Ein Haus der Möglichkeiten öffnet in Soltau
Fast die ganze Welt trifft sich demnächst im Haus der Möglichkeiten in Soltau. Nicht unbedingt persönlich, aber visuell und virtuell kann man erfahren, welche Ideen weltweit entwickelt und umgesetzt wurden, um beispielsweise Lebensmittel zu retten, Generationen zusammenzubringen oder alte Dinge zu recyceln. Und das nicht abgehoben, sondern lokal verortet.
„Man muss das Rad ja nicht neu erfinden“, sagt auch Dr. Ursula Heimann, die die Idee rund um das Haus der Möglichkeiten mitentwickelt hat. Die Expertin für mittelständische Betriebe und Gründer wünscht sich, die Menschen zu inspirieren, sie zum Nachmachen anzuregen. Die Stadt Soltau finanziert die Testaktion im Gebäude Marktstraße 31, das ehemalige Fahrradgeschäft, im Rahmen des Förderprogramms Resiliente Innenstadt.
Erster Öffnungstag ist der kommende Sonnabend, bislang ist das Vorhaben bis zum 30. Juni begrenzt. „Es ist eine Testphase, aus der sich vielleicht auch in Soltau interessante Dinge entwickeln können, die insbesondere die Innenstadt widerstandsfähiger machen“, sagt Stadtplaner Daniel Gebelein.
Vor Augen hat Anne-Marie Niemeyer für das Haus der Möglichkeiten ein Projekt in Hannover, das größer, aber ansonsten ähnlich angelegt ist. In der Landeshauptstadt, im ehemaligen Kaufhof, öffnet noch bis Juli der „Aufhof“, in dem Spaß, Technik, Kreativität und Bildung unter einem Dach zusammengefasst sind. Niemeyer, sie ist die neue Leiterin der Steuerungsgruppe für das Förderprogramm Resiliente Innenstadt, kann sich so etwas auch für Soltau vorstellen, um herauszufinden: „Was kann man noch machen? Das klingt banal, aber man soll das ruhig wörtlich denken“, fordert sie Vereine, Institutionen, Betriebe, Privat- und junge Leute auf, ins Haus der Möglichkeiten zu kommen.
Im Mittelpunkt steht die Ausstellung, die Heimann betreut und durch die sie auch führt. Diese basiert auf Erkenntnissen der französischen Organisation „Snowball-Effect“, die 45 Beispiele aus der ganzen Welt zusammengetragen hat, die sich ähnlich und vielleicht mit Erfolg kopieren lassen – wie bei einem Schneeballeffekt.
Am greifbarsten findet sie ein Projekt mit älteren Menschen, die ein Café für die jüngere Generation betreiben: „Was kann man daraus für die Stadt entwickeln?“ Sich diese Frage zu stellen, möchte sie die Besucher anregen. Dafür können sie sich die jeweiligen Projekt-Plakate ansehen und per QR-Code über eigene Kopfhörer Näheres erfahren. Heimann plant gemeinsam mit jungen Leuten auch moderierte Führungen und Workshops.
Kreatives Chaos gewünscht
Es ist ein Herzensprojekt für Dr. Ursula Heimann. In diesen Tagen will sie dafür auch junge Menschen im Jugendzentrum Youze schulen, die dann gemeinsam mit ihr oder alleine die Führungen durch die Ausstellung im neuen Haus der Möglichkeiten in der Soltauer Marktstraße übernehmen.
„Die Ausstellung wird moderiert und dazu werden die Jugendlichen geschult“, erzählt die Expertin für Firmengründungen und mittelständische Unternehmen. Sie sollen lernen, wie sie vor einer Gruppe agieren, wie sie ihr Anliegen transportieren und Fragen beantworten können: „Junge Leute sollen junge Leute führen“, so Heimanns Idee.
Denn außer Firmen, Vereine und Institutionen hofft sie auf ganz viel Interesse aus den Schulen der Böhmestadt an dem Haus der Möglichkeiten, das außer Ausstellungen, Workshops, Vorträgen – beispielsweise von der Leuphana-Universität – in einem Bereich auch Spielmöglichkeiten bietet. Eine Wand der Vereine sowie eine analoge Jobbörse soll es geben.
