Uneinig über HKK-Standort
Soltau/Schneverdingen. Mit Stellungnahmen zum künftigen Standort eines neuen, zentralen Heidekreis-Klinikums wenden sich in den Stadträten von Soltau und Schneverdingen vertretene Parteien an die Öffentlichkeit. Darin sprechen sich die Soltauer CDU und AfD sowie die Schneverdinger SWG für den Standort Dorfmark aus, die Schneverdinger SPD bevorzugt den Standort bei Bad Fallingbostel.
Für die Soltauer Christdemokraten steht bei der Standortauswahl die Akzeptanz der Bevölkerung im gesamten Heidekreis an erster Stelle. Dazu kommt, dass die Erwartung des Gutachtens zur wirtschaftlichen Entwicklung unrealistisch sei. Nur wenn medizinische Angebote für möglichst viele Bürgerinnen und Bürger des gesamten Heidekreises gut und schnell erreichbar seien, könne durch eine Akzeptanz eine solche Wirtschaftlichkeit überhaupt erreicht werden. Bei dem vom Aufsichtsrat und inzwischen vom Bau- und Umweltausschuss vorgeschlagenen Standort bei Bad Fallingbostel werde dies nach Meinung der Soltauer CDU nicht der Fall sein, denn mehr als 40 000 Einwohner der nördlichen Kommunen des Heidekreises würden abgehängt. Völlig unklar seien außerdem die tatsächlichen Kosten eines Neubaus, zumal bis heute nicht einmal eine vollständige Kostenschätzung geliefert worden sei. Ein zu teurer Neubau und die Gefahr weiterer hoher Defizite gefährdeten nicht nur den Landkreishaushalt, sondern auch Finanzkraft und Entwicklung der kreisangehörigen Kommunen. „Unsere drei Kreistagsabgeordneten Heidi Schörken, Silke Thorey-Elbers und Friedhelm Eggers werden am Freitag, 26. Juni in der öffentlichen Kreistags-Sitzung – nicht für den Standort Fallingbostel stimmen.“
„Die Schneverdinger Wählergemeinschaft (SWG) spricht sich für den Standort Dorfmark aus. Da das neue Klinikum in kommunaler Trägerschaft gebaut und betrieben werden solle, sei im Unterschied zu einem privaten Investor der Faktor Mensch besonders zu berücksichtigen. Ihm sei eine höhere Gewichtung als dem Faktor Wirtschaftlichkeit (Gewinnmaximierung) beizumessen. Kommunale Aufgabe sei es unter dem Aspekt der Sicherung der Daseinsvorsorge die beste medizinische Versorgung für die eigene Bevölkerung zu gewährleisten. Diesbezüglich sei der Standort von ausschlaggebender Bedeutung. Mit Dorfmark, circa mittig des Landkreises, sei ein solcher gefunden, da er hinsichtlich der Anfahrzeit (30 Minuten Regel) der geeignetste Standort sei. Es komme zum Beispiel bei einem Schlaganfall oder Herzinfarkt auf jede Sekunde an. Zudem sei Dorfmark politisch der konfliktärmste Standort.
Der Standort Bad Fallingbostel, der hinsichtlich der Anfahrzeit einige Kommunen, vor allem im Nordkreis mit circa 40 000 Einwohnerinnen und Einwohnern ausschließe, sei deshalb für die SWG inakzeptabel. Auch die Nordkreiskommunen wie Munster, Neuenkirchen, Bispingen und Schneverdingen beteiligten sich über die Kreisumlage am Bau und Betrieb des HKK. Insofern dürfe Solidarität keine Einbahnstraße sein. „Wir fordern daher alle Kreistagsabgeordneten aus den betreffenden Kommunen auf, gegen den Standort Bad Fallingbostel zu stimmen.“
Anders sieht das der SPD-Ortsverein Schneverdingen. Die Möglichkeit mit einer Förderung von circa 130 Millionen Euro ein neues kommunales, das heiße nicht privates Kreiskrankenhaus, bauen zu können, hält die SPD Schneverdingen für eine „großartige Chance.“ Nach dem einstimmigen Kreistagsvotum 2018 pro Neubau habe die Heidekreis-SPD ein umfassendes Gesundheitsvorsorgekonzept erarbeitet. Es liege seit 2019 vor, wesentliche Teile sollten nun umgesetzt werden. Falls der Heidekreis die Fördersumme erhalte, entscheide der neu gewählte Kreistag erst 2022 in Kenntnis einer präzisen Baukostenermittlung, ob wirklich gebaut werden solle. Nun stehe erstmal nur die Standortsuche an.
