Heidmark-Halle als Puffer, Jodtabletten zur Vorsorge
Die Folgen des Kriegs in der Ukraine fordern den Heidekreis bei der Unterbringung der Geflüchteten bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. „Wir sind im Krisenmodus“, räumt Landrat Jens Grote angesichts der dynamischen Entwicklung ein. Am gestrigen Mittwoch hat der Landkreis die Heidmark-Halle als eine Art „Puffer“ hergerichtet, der helfen soll, die Situation in den großen Aufnahmeeinrichtungen in Bad Fallingbostel-Oerbke bei Überlastung zu entspannen.
Ort der Lagerung ist Verschlusssache
Für eine weitere mögliche Folge des Krieges hat das Land Niedersachsen jetzt Vorsorge getroffen und Jodtabletten ausgegeben. Sie sollen die Bevölkerung vor den Folgen von radioaktivem „Fallout“ schützen. Grund sind Meldungen über Kampfhandlungen im Bereich von ukrainischen Atomkraftwerken oder sogar Angriffe auf Meiler. Dass das kein abwegiges Szenario ist, zeigen die Erfahrungen nach der Havarie des Kernkraftwerks Tschernobyl im April 1986. Damals wurden radioaktive Wolken nach Westen geweht und regneten über Mitteleuropa ab. Über einen längeren Zeitraum wurden auch in Deutschland sehr hohe Radioaktivitätswerte gemessen, in einigen Region ist die Strahlung bis heute nachweisbar. Der Heidekreis hat sein Tabletten-Kontingent jetzt in Empfang genommen. „Gut und trocken lagert es“, sagt Grote, verrät aber nicht wo: „Das ist Verschlusssache.“
Die hoch dosierten Medikamente – wissenschaftlich korrekt heißen sie Kaliumjodid-Tabletten – sättigen die Schilddrüse mit nicht-radioaktivem Jod, erläutert der Ärztliche Direktor des Heidekreis-Klinikums, Professor Dr. Frank Schmitz. Sie verhindern, dass sich radioaktives Jod, das aus einer Strahlenwolke herabfallen kann, in der Schilddrüse ansammelt. Dabei ist der „richtige Zeitpunkt“ entscheidend. Am besten zwei bis drei Tage vor dem erwarteten Eintreffen des Risikoereignisses. Am selben Tag eingenommen, beträgt der Wirksamkeitsgrad höchstens 50 Prozent, die nachträgliche Einnahme helfe nicht, sondern führe eher zu gesundheitlichen Schäden, sagt Schmitz.
Bundesamt für Strahlenschutz setzt Alarmierungskette in Gang
Maßgeblich sind Messdaten des Bundesamts für Strahlenschutz, um eine Alarmierungskette in Gang zu setzen, in deren Verlauf die Tabletten vom Landkreis über die Kommunen an die Bevölkerung verteilt werden – jedoch nur an Personen unter 45 Jahren. Bei Älteren wäre das Risiko einer Schilddrüsenschädigung größer als der gesundheitliche Nutzen. Ausgabestellen könnten die Wahllokale in den Städten und Gemeinden sein.
Ausgegeben wird jeweils ein Streifen mit vier Tabletten, von denen die Erwachsene einmalig zwei einnehmen müssen. „Sie enthalten 130 Milligramm Silberjodid, und das ist ausreichend“, sagt der Experte und warnt vor eigenständiger Medikation. „Niemand sollte sich selbstständig Jodid besorgen und einnehmen“, warnt Schmitz. Da bestehe die Gefahr einer Gesundheitsschädigung.
Mit 186 Betten ertüchtigt
186 Betten und 27 Zelte für Geflüchtete haben 170 Helfer am Mittwoch in der Heimdark-Halle Bad Fallingbostel aufgestellt. Landrat Jens Grote bezeichnet es als vorsorgliche „Ertüchtigungsmaßnahme“, die helfen könne, die die Situation in den großen Aufnahmeeinrichtungen in Bad Fallingbostel-Oerbke bei einem nicht mehr zu bewältigenden Zugang von Geflüchteten kurzfristig zu entspannen. Dabei solle es eine kurze Verweildauer der Menschen, höchstens zwei oder drei Tage, geben. Für den Betrieb ist das DRK zuständig.