AWS stärkt den ambulanten Bereich
Von Andres Wulfes
Soltau. Das Fundament ist gegossen, die ersten Stützen stehen schon – doch ansonsten herrscht gerade Ruhe auf der Baustelle am Oeninger Weg. Winterpause für die Hochbauarbeiten am neuen, zweiten Ärztehaus am Oeninger Weg in Soltau. Doch – ist der Neubau überhaupt noch sinnvoll, jetzt, wo das benachbarte Heidekreis-Klinikum eventuell verlagert wird? Für Wolfgang Cassebaum ist das keine Frage. „Mit dem Ärztehaus sichern wir den Gesundheitsstandort Soltau und bauen ihn weiter aus“, sagt der Geschäftsführer der stadteigenen Ansiedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft (AWS). Diese Investition in den ambulanten Bereich, das sei unabhängig von den stationären Krankenhausangeboten – und bei einer Klinikverlagerung sogar eher noch wichtiger als vorher.
Die AWS errichtet das Gebäude am Oeninger Weg, es wird spiegelbildlich an das Ende 2016 eingeweihte Ärztehaus angeschlossen. Rund vier Millionen Euro kostet das. Anfang 2019 soll alles fertiggestellt sein, damit die Praxen einziehen können. Beide Gebäude werden durch den Erschließungstrakt mit Aufzug in der Mitte verbunden. Das zweite Ärztehaus ist mit gut 1000 Quadratmetern etwa ein Viertel größer als der erste Bauabschnitt. Auch in dem Neubau sind zwei Etagen für Arztpraxen vorgesehen, gleichzeitig entstehen Wohnungen für Ärzte und medizinisches Pflegepersonal. Der dreigeschossige Bau wird beispielsweise bei der Gestaltung der Türbreiten und dem Aufzug so konzipiert, dass auch liegende Patiententransporte möglich sind.
Ärztehäuser stärken den Gesundheitsstandort Soltau
Die Ärztehäuser sind nach Worten Cassebaums aber unabhängig von der Krankenhausfrage wichtige Bausteine, um die medizinische Versorgung für Soltau und die Region zu sichern. Als ersten Schritt hatte die Stadt mit der Umgestaltung des früheren Kasernengeländes ab den 1990er-Jahren das Dienstleistungszentrum bewusst als Standort für Praxen hergerichtet. „Für den Gesundheitsstandort Soltau wollen wir möglichst viele ambulante Leistungen beieinander haben und eine zentrale Anlaufstelle für den medizinischen Bereich schaffen“, sagt Cassebaum. Inzwischen haben sich dort Praxen mit gut 15 Fachärzten und medizinische Einrichtungen etabliert.
Doch die Kapazitäten – immerhin gut 8000 Quadratmeter – sind dort ausgeschöpft. Die Ärztehäuser sollen die weitere Entwicklung eines ärztlichen Zentrums ermöglichen – schließlich ist die Gesundheitsversorgung für die Stadt ein wichtiges Thema als Standortfaktor. So sehen das auch die Unternehmen. Noch in der vergangenen Woche hatten Vertreter des Fördervereins der Soltauer Wirtschaft das bekräftigt und eine Zielvereinbarung für das Soltauer Krankenhaus formuliert. Doch von der neuen Entwicklung, der Neubau-Idee, fühlen sie sich nicht vor den Kopf gestoßen, wie Vorsitzender Dr. Wolff-Martin Mundschenk betont. Im Gegenteil: Die Unternehmen begrüßen den Bau eines neuen Klinikums in Dorfmark. „Wir unterstützen das Projekt“, sagt Mundschenk. Denn das biete auch die Chance, „alte Feindschaften zwischen Nord- und Südkreis zu überwinden“, sagt der Vorsitzende und ruft dazu auf, „alte Streitigkeiten zu vergessen und in die Zukunft zu schauen“. Wichtig sei aber, ergänzt Hinrich Röders, dass schnell etwas passiere. Außerdem müsse die ambulante Versorgung weiter ausgebaut werden, sagt André Pannier.
Und ihre Zielvereinbarung? In dem Papier hatten die Unternehmer zwar auf das Soltauer Krankenhaus abgezielt, aber auch betont, dass sie auch „anderen Lösungsansätzen für eine geordnete medizinische Versorgung im gesamten Heidekreis“ gegenüber offen sind. Doch obsolet seien ihre Forderungen mit der Idee des Klinikneubaus nicht, betont Mundschenk. Die Ziele blieben durchaus für die Übergangszeit bestehen, bis die neue Klinik in Betrieb gehe. Dazu gehört unverändert eine rund um die Uhr besetzte ambulante Chirurgie in Soltau und eine teilstationäre Versorgung leichterer Fälle. Ferner sollte ein Kinderarzt direkt am Klinikum angesiedelt sein.
Infobox: Neubau wird zunächst geprüft
Der Landkreis prüft zunächst, ob er ein neues Krankenhaus baut. Einen entsprechenden Prüfauftrag hat der Aufsichtsrat des kreiseigenen Unternehmens an die Geschäftsführung gegeben. Der Neubau soll die beiden defizitären Krankenhäuser Soltau und Walsrode ersetzen, ein Vorhaben, das auch das Sozialministerium in Hannover angeregt hat. Nächster Schritt ist ein Fördermittelantrag an das Land. Darüber soll der Planungsausschuss im Juni entscheiden. Bisher schätzt der Landkreis die Kosten für einen Klinikneubau auf um die 200 Millionen Euro, wobei der Heidekreis seinen Eigenanteil mit um die 50 Millionen Euro beziffert. Wenn das Land grünes Licht gibt, soll es schnell gehen: Das neue Krankenhaus soll in fünf Jahren stehen. Dieser Neubau soll auf einem „verkehrsgünstigen Standort zwischen Soltau und Walsrode nahe der Autobahn“ entstehen. wu