Ärztin aus Soltau hilft in Ghana: "Hello Doctor Dorothee"
„Oh! You are white.“ Dr. Dorothee Brockmann erinnert sich noch immer an die erstaunten Worte einer älteren Ghanaerin nach der Augenoperation irgendwo im Hinterland des Voltasees in einer notdürftig hergerichteten Klinik. Nach Jahren sah die Frau zum ersten Mal wieder – und erkannte das Gesicht der Soltauerin.
Brockmann, Augenärztin an der Medizinischen Hochschule in Hannover, reiste Anfang 2018 zum ersten Mal zu einem Hilfseinsatz nach Ghana. Noch im Herbst war sie erneut dort, zuletzt waren es im Frühjahr vergangenen Jahres drei Wochen, sie erwischte das letzte Flugzeug, bevor sich die Grenzen aufgrund der Corona-Pandemie schlossen.
„Ich wollte schon immer die Länder bereisen. Ich wollte aber nicht als Tourist zu den Ärmsten der Armen fahren, das widerstrebte mir.“ Entwicklungshilfe und vier Kinder zu Hause? Auch das war ein Grund, warum Brockmann noch wartete. Inzwischen sind die Kinder groß und sie ist für den Verein Aktion Volta Augenklinik unterwegs, der in Ghana hilft. Den Vereinsgründer, Professor Dr. Manfred Spitznas, ehemaliger Chef der Bonner Augenklinik, hatte sie 2016 auf einem Kongress kennengelernt.
Der Verein ist am Ufer des Voltasees in dem Örtchen Kpando aktiv und unterstützt zudem die Anglican Eye Clinic in Jachie im ländlichen Elendsgürtel um die Millionenstadt Kumas. Brockmann fuhr mit einem Team zudem über Land, um im Norden des Voltasees Patienten zu erreichen, die seit Jahren auf eine Operation hofften.
In Deutschland gehört die Operation des Grauen Stars zu den am häufigsten durchgeführten, bis zu 800000 OPs finden laut des Berufsverbandes der Augenärzte im Jahr statt. Auch in Ghana gehört die Augenkrankheit zu den häufigsten Krankheiten, doch die Linsentrübung kann bei den wenigsten behoben werden, es fehlt einfach an Ärzten und der entsprechenden Ausrüstung.
Der Verein Volta Augenklinik sammelt Spenden und entsprechende Geräte, ermöglicht Ärztinnen und Ärzten vor Ort zu helfen. „Als ich ankam, huschten noch die Eidechsen durch den OP“, erzählt Dorothee Brockmann von ihrer ersten Tour nach Kpando vom dortigen katholischen Krankenhaus. Ein deutscher Arzt hatte lange die Augenabteilung aufrechterhalten, ihm folgte ein afrikanischer, der allerdings aus der zentralafrikanischen Republik kam: „Mein Job war zunächst, ihm die OP-Technik beizubringen, den westlichen Standard einzuführen“, erzählt die Soltauerin. Erst dann habe sie auch selbst operieren können. Brockmann würde gerne wieder helfen. Doch noch gibt es keine Chance aufgrund der Corona-Pandemie zu reisen: „Obwohl die Zahlen in Ghana gut sind“, erklärt sie. Die dortige Bevölkerung ist jung.
29 Millionen Einwohner und nur 60 Augenärzte
Wie in vielen afrikanischen Staaten, ist in Ghana die medizinische Versorgung nicht gut ausgebaut, der Mangel an Ärzten ist groß. Ghana besitzt laut des Vereins Volta Augenklinik für seine 29 Millionen Einwohner nur etwa 60 Augenärzte. In Deutschland kommt auf rund 12000 Einwohner ein Augenarzt.
Erschwerend komme hinzu, dass wegen besserer Verdienstmöglichkeiten mehr als die Hälfte der ghanaischen Augenärzte in den Zentren der großen Städte Accra und Kumasi tätig ist, sodass für das restliche Land, das etwa so groß ist wie die Bundesrepublik nur etwa 20 Augenärzte und damit Operateure zur Verfügung stünden. Von je 100 Ghanaern seien heute noch zwei blind oder von Blindheit bedroht. Haupterkrankungen seien der Graue Star (Trübung der Augenlinse), der auch schon bei Kindern auftreten kann, der in Ghana sehr verbreitete Grüne Star (Erhöhung des Augeninnendrucks) sowie Netzhauterkrankungen bei Diabetes.