Munsteraner Schüler setzen landesweites Filmprojekt um
75 Jahre alt ist das Bundesland Niedersachsen in diesem Jahr geworden. Das Kultusministerium hat deshalb die Schulen im Land aufgefordert zu dem Thema „75 Jahre Demokratie in Niedersachsen – Alles klar!?“ Projekte der politischen Bildung zu entwickeln. Dazu stellte es insgesamt rund 250000 Euro zur Verfügung.
Die Realschule Munster hat sich mit einem Filmprojekt daran beteiligt und die Ergebnisse am Freitag coronabedingt nur einem kleinen Kreis vorgestellt. Unter der Leitung von Lehrerin Karen Reh hatten sich die Zehntklässler Diana Lening, Luca Stosch, Sara Hilmer, Havin Sevik, Lukas Thieme, Nick Hannemann und Vanessa Preuß mit Erinnerungskultur befasst und sich fünf Gedenkstätten ausgesucht, die sie in kurzen Filmen vorstellten. Sie benutzten dazu i-Pads und wurden in einem Workshop von einem Filmemacher handwerklich auf ihre Arbeit vorbereitet.
Fünf Gedenkstätten vorgestellt
Die Filme behandeln die Gedenkstätten Dömitzer Brücke, KZ Bergen-Belsen, Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel als eine zentrale Hinrichtungsstätte im Dritten Reich, Marienborn als bis zur Wende größte Übergangsstelle in die DDR und das Grenzdurchgangslager Friedland. Sie werden in einigen Tagen auf die Seite www.realschule-munster.de gestellt.
Da es sich um maximal zweiminütige Filme handelt, war erklärender Text auf das Notwendigste beschränkt. Auch historisches Filmmaterial fand keine Verwendung, ebenso kamen keine Zeitzeugen im Interview zu Wort. So mussten die Aufnahmen aus der Gegenwart ihre optische Wirkung entfalten. Schwierig war das im Fall Bergen-Belsen, wo es keine Lagerbauten mehr gibt. Die Schüler ließen die Kamera über dort vereinzelt stehende Grabsteine schwenken, zeigten das Mahnmal und einen auf dem Lagergelände beispielhaft ausgestellten Eisenbahnwaggon, mit dem die KZ-Häftlinge transportiert wurden. Ein Kameraschwenk über ein Lagermodell vermittelte eine Vorstellung von der Größe des Lagers. Getragene Musik und die herbstlichen Außenaufnahmen erzeugten einen Eindruck von Trostlosigkeit.
Vergleichbare Stilmittel verwendeten die Schüler auch in den anderen vier Filmen. Bei der Dömitzer Eisenbahnbrücke beispielsweise, die im Zweiten Weltkrieg durch Bomben zerstört wurde und als Ruine auf dem Westufer der Elbe als Mahnmal stehenblieb, demonstrieren rostige Eisenbögen und Brückenpfeiler, die am Elbufer enden, wie die innerdeutsche Grenze den vormals herrschenden Austausch und Verkehr unterband. Andererseits weisen Szenen vom Elberadweg in die Gegenwart und Zukunft, sind Symbol für Kommunikation zwischen Ost und West.
„Ihr habt das Thema angenommen, verstanden und gut umgesetzt“, lobte Jörg Keyßner, Dezernent in der Außenstelle Celle des Landesamts für Schule und Bildung und für die Landkreise Celle und Heidekreis zuständig, die Filme, die die Munsteraner Realschüler zuvor vorgeführt hatten. Die sieben Zehntklässler Diana Lening, Luca Stosch, Sara Hilmer, Havin Sevik, Lukas Thieme, Nick Hannemann und Vanessa Preuß hatten sich an dem Projekt „75 Jahre Demokratie in Niedersachsen – Alles klar!?“ mit Filmen zur Erinnerungskultur und Gedenkstätten beteiligt und fünf exemplarisch für ihr Projekt ausgesucht.
Keyßner: Ich habe Gänsehaut bekommen
Keyßner äußerte seinen Respekt vor der Leistung. „Ich habe Gänsehaut bekommen“, beschrieb er die Wirkung der Filme. Man dürfe nicht vergessen, was dort passiert sei. „Demokratie und Geschichte geht uns alle an – nicht nur alte Menschen, sondern auch jüngere.“
Die neue stellvertretende Landrätin Tatjana Bautsch, die ihren ersten Termin in dieser Funktion wahrnahm, freute, sich, dass die schule an dem Wettbewerb teilgenommen habe. sie würdigte dies insbesondre unter dem Aspekt, dass es Zusatzarbeit sei und unter Corona-Bedingungen passiert sei. Zudem stellte sie heraus dass die Filme mit i-Pads gedreht worden seien, die der Kreistag finanziert habe. „Demokratie ist kostbar“, sagte sie und stellte heraus, wie wichtig es sei, die Geschichte um die ausgewählten Gedenkstätten auch in dieser Form weiterzuerzählen.
Bürgermeister Ulf-Marcus Grube machte an seinem Beispiel deutlich, dass Demokratie auch bedeute, dass es auch personellen Wechsel gebe. Er selbst habe einige der Stationen in den Filmen selbst besucht, so Bergen-Belsen als Schüler und 1986 Marienborn, als der Grenzübergang noch in Betrieb war. Auch Friedland war ihm ein Begriff aus den eindringlichen Erzählungen eines Geschichtslehrers, der als Stalingrad-Kriegsgefangener über das Durchgangslager zurück nach Deutschland gekommen sei. „Schaut euch um, wo wir Spuren hinterlassen haben“, weitete er den Blick auf Europa. Die deutsche Jugend habe zwar keine Schuld, aber Verantwortung. „Ihr habt ein tolles Fundament gelegt“, lobte der Bürgermeister die Filme.
In diese Kerbe schlug auch Lehrerin Karen Reh: „Projektarbeit ist immer schön, besser als Geschichtsunterricht per Buch. Die Sachen bleiben im Kopf.“
Hilfreich beim Projekt war die Unterstützung des Landes. Schulleiter Björn Edelmann erläuterte, dass er 6000 Euro für das Projekt beantragt habe, von denen das Kultusministerium 90 Prozent übernimmt.