreis kämen, insgesamt habe dieser aber keinen Schlagbaum, so Rogge zum kreisübergreifenden Wirken. An den bisherigen Standorten Soltau und Walsrode sollen medizinische Versorgungszentren und Dauer- und Kurzzeitpflegen installiert werden. „Es bringt gar nichts, es an einem falschen Standort zu bauen“, betont Rogge. Und auch er verweist auf den dörflichen Charakter Dorfmarks, auf Patientenströme und Hubschrauberlandeplatz. Das habe er schon kritisch gesehen, bevor die Gutachter nach dem Ende des Raumordnungsverfahrens ihre Arbeit begannen. Wie beim Zehnkampf seien von Fachleuten schließlich die vier möglichen Standorte bewertet worden, zuletzt habe nur F4 durchweg beste Bewertungen erhalten.

Ähnlich wie in Dorfmark soll es in den nächsten Wochen noch weitere Informationsveranstaltungen im Heidekreis geben. Zunächst aber, so Landrat Ostermann, solle eine „politisch abgestimmte“ Postwurfsendung zum Neubau des Krankenhauses alle Haushalte des Landkreises erreichen.

Ein Wettbewerb wie beim Zehnkampf um das größte wirtschaftliche Potenzial, habe zum besten Standort geführt, sagt Dr. Achim Rogge, Geschäftsführer des Heidekreis-Klinikums. Foto: at

Ein Wettbewerb wie beim Zehnkampf um das größte wirtschaftliche Potenzial, habe zum besten Standort geführt, sagt Dr. Achim Rogge, Geschäftsführer des Heidekreis-Klinikums. Foto: at

Anja Trappe