Nur noch Ein- und Zweibettzimmer
wu Soltau. Vor 30 Jahren war es in der Schwarzwaldklinik noch ganz einfach: Dr. Brinkmann machte alles. Egal, ob Leber, Bauch oder Herz – der Halbgott in Weiß wusste genau, wo er das Messer ansetzen musste. Genau dieses Bild prägt vielfach auch heute noch die Vorstellung von einem Krankenhaus, weiß Sebastian Zinke. Aber dem Vize-Aufsichtsratschef des Heidekreis-Klinikums ist auch klar: Solch ein Modell funktioniert heute nicht mehr, ohne klare Schwerpunkte und Zentrenbildung geht es nicht.
Genau damit hat das kreiseigene Unternehmen vor fünf Jahren begonnen – und geht nun den zweiten Schritt: mit einem medizinischen Zukunftskonzept, das Geschäftsführer Dr. Christof Kugler am Donnerstag breit vorstellte – den Soltauer Ratsmitgliedern, den Kreistagsabgeordneten und den Bürgermeistern im Heidekreis, anschließend gemeinsam mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Hermann Norden, seinem Stellvertreter Zinke und Landrat Manfred Ostermann im Pressegespräch. „Wir wollen die Krankenhäuser Soltau und Walsrode zukunftsorientiert aufstellen“, nannte Ostermann das Ziel. Das bedeute: Die Grund- und Regelversorgung an beiden Standorten werde sichergestellt, hinzu komme eine klare Spezialisierung in jedem der beiden Häuser.
Am Markt bestehen
Durch eine „Fallführung“ werden die Patienten dann zu dem jeweils für sie geeigneten Standort gebracht. „Wir müssen uns so aufstellen, dass wir am Markt bestehen. Denn wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit“, fasste Ostermann zusammen. Genau deshalb ist ein Programm vorgesehen, das in den nächsten fünf Jahren verwirklicht werden soll. Es umfasst den Ausbau der Schwerpunktbildung und eine umfassende Modernisierung, auch, um auf aktuelle gesundheitspolitische Forderungen zu reagieren, die auf große Einheiten setzt und Zusammenlegungen sowie die Schaffung von wirtschaftlichen Rahmenbedingung fordert. Das Ganze ist laut Kugler auch der Situation auf dem Arbeitsmarkt geschuldet: Kleine Abteilungen sind weder wirtschaftlich noch sind dafür Ärzte zu gewinnen. Auf gut 40 Millionen Euro schätzt Kugler das Investitionsvolumen. Das Heidekreis-Klinikum setzt dabei auf Fördermittel von Bund und Land. Der Aufsichtsrat hat am Donnerstag einstimmig beschlossen, Förderanträge an das Land zu stellen. Bis 31. März müssen die Anträge beim Land vorliegen, bis Jahresmitte fällt die Entscheidung in Hannover.
Und wenn die negativ ausfällt? Damit rechnet derzeit keiner im Klinikum. „Es gibt keinen Plan B“, bekräftigte Kugler. „Wir erwarten, dass dem Antrag entsprochen wird“, sagte Ostermann. „Wir hoffen, dass das Land unsere Bemühungen, den Strukturüberlegungen Rechnung zu tragen, honoriert“, ergänzte Norden. Denn sonst „sind wir nicht zukunftsfähig“. Das Zukunftskonzept sieht die Fortsetzung der Schwerpunktbildung vor. Rechnerisch werden 35 der 450 Planbetten gestrichen. Die wesentlichen Änderungen: Die Unfallchirurgie/Orthopädie wird von Soltau nach Walsrode verlagert. In der Lönsstadt wird die Psychiatrie/Psychotherapie um eine Fachabteilung psychosomatische Medizin und ambulante Versorgungsmodelle erweitert.
In Soltau wird die Kardiologie – in Kooperation mit dem Herz- und Gefäßzentrum Bad Bevensen – ausgebaut. Kugler will noch in diesem Jahr einen zweiten Herzkatheter in Betrieb nehmen und Elektrophysiologie ins Angebot aufnehmen, also die spezielle Untersuchung und möglichst auch Therapie bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen. Unverändert bleibt Soltau Zentrum der Geriatrie, also der sogenannten Altersmedizin. Dazu gehört auch die Alterstraumatologie, also Behandlung von Senioren nach einem Unfall mit „Altersfrakturen“, beispielsweise mit Oberschenkel- oder Oberarmkopfbruch. Als Weiterentwicklung des Geburtshauses in Soltau ist 2016 wieder ein ärztlicher Kreißsaal vorgesehen. Ebenfalls in Soltau wird die bisher weitgehend in Walsrode ansässige Klinikverwaltung – mit gut 50 Mitarbeitern – zentralisiert.
Eigene Dusche
Daneben sieht das Konzept eine umfassende Modernisierung vor. Und da ist einiges zu tun, wie Kugler betonte. Beide Krankenhäuser seien zwar in einem sehr guten baulichen Zustand, aber viele Stationen auf dem Stand der 1980er-Jahre. Daher sollen die bestehenden Drei- und Vierbettzimmer in Ein- und Zweibettzimmer mit eigener Dusche – statt der Gemeinschaftsdusche auf dem Gang – umgewandelt werden. Der Platz pro Bett in Soltau steigt von 15 bis 17 auf dann 23 bis 25 Quadratmeter. „Wir müssen Standards schaffen, um für Wahl-Patienten attraktiver zu werden.“ Ostermann kann das nur bestätigen: „Hier muss etwas gemacht werden, sonst dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Patienten reihenweise weglaufen, weil sie Besseres gewohnt sind.“
All diese Maßnahme sollen aber nicht nur der Klinik dienen, sondern der ärztlichen Versorgung insgesamt. So ist es Kugler wichtig, auch den immer stärker nachgefragten ambulanten Bereich auszubauen und Facharztpraxen an den Krankenhäusern anzusiedeln. „Ohne qualifizierte Krankenhäuser keine qualifizierte Niederlassung von Fachärzten“, brachte er das auf eine kurze Formel.