Anders als bei der teuren Fehlentscheidung unter dem damaligen HKK-Aufsichtsratsvorsitzenden Karl-Ludwig von Danwitz zu Abteilungsverlagerungen von Soltau nach Walsrode 2011 sei es diesmal aber keine völlig heidekreisinterne Angelegenheit, wenn der Kreistag den Standort festlege. Ein neues Krankenhaus können man nicht einfach bauen, wohin man möchte, auch nicht als Kreistag. Es gehe jetzt darum, in einem landesweiten Rennen um die riesige Fördersumme vom Land Niedersachsen den aus Landessicht am besten geeigneten Standort vorzuschlagen. Kriterien des Landes bei Krankenhausneubauten sieht die Schneverdinger SPD unter anderem in raumordnerischen Vorgaben und auch Prognosen zur Wirtschaftlichkeit. Rettungswesen und Notfallmedizin müssten überall gewährleistet sein. Entsprechende Gutachten seien von Fachleuten erstellt und ergäben insgesamt das eindeutige Ergebnis: „Die Fläche F4 ist am besten geeignet.“ Dieser Standort brauche nun im Kreistag eine größtmögliche Unterstützung, um bei der Landesregierung in Hannover deutlich zu machen, dass der Heidekreis hinter der Bewerbung stehe, endlich wirklich ein großes, gutes Krankenhaus möchte. Konkurrenz sieht die SPD nicht zwischen Norden und Süden des Heidekreises, sondern mit anderen niedersächsischen Regionen, wo die Grundstücke teils sogar schon gekauft sind.
Außerdem könne in einem länglichen Flächenlandkreis mit prosperierenden Kommunen am südlichen und nördlichen Rand ein einziges Krankenhaus nicht bei jedem vor der Haustüre liegen. Das gelte für beide Ränder. Auch die Schneverdinger SPD bevorzug eine Klinik ganz dicht dabei. Denn wichtig sei für alle Menschen die Gewissheit, im Notfall ganz schnell und rechtzeitig Hilfe zu bekommen. Dafür blieben die dezentralen Rettungsdienste erhalten. Für sie gelte eine gesetzliche 15 Minuten Frist. Der Unterschied der Fahrtzeit zur Klinik aus Schneverdingen nach Dorfmark oder Bad Fallingbostel sei wegen verschiedener Anfahrtswege aber winzig. Das Land werde aus Gründen der Raumordnung keinen Klinikneubau auf dem Dorfe zulassen, gar finanziell fördern, wenn doch eine städtische Fläche zur Verfügung gestanden hätte. Jede einzelne Stimme für Dorfmark gefährde daher die neue Klinik, denn ohne die immense Landesförderung wird gar nichts gehen.
Die Schneverdinger Kreistagsabgeordneten Hans Jürgen Thömen und Dieter Möhrmann stimmten jetzt mit ihren Fraktionskollegen für die von Experten ermittelte Fläche F4, damit der Heidekreis insgesamt seine Chance auf ein neues Klinikum mit größerem Angebot, guter Qualität und motiviertem Personal wahrt. Für die Soltauer Stadtratsfraktion der AfD ist die am 25. Juni zu verabschiedende Resolution gut und richtig und werde im vollen Umfang mitgetragen. Aber es sei viel zu spät reagiert worden. Die AfD habe schon im Mai vergangenen Jahres einen Antrag gestellt, der Soltauer Rat möge über die Standortsuche diskutieren und damit bei der Entscheidungsfindung einen Weg einleiten, der auch im Nordkreis Akzeptanz gefunden hätte. Das Ungemach sei für den Vorsitzenden der Soltauer AfD-Stadtratsfraktion, Bernhard Schielke, schon damit zu erkennen, dass die Walsroder Bürgermeisterin, Helma Spöring, schon mal rechtliche Schritte angekündigt habe, für den Fall, dass ihr der zukünftige Standort HKK nicht genehm wäre. Außerdem würde es sie „irritieren“, wenn das Krankenhaus nördlicher als Fallingbostel gebaut werden würde.
Schielke vermutet, hätte Soltau sich eher eingebracht und seine maximale Kompromissbereitschaft mit dem Standort Dorfmark zum Ausdruck gebracht, wäre das jetzige Ergebnis zum Standort HKK wahrscheinlich anders ausgefallen. Zu Gutachten hätten gerade die Soltauer im Bereich HKK schon ihre eigenen, nicht unbedingt guten Erfahrungen gemacht. Für die AfD-Stadtratsfraktion sei eine Entscheidung pro F4 auf keinem Fall richtig, denn das persönliche Empfinden vieler Nordkreisbewohner schlage ein als absolut objektiv gepriesenes Gutachten um Längen. Für Schielke sei es überhaupt nicht nachzuvollziehen, wie eine große Partei wie die SPD sich bei diesem wichtigen, auch emotionalen Thema, so bedingungslos hinter ihre einflussreichen Südkreispolitiker stellen kann. Die SPD erkenne nicht, dass man sich hiermit im Nordkreis viel Akzeptanz verspielen könne. bz