Interview: „Der Blick in die Landschaft“
Soltau. Professor Jörg Aldinger hat das Preisgericht des Architektenwettbewerbs zum Neubau des Heidekreis-Klinikums geleitet. Der Stuttgarter Architekt ist seit 1984 als Preisrichter tätig, so eine klare Entscheidung wie Anfang der Woche zum HKK gebe es aber selten, erklärt er im Gespräch mit der Böhme-Zeitung.
Warum hat sich das Preisgericht auf dieses eine Modell fokussiert?
Aldinger: Darf ich vorausschicken, dass alle 16 Beiträge auf einem sehr guten Niveau waren. Die Aufgabenstellung ist komplex. Wir haben eine engere Wahl getroffen, da war die Arbeit dabei, dann haben wir weiter vertieft, untersucht, diskutiert und haben dann festgestellt, dass der Siegerentwurf in allen Aspekten, die wir für wichtig halten, hervorragend ist.
Also wurden quasi alle Vorgaben erfüllt, mit denen die Architektenbüros ins Rennen gegangen sind?
Genau, der Sieger hat nicht nur in Einzelaspekten, sondern in allen Bereichen überzeugt. Dazu zähle ich die Einbindung in die Landschaft, die städtebauliche Anordnung, wie die Baukörper geordnet sind, ob es ein schönes Bild gibt. Da hat die Arbeit einen wunderschönen Platz angeordnet, von dem aus die Besucher in das Klinikum kommen können. Ganz bedeutend war die Funktionalität, also dass die ganzen Funktionsbereiche und Arbeitsplätze gut zusammenspielen und in den Bettenhäusern die Menschen eine richtige Orientierung haben. Und bei der Funktionalität spielt auch die Entwicklungsfähigkeit eine große Rolle. Im Gesundheitswesen ändern sich die Herausforderungen zwar nicht täglich, aber in kurzen Perioden. Das kann die Arbeit sehr gut leisten. Sie ist wirtschaftlich, im Rahmen des Raumprogramms sehr kompakt.
Noch einmal zum Raumprogramm. Wenn man die drei Siegervorschläge vergleicht, sieht man auch als Laie den Unterschied. Die anderen Modelle sehen größer aus. Wie passt das Raumprogramm ins Siegermodell?
Die haben das geschafft, indem sie die Verkehrsflächen minimiert und die Nutzflächen eingehalten haben. Und das zweite ist, dass sie die Verkehrsflächen so intelligent angelegt haben, dass keine dunkle Flächen entstehen. Da haben die Kollegen optimal gearbeitet. Auch die anderen Arbeiten haben große Vorzüge im funktional-gestalterischen Bereich. Aber hier ist das am besten gelungen.
Der dritte Preis sieht futuristisch aus mit den großen Glasflächen.
Auch das hat uns interessiert. Da waren intelligente und in die Zukunft weisende Vorschläge dabei, beispielsweise, wie man den Pflegebereich anordnet. Das hat man aber erkauft mit funktionellen Nachteilen.
Jetzt stechen im Siegerentwurf insbesondere die vier in Holzoptik gestalteten Kuben hervor, eine Verbindung zwischen allen Bereichen ist aber gegeben?
Das geht über das Sockelgeschoss, innerhalb dessen im Gebäude trocken und geschützt zwischen den Bereichen gewechselt werden kann. Man kann aber auch über den Hof gehen. Die Psychiatrie ist etwas abgerückt, ist eigenständig und doch angebunden. So sollen die Menschen nicht stigmatisieren werden, aber ihre Ruhe haben.
Heidetypisches findet sich im Entwurf nicht?
Nein. Bei Krankenhäusern reden wir ganz generell von Transparenz. Das Thema soll sich nach draußen vermitteln, Schwellenängste abbauen und das man gerne hingeht, auch wenn man ein Problem mit der Gesundheit hat. Da ist Transparenz ein guter Indikator dafür. Und das zweite ist, dass die Menschen, die dort arbeiten und die dort erkrankt liegen, diese Transparenz brauchen.
Wie kann ich mir das vorstellen?
Da gab es viele Arbeiten, bei denen die Zimmer in die Höfe hinein lagen. Stellen Sie sich vor, Sie liegen fünf Tage im Krankenhaus und gucken nur in den Hof rein. Das ist hier der Unterschied. Alle Zimmer haben beim Siegerentwurf den Blick in die Landschaft.
Interview: Anja Trappe