HKK will das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen
Von Anja Trappe
Soltau. Planung, Umsetzung, Start: drei Monate. Mit aller Macht, so Dr. Achim Rogge, Chef des Heidekreis-Klinikums, sei die Rückkehr der Unfallchirurgie und Orthopädie nach Soltau vorangebracht worden. Rogge begründet das Umdenken nach zwei Jahren auch mit dem Verlust des Vertrauens der Bevölkerung im Norden des Landkreises. Diese hat in zu wenigen Fällen den Weg nach Walsrode gesucht, die meisten Menschen sind stattdessen in andere Krankenhäuser der Region ausgewichen, etwa nach Uelzen, Lüneburg oder Rotenburg. Zudem – das hatte die Böhme-Zeitung untersucht – werden bisher nahezu im gesamten Nordkreis die Vorgaben zur Notfallversorgung nicht eingehalten. Die Menschen erreichen nicht in der vorgeschriebenen Zeit medizinische Hilfe.
Ab kommenden Montag soll sich das ändern. Denn der Standort Soltau, so erklärte Rogge jetzt gegenüber der BZ, sei aufgrund der Entfernungen zu anderen Standorten – nicht nur Walsrode – und aufgrund der Bevölkerungsdichte unabdingbar. „Wir wollen das Vertrauen der Menschen der Region, der niedergelassenen Ärzte und ihrer Patienten, aber auch der Tagesgäste und Touristen zurückerhalten.“ Dabei bedeute die Erfüllung des Versorgungsauftrags in keinster Weise die Schwächung des Standorts Walsrode. Insgesamt erhofft sich Rogge mit dem Umdenken und der Einrichtung der Notaufnahme auch eine Belebung des Geschäfts. Er rechnet mit drei- bis viermal so vielen Patienten. Ohne die Unfallchirurgie hätte die Soltauer Klinik die Einstufung des Hauses zur Basisnotfallversorgung verloren und damit auch Geld: „In drei bis fünf Jahren hätten wir das ganze Krankenhaus verloren.“
Soweit schaut Rogge aktuell aber dennoch voraus. Denn letztlich gehe es trotz der Veränderung nun darum, in ein paar Jahren die beiden Häuser an einem gemeinsamen Standort zusammenzuführen. „Bei allem, was wir tun, antizipieren wir den Neubau.“ Das heißt, der nun eingeführte Ablauf nach internationalem Standard auch in der Unfallchirurgie sei Training für das neue Haus. „Wir werden unser Konzept direkt in den Neubau mitnehmen“, sagt Oberarzt Dusan Trifunovic beispielsweise zum sogenannten Schockraummanagement. Schon jetzt sei Walsrode als regionales Traumazentrum etabliert, das werde Soltau auch. Es sei, wie eine Zweitwohnung zu beziehen, beschreibt Dr. Halil Yazar, Chefarzt der Unfallchirurgie und Orthopädie, den Umzug. Sehr viel werde parallel weiterlaufen. 14 Kollegen der Unfallchirurgie aber werden nach Soltau wechseln, acht bis zehn Mitarbeiter der Anästhesie und viele Pflegekräfte, die nach dem Rotationsprinzip aber auch in Walsrode weiter eingesetzt würden. Insgesamt würden 50 bis 60 Menschen nun neu in Soltau tätig sein.
Mehrere Initiativbewerbungen für Soltau
In Sachen Pflegekräfte weist Rogge auf das von Gesundheitsminister Jens Spahn vorangebrachte Gesetz zur Mindestbesetzung hin. Das gelte jetzt schon für die Kardiologie, die Intensivabteilung und die Geriatrie, ab 2020 dann für die Unfallchirurgie und bedeutet, dass eine Pflegekraft für zehn Patienten zuständig ist. „Der Vorteil ist, dass wir das dann auch bezahlt kriegen“, so Rogge. Momentan habe das Krankenhaus genügend Personal, mehrere Initiativbewerbungen habe es für Soltau gegeben. Perspektivisch, so Rogge, gehe es darum, Vertrauen in die gute Medizin und Pflege des Hauses zurückzugewinnen. Denn noch würden nur 50 Prozent der hiesigen Patienten versorgt: „Wir könnten viel mehr.“
Infobox: Zwei finanzielle Gesichtspunkte
Vier Teilprojekte begleiten die Rückverlegung der Unfallchirurgie und Orthopädie nach Soltau: Dazu gehört außer der Abteilung selbst, die des Labors, der Ausbau der Anästhesie- und Intensiv-Kompetenz sowie die Weiterentwicklung der Radiologie. Begründet ist das Umdenken für Soltau laut Klinikchef Dr. Achim Rogge auch mit den in letzter Zeit veränderten Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses. Um Zuschläge für die Basisnotfallversorgung (Stufe 1) zu erhalten, bedürfe es entsprechender Abteilungen, andernfalls drohten Abschläge. Außerdem wolle die Klinik, so Rogge, nicht auf den sogenannten Sicherstellungszuschlag ab 2020 in Höhe von 400 000 Euro verzichten. Den gibt es unter bestimmten Bedingungen für bedarfsnotwendige ländliche Krankenhäuser, die wegen ihrer Bedeutung für die wohnortnahe Versorgung gestärkt werden sollen. Soltau hat den Anspruch auf den Zuschlag, Walsrode nicht, da beispielsweise die Krankenhäuser in Nienburg oder Verden nahe sind. at