„Herr Landrat, wo ist die Mitte?“
Von Anja Trappe
Soltau. Torge Stamer hat das Motto des Pressetermins mit den Gewerbetreibenden aus Soltau, Bispingen und Neuenkirchen gedruckt mitgebracht. „Für die Klinik nur in Dorfmark“ steht auf einem Plakat, das er vervielfältigt hat und aufhängen will. Stamer ist Gewerbetreibender, sitzt aber auch im Gemeinderat in Neuenkirchen (Flupis) und sagt den weiteren Gesprächsteilnehmern zu, auch ihnen die Datei zu übermitteln – zum Nachdrucken. „Die Mitte des Heidekreises liegt nicht in Bad Fallingbostel“, betont auch Otto Elbers, Gewerbetreibender und ebenfalls Ratsmitglied (BU/FDP) aus Soltau. Er hätte eine entsprechende Frage aber auch gern von Landrat Manfred Ostermann beantwortet gehört. Dabei sei die Vorgabe aus Hannover doch wohl gewesen, das neue zentrale Klinikum in die Mitte des Landkreises zu bauen. Schon Dorfmark sei ein Kompromiss. Dass der Standort jetzt noch weiter in den Süden hinter Bad Fallingbostel wandern solle, könne einfach nur politische Gründe haben. Schließlich sollte es bei dem Neubau nicht um Wirtschaftlichkeit, sondern vorwiegend um die Erreichbarkeit gehen.
„Bad Fallingbostel ist ein Fall für Mario Barth“ – Matthias Sorge, Bispinger Gewerbeverein
Wenn es rein wirtschaftlich gesehen werde, dann müsste sich ein privater Betreiber um den Neubau kümmern, so Elbers. Bei einem kommunalen Krankenhaus, wie dem HKK, müsse der Bürger im Mittelpunkt der Entscheidung stehen – und da sei Dorfmark als Standort ein guter Kompromiss. Matthias Sorge, Vorsitzender des Bispinger Gewerbevereins, ärgert vor allem, dass mit der Umbenennung des Landkreises in Heidekreis die Grundlage gelegt worden sei, SFA, SOL oder FAL Geschichte sein zu lassen. Nun werde der Graben wieder ausgehoben. Zudem sieht Gewerbetreibender Sorge Bad Fallingbostel eben nicht als besten Standort: „Da geht es wie überall um Lage, Lage, Lage“, so Sorge. Eine Bäckerei setze man doch auch nicht in eine Nebenstraße, wenn die Hauptstraße zur Verfügung stehe. Gerade aus Bispinger Sicht mit den vielen angesiedelten Attraktionen wie Snow Dome, Kartbahn und Trampolinhalle seien Verletzungen nicht ausgeschlossen, ein nahes Krankenhaus wichtig. „Warum sollen wir Bürger keine vernünftige Gesundheitsversorgung im Heidekreis haben, wenn wir dazu gehören sollen.“
Und wie schlimm es sei, dieses nicht in der Nähe zu haben, habe die Gemeinde schon gespürt, als es keine Hausärzte mehr vor Ort gegeben habe, die Einwohner sogar jenseits der Kreisgrenze ausweichen mussten. „Hier schiebt man den Norden komplett ab. Der Standort Bad Fallingbostel ist doch ein Fall für Mario Barth“, so Sorge zum Fernsehmann, der bundesweit Missstände aufdeckt. Auch Stamer verweist auf den Faktor Mensch, der bei dieser Entscheidung für den künftigen Standort des HKK eine Rolle spielen sollte „und nicht das Parteibuch oder der Fraktionszwang“. Für Sascha Lühr als Vertreter der Soltauer Interessengemeinschaft Handel und Gewerbe (IHG) ist die magische Grenze Dorfmark. Je dichter dran an Soltau, umso besser sei es natürlich aus Gewerbesicht. Zumal der Nordkreis erheblichen Zuwachs habe an Baugebieten und Industrie.
Auf sogenannte weiche Standortfaktoren verweisen auch Elbers, Stamer und Sorge: Außer Schule und Kindergärten sei auch die medizinische Versorgung ein wichtiger Punkt für Neubürger und für Fachkräfte, die in die Region ziehen sollen. Elbers votiert bei der Standortsuche auch für die Befragung der Bürger, sogar für einen Bürgerentscheid, damit diese mitreden können, „wo für 200 Millionen Euro ein neues Klinikum gebaut werden soll“. Den Wunsch der Wähler sollte man dazu berücksichtigen, damit der Standort auch akzeptiert werde. Mit dem jetzt zur Abstimmung gestellten Standort Bad Fallingbostel jedenfalls, so bilanziert der Bispinger Sorge, werde der Norden komplett abgemeldet. Jetzt trenne man den Landkreis wieder.