„Glaubwürdigkeit der Politik steht auf dem Spiel"

Raubtier mit großem Konfliktpotenzial: Niedersächsische Kommunen fühlen sich in der Wolfspolitik alleingelassen.

Die politische Diskussion um den Wolf hat sich zuletzt etwas entspannt. Dass die Tiere unter bestimmten Bedingungen geschossen werden dürfen, ist inzwischen Konsens – in der Theorie. In der Praxis scheitern selbst punktuelle Entnahmen. So musste das Land gerade erst den Vollzug einer Abschussgenehmigung für einen Wolf, dem vier Nutztierrisse in der Region Hannover zugerechnet werden, außer Vollzug setzen.

Von einer Befriedung der Lage keine Spur. Am Sonntag erreichte die Eskalation einen neuen traurigen Höhepunkt, als bei Lauenbrück im Kreis Rotenburg der Kadaver eines wohl illegal erschossenen Wolfes entdeckt wurde. Einen Tag später traten in Uelzen auf Einladung des dortigen Landrats Heiko Blume Vertreter der Kreise Heidekreis, Wittmund, Lüneburg, Gifhorn, Aurich, Rotenburg, Stade, Celle, Harburg und Friesland mit Landesumweltminister Christian Meyer und dem Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), Hubert Meyer, zusammen. Einziger Tagesordnungspunkt: der Wolf.

„Die Landkreise sind sich einig und werden vom NLT unterstützt“, so Landrat Jens Grote gegenüber der Böhme-Zeitung. „Auch der Minister teilte unsere Einschätzung, dass die Wolfspopulation mit inzwischen 55 Rudeln allein in Niedersachsen einen guten Erhaltungszustand erreicht haben dürfte.“ Daher sollte der Schutzstatus der Art reduziert werden. Der Minister wolle sich dafür einzusetzen, „dass der rechtliche Rahmen für ein Bestandsmanagement auf Bundes- und auf EU-Ebene geschaffen wird“, so Grote. „Es blieb aber vage, ob das absehbar gelingen kann.“

„Maßnahmen, die alle vor Gericht scheitern"

Dass die Geduld zur Neige geht, belegt die in Uelzen verfasste Abschlusserklärung. „Niedersächsische Landkreise fordern statt Lippenbekenntnissen effektive Maßnahmen zum Wolfsmanagement“, heißt es dort. „Bisher lassen Bundes- und Landespolitik sich für Maßnahmen feiern, die alle vor Gericht scheitern“, so das ernüchternde Fazit des NLT-Hauptgeschäftsführers.

„Die Menschen in unseren Dörfern sind in großer Sorge“, sagt Uelzens Landrat Blume. „Wölfe laufen tagsüber durch die Straßen und bewegen sich direkt hinter Kindergärten.“ Auch im Heidekreis gibt es Kitas, etwa im Höpen in Schneverdingen, die wegen Wolfssichtungen besorgt sind. „Wir erwarten von Bundesumweltministerin Steffi Lemke, dass sie in Brüssel nicht als Bremserin auftritt, sondern sich massiv für eine den Realitäten gerecht werdende Einstufung des Wolfes und damit für eine Herabstufung des Schutzstatus engagiert“, heißt es. Es gehe um viel: „Die Glaubwürdigkeit der Politik steht auf dem Spiel.“