Vor Augen haben die Macher – außer Heimann sind das Soltaus Stadtplaner Daniel Gebelein und Anne-Marie Niemeyer, Geschäftsführerin der Steuerungsgruppe für das Förderprogramm Resiliente Innenstadt – dabei den „Aufhof“. Ein Projekt in einem ehemaligen Kaufhaus Hannover, das vor Kreativität und Ideen nur so strotzt.
Und so werden auch im Soltauer Möglichkeitenhaus viele Themen wie Klimawandel, Integration, Böden, Wälder, Migration oder Umweltverschmutzung eine Rolle spielen, die Jung und Alt interessieren könnten und aus denen sich vielleicht Aktionen und Projekte für Soltau entwickeln ließen. Beispielsweise fehle noch ein Repaircafé, wie es schon in Munster und Schneverdingen existiere, oder eine Generationen-Wohngemeinschaft. Auch ein Mentorenprogramm der Generation 50+ für Berufseinsteiger der Generation Z sei eine Idee.
Vieles gebe es andernorts in Deutschland, Europa und der Welt. Auch in Soltau könnten Projekte ausprobiert werden, möglicherweise mündeten sie in Firmengründungen und im besten Fall in die weitere Belebung der Innenstadt.
Aufgerufen, sich im Haus der Möglichkeiten zu zeigen, seien zudem Vereine und Institutionen. Platz, sich zu präsentieren, sei ausreichend vorhanden. Kunstschaffende seien bereits mit im Boot. Die Pixelwerkstatt zeigt künstlerische Fotografien, Mitte Mai soll eine Malwerkstatt folgen.
Das ehemalige Fahrradgeschäft wird für den neuen Zweck nicht renoviert und hergerichtet – es soll ein Provisorium bleiben. Schließlich gehe es um Steuergelder, mit denen man haushalten wolle, so Gebelein.
Bislang viele positive Rückmeldungen
„Bislang haben wir viele positive Rückmeldungen. Aber wir hoffen, dass sich das Projekt dynamisch entwickelt, es ein kreatives Projekt, ein kreatives Chaos wird“, so Niemeyer. In einer Ecke könne man sich gut mit Freunden treffen.
Finanziert wird das Vorhaben aus dem Fördertopf der Resilienten Innenstadt: „Wenn daraus ein cooles Projekt wird, dann lebt die Innenstadt auf“, so Gebelein. „Die Idee ist schon lange da. Jetzt ergab sich durch den Leerstand die Möglichkeit“, erklärt Heimann.
Mit dem Projekt Pop-up-Store im Hagen, das 2022/2023 ebenfalls Raum zum Ausprobieren bot, aber leider nicht den erhofften Erfolg brachte, sei das Haus der Möglichkeiten nicht zu vergleichen, sagt Gebelein. Es sei ein partizipatives Projekt, in dem sich Menschen begegnen und vernetzen sollen – mit professioneller Begleitung, so Heimann. „Hier sollen Ideen geboren werden“, ergänzt Gebelein.
Wochenweise soll einer Institution die Chance geboten werden, sich kostenlos in den Räumen zu präsentieren und ins Gespräch zu kommen. Bei Interesse oder für nähere Informationen steht Anne-Marie Niemeyer unter (05191) 82622 oder per E-Mail an annemarie.niemeyer@stadt-soltau.de zur Verfügung.
Start am kommenden Sonnabend
Das Haus der Möglichkeiten wird am kommenden Sonnabend, 13. April, um 10 Uhr eröffnet. Dann kann man sich zunächst einen kleinen Überblick über das Angebot verschaffen, Dr. Ursula Heimann bietet erste Führungen an. Die Marktbeschicker sorgen für Verpflegung, Musik ist geplant, der Schauspieler Lothar Berger soll für das Projekt werben.
Zudem gibt es eine Kunstausstellung, ein Verein hat bereits seine Teilnahme zugesagt. Im April ist zunächst vorgesehen, das 400 Quadratmeter große Ladengeschäft an drei Tagen in der Woche zu öffnen, mittwochs von 10 bis 18 Uhr, freitags von 14 bis 18 Uhr sowie sonnabends von 9 bis 13 Uhr. Bei guter Frequenz kann man sich bei der Stadt vorstellen, die Öffnungszeiten noch zu erweitern oder bei Bedarf von Firmen, Schulen oder Vereinen extra zu öffnen.